Kapitel 78

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Julia

Es klopfte leise, zaghaft an der Tür, dann wurde sie aufgeschlossen.

„Herein!" Peter rollte mit den Augen. „Wen dürfen wir in unserem Palast begrüßen?"

Herein kam Leopold mit zerknirschtem Gesichtsausdruck. „Hey."

„Hey!" Marko knurrte. „Lässt du dich auch mal blicken?"

Leopold blieb in der Tür stehen. „Wie geht es euch?"

„Prächtig!" Marko schlich näher auf ihn zu und bevor Leopold reagieren konnte, hatte er ihn am Kragen gepackt. „Also? Hast du uns etwas zu sagen?"

„Marko, nicht!" Julia eilte zu den beiden und berührte die Schulter des wütenden Wolfs. „Lass ihn bitte los."

Er warf ihr einen giftigen Blick zu, dann stieß er Leopold zurück in den Flur. „Gut." Er setzte sich neben Finn. Julia eilte in den Flur und half dem Elf hoch. „Was willst du jetzt von uns?"

Peter folgte ihr in den Flur und warf Leopold einen kurzen, skeptischen Blick zu. Aus dem Gästezimmer war Markos leises Knurren zu hören.

„Schick!" Peter betrachtete die Wandteppiche und Gemälde, mit denen die Wände des Flurs verziert waren. Sie zeigten Blumen und tanzende Elfen in den Wäldern. „Hier wohnst du also? Aber ich sehe sonst niemanden hier. Sind deine Eltern nicht hier, um sicherzustellen, dass wir in unserem hübschen Zimmerchen bleiben?"

„Meine Mutter ist im Wohnzimmer und mein Vater müsste gleich widerkommen", antwortete Leopold. „Unserem Ältesten würde es nicht gefallen, wenn wir euch rausließen."
Julia hörte, wie eine Tür einen Spalt breit geöffnet wurde, und kurz darauf wieder geschlossen wurde.
„Ach ja?" Peter sah sich interessiert um. „Und das würde uns aufhalten, weil? Ich denke Marko ist sehr interessiert daran, diesen kleinen Raum zu verlassen!" Wie als eine Bestätigung war erneut ein Knurren aus dem Gästezimmer zu hören.

„Dem Ältesten?" Julia stellte sich neben ihren Bruder und verschränkte die Arme. „Und was möchtest du?"

„Uns Diener umbringen!", zischte Marko aus dem Gästezimmer.

Leopold schüttelte den Kopf. „Nein. Ich möchte, dass wir alle frei sind. Ich möchte, dass das Binden von Dienern verboten wird! Niemand soll noch ein solches Schicksal fürchten müssen!"

„Das kommt auf dasselbe raus!" Marko kam nun zu der Tür des Gästezimmers. Finn folgte ihm vorsichtig. „Ist es das, was du willst?"

„Natürlich nicht! Aber was haben wir denn sonst für eine Wahl?"

Julia konnte ihn verstehen. Sie hatte auch gedacht, keine Wahl zu haben. Peter hatte gedacht, keine Wahl zu haben. „Es ist nicht möglich, Bindungszauber sicher zu lösen. Zumindest bislang nicht. Vielleicht erschafft jemand irgendwann einen passenden Zauber. Aber das Erschaffen neuer Zauber ist nicht einfach. Leo... Wie stellst du dir das vor? Warum hast du nichts gesagt? Vielleicht hätten wir eine andere Lösung gefunden." Er tat ihr leid und gleichzeitig war sie enttäuscht. Und wütend, auch wenn sie den Wunsch nach Freiheit verstehen konnte.

„Das mit deinen Haaren tut mir leid. Der Älteste wollte nur eine Strähne, doch Inga hat sich damit nicht zufriedengegeben."

Julia nickte. „Danke... Aber das ist ein schwacher Trost. Zumindest wachsen sie nach. Leo? Der Plan wird nicht gelingen. Ich habe es gesehen. In einer Vision. Das Dorf wird niedergebrannt von Soldaten."

„Was ist denn hier los?" Leopolds Vater kam in das Haus und sah sie verwirrt an. „Warum sind unsere Geiseln nicht eingesperrt? Das wird dem Ältesten nicht gefallen. Leopold?"

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt