Tag 38 - Die Ausgestoßenen

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Am nächsten Morgen wurden wir erst vor einem schrillen Schrei und dann lautem schluchzen geweckt. Wir sprangen sofort alle auf und blickten uns verwirrt um, alle waren kampfbereit. Dann stellten wir die Ursache fest. Die Frau war endlich aufgewacht und kniete neben dem Mann mit den herausgeschnittenen Fleischstücken. Sie hielt seine Hand in ihren, schluchzte weiter und murmelte einen Namen, den ich aber erst nicht direkt verstehen konnte.

Wir blickten uns an und beschlossen stumm, die Frau erst einmal in Ruhe zu lassen, bis sie von sich aus bereit ist zu reden. Es dauerte mehrere Minuten, bis sie mit roten Augen und taumelnden Schritten zu uns kam. Venat sprang auf, um ihr einen Stuhl zurechtzuschieben, sie setzte sich. "Habt ihr uns... mich... gerettet?", fragte sie mit schwacher Stimme. Wir nickten kurz und stellten uns der Reihe nach vor, Triti erzählte dann, wie wir die Taverne, den alten Mann und die beiden im verschlossenen Zimmer gefunden hatten. Als ich berichtete, wie der alte Mann von Ghoulen gefressen wurde, stieg in ihr ein kurzfristiger Anflug von Genugtuung auf, dieser verflog aber schnell wieder.

"Ich heiße Armelia und das war mein Mann Julian, wir wurden aus Augustopolis verbannt und hofften, dass wir hier in Aureum Pontum Zuflucht finden konnten. In der ersten Nacht wurden wir von einem Wesen auf der Straße angegriffen. Wir konnten uns gerade noch rechtzeitig verstecken, als der alte Mann uns die Tür zur Taverne öffnete. Wir waren so dankbar, eine hilfsbereite Person zu treffen...", sie verstummte und blickte zu dem leblosen Körper ihres Mannes.

Sie wandte sich Hilfe suchend zu uns, "Ihr habt mir bereits so viel geholfen, aber... ich... ich würde meinen Mann gerne begraben". "Dabei können wir durchaus hilfreich sein", meinte Valyan zustimmend. Mein Blick wanderte zu der Leiche von Julian, "Es sollte eine Feuerbestattung sein, um sicherzugehen, dass die Ghoule den Leichnam nicht wieder ausgraben können". "Ich schau mal, ob ich vom Dach aus eine Kirche oder etwas anderes sehen kann, an dem sich andere Überlebende aufhalten, sie kann hier nicht alleine bleiben", sagte Venat und machte sich die Treppe nach oben in den ersten Stock. "Eine Feuerbestattung ist vermutlich wirklich das Beste", stimmte Armelia zu.

Nach wenigen Minuten kam Venat wieder in den Schankraum, "Ich hab in Richtung Nord-Osten eine Kirche ausmachen können, zirka eine halbe Stunde entfernt. Im Vergleich zu den umliegenden Gebäuden, sieht die noch einigermaßen in Ordnung aus, vielleicht ist da jemand". Nach einem kurzen und einfachen Frühstück, machten wir uns auf in die besagte Richtung, Alarik übernahm es, den Körper von Julian zu tragen, Armelia blieb die ganze Zeit in der Nähe, blieb aber ruhig. Es waren auch keine Rufe von Ghoulen zu hören, sie verstecken sich wohl tagsüber in irgendwelchen Löchern, Höhlen oder ähnlichem, da sie das Tageslicht meiden.

Die Kirche selbst stand nicht wie die anderen Gebäude Reihe an Reihe, sondern auf einem eigenen Platz, umzäunt mit einer hüfthohen, steinernen Mauer. Die Fläche um das religiöse Gebäude dient als Friedhof. Erst befürchteten wir schon, viele zerstörte und aufgebrochene Gräber zu finden, als Ghoule auf der Suche nach etwas zu essen waren, aber nein, die ganze Fläche lag fast friedvoll da. Es waren keine Kratz- oder Klauenspuren wie an den anderen Gebäuden außen herum zu sehen. Es fühlte sich auch so an, als würde eine magische, heilige Aura das Gebäude schützen.

Wir schritten den gepflasterten Weg zum schweren Holztor des Gebäudes zu, von drinnen waren Stimmen und Husten mehrerer Leute zu hören, doch als Triti anklopfte, verstummten diese plötzlich. Es herrschte ein paar Sekunden lang Stille, bis ich die Augen verdrehte und hineinrief "Ein Ghoul, Ghast oder anderes Wesen, das euch fressen will, würde nicht anklopfen, oder? Also macht auf, wir haben jemanden, der Zuflucht sucht und brauchen einen Priester".

Es dauerte erst etwas, bis jemand jemanden drinnen näher kommen hörte. Wir schoben Alarik nach vorne, dahinter Aurum und Armelia, da sie erst einmal die Menschen der Gruppe sehen sollten, bevor wir sie mit Elfen, einem Gnom und einem Tiefling überraschen. Die Tür wurde ein kleines Stück geöffnet, dahinter war ein Priester, zumindest den Roben nach: "Wir sind nur eine kleine Gemeinschaft, die selbst nicht genug zum Leben hat, wenn wir euch hier aufnehmen sollen, dann müsst ihr uns etwas zum Essen mitbringen." Triti kam von der Seite hervor, "Keine Sorge, guter Mann, wir haben nicht vor, hier zu bleiben. Aber wir haben diese arme Frau gefunden und vor einem Kannibalen gefunden, doch ihr Mann hatte weniger Glück. Wir können auch unsere Vorräte mit euch teilen". Und mit diesen Worten holte er ein paar große, getrocknete Fleischvorräte hervor, die wir einem vor ein paar Tagen erlegtem Reh entnommen hatten.

In Ignotis - Splitters TagebuchWhere stories live. Discover now