Kapitel 100

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Julia

Am Ende hatten sie in der Höhle übernachten müssen. Es regnete und stürmte bis in die frühen Morgenstunden.

Unter den Neuankömmlingen hatte sich inzwischen herumgesprochen, dass zwei Drachen sie begleiteten. Sie betrachteten die beiden Kater misstrauisch. Insgesamt war die Stimmung angespannt. Die erwachsenen Elfen hielten die Kinder davon ab, die ‚verkleideten' Drachen zu streicheln. Besonders die Jüngsten verstanden nicht, dass die Kater keine Kater waren.

Julia hoffte, dass das Verhalten der Elfen nicht an Mistrauen zunehmen würde. Die Elfen, die ihr gegenüber Feindselig gewesen waren, waren nicht Teil ihrer Gruppe. Vielleicht waren sie alle tot. Julia wusste, dass auch sie hauptsächlich aus Angst gehandelt hatten. Angst war kein freundlicher Begleiter. Was die beiden Neffen des Ältesten betraf, war Julia sich nicht sicher. Leo hatte ihr erzählt, dass sie in den Plan des Ältesten involviert waren. Julia hatte sie kurz auf dem Marktplatz gesehen. Dort waren sie nicht unter denen gewesen, die sich gegen eine Flucht aussprachen. Sie hatten etwas Abseits gestanden, daher waren sie ihr aufgefallen. Aber seit dem Feuer hatten die beiden kein Wort gesprochen und warfen Julia nur flüchtige, flehende Blicke zu. Bereuen sie, was sie getan haben? Die anderen Elfen waren ihr gegenüber aufgeschlossen und freundlich. Sie dankten ihr, legten Wert auf ihre Meinung, wenn sie diese ab und an laut äußerte (was selten vorkam), und lächelten ihr freundlich zu. Ja. Julias Meinung schien den Elfen wichtig zu sein. Wenn Hanno und Flora etwas beschlossen, sahen viele erste zu Julia und warteten darauf, ob sie einverstanden war oder nicht.

Doch die anderen Elfen... Die, die sie einsperren wollten... Hatten sie aus purer Angst gehandelt? Oder waren sie einfach schlecht gewesen? Böse? Dem Ältesten und Inga traute sie dies zu. Obwohl der Älteste vielleicht auch den Verstand verloren hatte. Herausfinden würde sie es vielleicht nie. Dennoch. Sie war erleichtert darüber, niemanden von denen zu sehen, die ihr gegenüber grausam gewesen waren. Außer der beiden Menschen. Doch an ihre Entführung konnte sie sich nicht erinnern und die beiden Brüder blieben auf höflichem Abstand zu ihr.

Es tut mir leid. Aber euch allen kann und will ich nicht verzeihen, selbst wenn ihr vielleicht nicht mehr lebt. Ich habe versucht euch zu retten. Jeden Einzelnen. Es tut mir leid.

Ihre Gedanken kreisten endlos um all die Dinge, die geschehen waren und um das Feuer. Manchmal hatte sie das Gefühl, sie könnte die Flammen noch sehen. Die Schreie hören...

Die beiden Kater kuschelten sich noch immer an Julia. Josef schnurrte leise. Tröstend. Finn lehnte sich an Marko, der sich schützend um ihn herum gelegt hatte.

Leopold hatte den Arm um Julia gelegt und unterhielt sich mit Pepe, der ihm gerade von seinem Zuhause erzählte. Liam hörte seinem Sohn wehmütig zu.

Ilsa kam auf Julia zu. Ihre Tochter saß bei zwei anderen Kindern. Ihr Lachen erfüllte die Höhle.

„Hallo. Kann ich mich zu euch setzten?", fragte die Elfe und betrachtete die beiden Kater skeptisch.

„Natürlich. Setz dich", antwortete Julia. Während Ilse sich zu ihr setzte, versuchte Josef unter Julias Schal zu kriechen. Sein Onkel hielt den kleinen, fauchenden Kater am Schwanz fest und zog genervt. Julia musste lachen.

„Ich habe mich gefragt..." Ilse überlegte einen Moment. „Leopold ist an dich gebunden. Hättest du ihm nicht befehlen können, dir zu helfen? Dich und die anderen frei zulassen? Das hättest du gekonnt, richtig?"

Josef schaffte es inzwischen unter ihren Schal und schnurrte zufrieden. Fiete maunzte aufgebracht. Er erinnerte Julia an ihren Vater, als er versuchte sie davon abzuhalten, auf das Dach zu klettern.

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt