2. Dezember

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von Dina Ladimo6 (letsdance.seite)

disclaimer: wie immer möchte ich damit niemanden angreifen oder so!

‚Melde dich bei einem alten Freund.', Kathrin verdrehte die Augen, nachdem sie die heutige Aufgabe ihres Challenge-Adventskalenders gelesen hatte. Ihre Mutter hatte ihr den geschenkt, weil sie dachte, dass das gut zu Kathrin passen würde, aber bisher waren die meisten Aufgaben einfach nur nervig. 'Singe auf dem Weg zum Bus ein Weihnachtslied.' 'bastle Origami-Weihnachtssterne.' oder 'Schreibe dir eine Liste mit Dingen, die du immer haben wolltest, aber dich nicht getraut hast, sie dir zu wünschen.' Am besten gefallen hatte Kathrin noch ‚Hilf einer fremden Person.', denn da hatte zumindest jemand was davon und sie hatte dadurch eine echt nette Bekanntschaft mit einer älteren Frau geschlossen. Auf das heutige Türchen hatte Kathrin zwar wirklich keine Lust, doch sie war zu ehrgeizig, um das ganze jetzt abzubrechen. Ausserdem wusste sie bereits ganz genau, bei wem sie sich melden würde. Der Name schwebte in ihrem Kopf herum, seit der ersten Sekunde nachdem sie die Aufgabe gelesen hatte. Vadim. Vadim war ihr bester Freund aus der Schulzeit, doch sie hatten den Kontakt zueinander mittlerweile verloren. Und wenn Kathrin ehrlich war, war sie daran nicht ganz unschuldig: Als sie nach der Schule damals ihren ersten Freund hatte, fand der es nicht ganz so cool, dass sie so viel Zeit mit Vadim verbrachte und Kathrin, verliebt und blind wie sie war, hat daraufhin dann angefangen, Vadim immer weniger häufig zu treffen, bis ihre Freundschaft irgendwann einfach versandet ist. Natürlich hatte Kathrin im Nachhinein kapiert, dass das ein riesen Fehler war und, dass es alles andere als in Ordnung war von ihrem damaligen Freund, ihr diese Freundschaft zu verbieten. Das war schlussendlich auch einer der Gründe, wieso sie sich dann irgendwann dazu entschlossen hat, sich von ihm zu trennen. Nur hatte sie bisher nie den Mut aufbringen können, sich bei Vadim zu melden und sich für alles zu entschuldigen, weil sie sich viel zu sehr dafür schämte, wie es damals abgelaufen war. Es kostete Kathrin grosse Überwindung, ihr Handy zur Hand zu nehmen, Vadims Kontakt aufzurufen und auf den kleinen Hörer zu drücken. 'Hoffentlich hat er überhaupt noch die gleiche Nummer.', dachte sich Kathrin noch, während sie dem tuten in ihrem Handy lauschte, doch einen Moment später hörte sie schon, wie am anderen Ende der Leitung der Anruf entgegengenommen wurde. "Vadim?", flüsterte sie mit zittriger Stimme. "Kathrin? Du?", erklang Vadims Stimme verwirrt aus dem Handy. "Vadim, ich... es... es tut mir alles so unglaublich leid." Kathrins Stimme brach und seit dem Moment, als sie seine Stimme gehört hatte, liefen ihr Tränen über die Wangen. "Kathrin, was ist los? Ist etwas passiert?", erkundigte sich Vadim besorgt und auch wen er das nicht sehen konnte, schüttelte Kathrin daraufhin den Kopf. "Können wir uns vielleicht einfach treffen?", platze es aus ihr heraus und Vadim sagte dem Treffen etwas überfordert zu. "Wann denn? Und wo? Bist du überhaupt noch in Wien?", wollte er wissen. Die beiden verabredeten sich für den nächsten Tag bei Kathrin zuhause, denn wenn sie ihre Reaktion nur auf seine Stimme betrachtete, wollte sie gar nicht wissen, wie sie reagieren würde, wenn sie ihn nach so langer Zeit wieder sehen würde und das wollte sie definitiv nicht mit der kompletten Öffentlichkeit teilen, also war ein Treffen im privaten Raum auf jeden Fall die beste Entscheidung.

