Wer sorgt sich um wen?

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Unfähig zu begreifen, was er eben gelesen hatte, schluchzte Naruto in seine Hände, hindurch zwischen den Fingern, die er so verzweifelt an seine Lippen presste. Er hatte die Befürchtung sich gleich zu übergeben.

Bilder und Szenen gespickt mit Gewalt, Mord und Blut tanzten vor seinem geistigen Auge. Das Buch ging nicht ins Detail, beschrieb alles so blumig wie möglich, um ihn nicht völlig zu verstören allerdings übernahm er das schon selbst. Er hatte schon immer eine lebhafte Fantasie, eben diese arbeitete momentan auf Hochtouren, um aus dem gelesenen einen Horrorfilm zu produzieren. Gleich einer alten Videokassette verrauscht und verwackelt aber die Handlung noch erkennbar.

Er wollte sich gar nicht ausmalen was in der Seele der beiden Brüder in jener Nacht zerstört wurde. All die Jahre mussten sie mit diesen Erinnerungen Leben, mit diesem Schatten zurechtkommen, die wie ein Fluch auf ihnen lag. So wie der die beiden einschätzte hatte sich keiner von beiden je Hilfe gesucht oder auch nur miteinander gesprochen.

Man musste nicht jahrelang Psychologie studiert haben, um zu begreifen, warum Sasukes Vergangenheit gerade in diesem Kapitel aufgeführt wurde. Er brauchte die Erklärung nicht zu lesen, zwar war er nicht die hellste Kerze auf der Torte aber auch nicht völlig bescheuert.

Der Schwarzhaarige war in jener Nacht krank, für ihn hatte seine Mutter das Fenster offen gelesen, jenes Fenster, durch das die Monster ins Haus kamen. Wäre er nicht krank gewesen, hätten die Männer sich ein anderes Haus suchen müssen. Wäre er nicht gewesen würde seine Familie immer noch leben.

Die Bilder und Erinnerungen aus jener Nacht brachen vermutlich wieder hervor, was Sasuke so sorgfältig in der letzten Ecke seines Verstandes begrub, bahnte sich nun einen Weg an die Oberfläche.

Aber nun war er nicht mehr allein!

Es kam nicht oft vor, aber wenn Sasuke betrunken war brabbelte er im Schlaf vor sich hin, hatte Naruto dabei seine Sonne genannt. Und wozu war so eine Sonne schon nütze, wenn sie es nicht mal vermag dunkle Wolken zu vertreiben.

***

Als Naruto am Abend die Wohnung betrat schlug ihm direkt Sasukes Stimme entgegen, dieser fluchte aufs übelste, während irgendetwas in der Küche fürchterlich schepperte. Offenbar war sein Freund wieder auf den Beinen und hatte fabelhafte Laune. Die Tatsache das er sich schon wieder aufregen konnte beruhigte den Blonden, nahm ihm eine Enge von der Brust der er sich bis dato gar nicht bewusst war.

Sein erster Impuls war es direkt nach Hause zu eilen, Sasuke in seine Arme zu ziehen, durch die schwarze Mähne zu fahren, während er ihm zuflüsterte das alles gut werden würde, er nun nicht mehr allein war. Allerdings gab er diesem Wunsch nicht nach, er wollte sich zuerst wieder beruhigen, nicht völlig aufgelöst in ein hochmotorisiertes PS-Monster steigen nur um danach das heißgeliebte Baby seines Uchihas an die nächste Wand zu setzen.

Er hatte gehofft das Notizbuch hätte wie beim letzten Mal die passende Antwort parat, würde ihm eine schlaue List erklären oder ihm zumindest einen Tipp geben, wie er es dem älteren hätte leichter machen können. Doch das war nicht der Fall. Sasukes Ego und Stolz waren gerade zu krankhaft, nie hätte er es Naruto verziehen, wenn dieser Mitleid mit ihm hätte sich ihm gegenüber anders verhielt nur weil er jetzt die Vergangenheit kannte.

Alles, was der Blondschopf tun konnte war sich wie bisher um seinen Patienten zu kümmern, dessen Launen zu ertragen, ohne ihn im Schlaf mit einem Kissen zu ersticken. Sein Uchiha würde auf ihn zukommen, wenn es so weit war, zumindest wurde ihm das so versprochen.

Metallisches Scheppern lenkte die Aufmerksamkeit des jüngeren wieder Richtung Küche, sofort ließ er sein Gepäck ebenso die Einkäufe stehen und eilte zu seinem Freund. Dieser stand am Herd, rüttelte an diesem, betätige wahllos alle Schalter und Knöpfe während er mit der anderen Hand zuschlug in der Hoffnung das metallische Ungetüm würde dadurch zum Leben erwachen.
Naruto welcher den Gasherd in und auswendig kannte, war er auch der Einzige, der in dieser Wohnung kochte, eilte seinem Griesgram zur Hilfe. Ein Klicken und Drehen später entzündete sich auch die Flamme unterhalb des Teekessels. Natürlich konnte man auch den Wasserkocher benutzen, aber dann wäre es ja kein echter Tee, zumindest wenn man den fragwürdigen Weisheiten des Sasuke Uchiha glaubte. Warum er überhaupt einen besaß, war eine andere Frage.

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