Am nächsten Morgen wachte Kathrin mit Bauchschmerzen auf. Sie war noch nie so nervös wie vor diesem Treffen und sie hatte die Nacht über kaum geschlafen. Um sich abzulenken, öffnete sie den nächsten Zettel ihres Adventskalenders. 'Sei heute den ganzen Tag ehrlich.' Kathrin seufzte. 'Na toll. Aber ich habe mir ja eh vorgenommen, ehrlich zu sein, also passt das eigentlich ganz gut.', dachte sie sich. Sie stand auf und machte erstmal eine Runde Sport, denn nichts sonst konnte sie so gut ablenken. Danach duschte sie kurz, machte sich fertig und frühstückte ein bisschen was. Als es eine Stunde später an der Tür klingelte, nahm Kathrin all ihren Mut zusammen und drückte den Türöffner. Sie wartete direkt neben der Wohnungstür im Flur, bis eben jene aufging und Vadim mit dicker Winterjacke in Kathrins Wohnung trat. Sie konnte sich einen Moment lang nicht bewegen und starrte ihn nur an. Auch Vadim war unsicher, wie er sich verhalten sollte und begrüsste sie mit einem leisen: "Hey Kathrin." Vorsichtig lächelte er sie an und öffnete fragend seine Arme zu einer Umarmung. Kathrin warf sich nahezu in seine Arme und sobald er sie festhielt, begann sie erneut zu weinen. Er strich ihr beruhigend über den Rücken und flüsterte: "Was ist denn passiert?" Kathrin zuckte mit den Schultern und schluchzte: "Nichts ist passiert. Aber es tut mir wirklich so unglaublich leid, wie ich dich behandelt habe. Ich habe mich nie getraut, mich zu entschuldigen, weil ich mich so geschämt habe aber ich war wirklich so blöd und ich verstehe auch, wenn du mir das nicht verzeihen kannst, aber ich muss dir trotzdem mal sagen, wie leid es mir tut." Vadim löste sich sanft aus der Umarmung, schaute Kathrin direkt an und wischte ihr vorsichtig ein paar Tränen von der Wange. "Kannst du bitte aufhören zu weinen? Ich kann das nicht mitansehen, sonst weine ich gleich mit. Und wollen wir vielleicht erstmal rein gehen und uns irgendwo hinsetzen? Dann können wir da reden.", schlug er vor. Kathrin musste leicht lächeln und versprach: "Ich werde mir Mühe geben, nicht mehr zu weinen. Und klar, komm erstmal rein." Vadim zog seine Jacke und seine Schuhe aus und folgte Kathrin anschliessend ins Wohnzimmer, wo sie sich nebeneinander auf die Couch setzten. Kathrin holte noch Plätzchen und Kaffee für beide und kehrte dann zurück ins Wohnzimmer. "Du hast an den Strohhalm gedacht.", stellte Vadim erfreut fest, nachdem er einen Blick auf den Kaffee geworfen hatte, den Kathrin ihm entgegenstreckte. "Natürlich, sowas vergisst man doch nicht.", erklärte Kathrin lachend, denn sie hatte es immer schon merkwürdig gefunden, dass Vadim seinen Kaffee konsequent mit Strohhalm trank. Als Kathrin sich wieder auf die Couch gesetzt hatte, schauten die beiden sich erstmal schweigend an, da niemand so richtig wusste, was man in dieser Situation am besten sagen würde. "Weisst du, ich war damals echt traurig, als du erst so häufig abgesagt und dich dann irgendwann gar nicht mehr gemeldet hast.", begann Vadim dann irgendwann leise und fuhr fort: "Und ich habe mich immer gefragt, ob ich vielleicht einen Fehler gemacht habe, dich zu sehr eingeengt habe oder sonst irgendwas oder was der Grund dafür war, dass du mich nicht mehr sehen wolltest." Bestimmt schüttelte Kathrin den Kopf. "Du hast auf keinen Fall etwas falsch gemacht! Das war wirklich komplett meine Schuld. Ich habe zu der Zeit einfach alles gemacht, was mein damaliger Freund von mir verlangt hat. Er hat sich immer irgendwie von dir bedroht gefühlt, weil er gemerkt hat, dass ich mit dir viel besser reden konnte, als mit ihm und dann hat er mir schnell zu verstehen gegeben, dass ich mich zwischen euch entscheiden muss. Und ich habe mich dann ohne zu überlegen für ihn entschieden, da ich irgendwie blind vor Liebe war. Obwohl ich im Nachhinein sagen muss, dass das gar keine richtige Liebe war. Aber ich war zum ersten Mal verknallt und hatte eine rosarote Brille auf. Später habe ich dann gemerkt, dass diese Beziehung nicht gesund war und, dass er mich so verbiegen wollte, dass ich seinem Idealbild der perfekten Freundin entspreche. Ich habe realisiert, dass es der grösste Fehler meines Lebens war, mich für ihn und nicht für dich zu entscheiden, denn mir war klar geworden, dass ich dich viel mehr gebraucht hätte als ihn. Ich habe mich dann von ihm getrennt und wollte mich eigentlich direkt bei dir entschuldigen, aber ich habe mich so sehr geschämt für alles, dass ich mich all die Jahre bis gestern nicht überwinden konnte, auf dich zuzugehen." Kathrin senkte ihren Blick, denn sie konnte Vadim jetzt nicht in die Augen schauen. Vadim schwieg eine ganze Weile, bevor er sagte: "Wenn ich ehrlich bin, habe ich ihn nie gemocht. Du hast dich damals irgendwie verändert, als du mit ihm zusammengekommen bist. Ich habe immer mit mir gerungen, ob ich dich darauf ansprechen sollte, da ich wusste, dass du es in dem Moment nicht einsehen würdest, weil du so verliebt warst, und als ich mich dann dazu entschlossen hatte, mit dir drüber zu sprechen, haben wir uns nie mehr gesehen." Nachdenklich blickte er aus dem Fenster bevor er weitersprach: "Ich glaube, ich war eifersüchtig auf ihn. Du meintest vorhin, dass er sich von mir bedroht gefühlt hat, aber am Ende des Tages war trotzdem er es, der mit dir zusammen war und nicht ich." Kathrin erwiderte: "Ich glaube, dass er von Anfang an gemerkt hat, dass ich eigentlich besser zu dir passen würde, als zu ihm. Er hatte wohl Angst, dass ich selber das auch merken würde und wollte darum einerseits dich aus dem Weg räumen und andererseits mich soweit verändern, dass ich am Ende doch zu ihm passe. Das ist ihm auch gelungen, aber ich habe dann gemerkt, dass ich nicht mehr ich selber war und mich schliesslich von ihm getrennt. Aber das habe ich ja schon erzählt." Eine Weile lang war es in Kathrins Wohnzimmer so still, dass man das Surren des Kühlschranks aus der Küche hören konnte, bis Kathrin plötzlich sagte: "Ich habe dich vermisst, Vadim." Erneut stiegen ihr Tränen in die Augen, doch sie versuchte diese Vadim zuliebe zu unterdrücken. "Ich dich auch. Wirklich, du weisst gar nicht wie sehr.", wisperte er zurück und sah sie dabei direkt an. Nun erkannte Kathrin, dass auch in seinen Augen Tränen schimmerten. Als die erste davon sich ihren Weg seine Wange runter suchte, legte Kathrin sachte ihre Hand an Vadims Wange, und strich die Träne mit ihrem Daumen weg. "Jetzt hast du aber angefangen mit dem Weinen.", flüsterte sie leise und liess ihre Hand an seiner Wange liegen. Vadim legte seine eigene Hand auf ihre drauf und streichelte sanft mich seinem Daumen ihren Handrücken. Kaum merklich drehte Kathrin ihre Hand leicht, so dass ihre Fingerspitzen nun statt auf Vadims Wange in seinem Nacken lagen und zog ihn ganz langsam näher zu sich ran. Ihre Lippen waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt und beide konnten den Atem der jeweils anderen Person spüren. "Ich hätte viel früher merken sollen, dass er nicht der Richtige für mich ist, sondern jemand anders.", flüsterte Kathrin, lehnte sich Vadim noch mehr entgegen und schloss schliesslich auch die letzte Lücke zwischen ihnen, indem sie ihre Lippen vorsichtig auf seine legte. Nachdem Vadim sein Überraschungsmoment überwunden hatte, erwiderte er den Kuss, bis sie sich nach einer Weile wieder voneinander lösten. "Ist das okay für dich?", erkundigte Kathrin sich leise und Vadim gab lächelnd zurück: "Das war mehr als okay. Ich bin froh, dass du dich bei mir gemeldet hast und, dass wir das klären konnten." Kathrin schmiegte sich an Vadim ran, umschloss ihre Beine mit den Armen und legte ihren Kopf auf seine Schulter. "Und alles nur wegen meinem Adventskalender.", murmelte sie vor sich hin. "Was ist mit deinem Adventskalender?", wollte Vadim wissen, während er ihr sanft die Haare aus der Stirn strich. "Ach, das ist nicht so wichtig.", winkte Kathrin grinsend ab "Wichtig ist nur, dass wir jetzt glücklich sind." "Ich bin glücklich. So glücklich wie schon lange nicht mehr.", stellte Vadim fest und gab Kathrin einen sanften Kuss auf die Stirn.

Let's ChristmasWhere stories live. Discover now