Tränen

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7 Wochen, 2 Tage, 4 Stunden und 38 Minuten waren seit ihrer Trennung vergangen. Aber wer zählt schon mit?

Es war die reinste Hölle. Naruto besaß nicht den Wortschatz, um nur ansatzweiße zu beschreiben wie erbärmlich, schwach und gebrochen er sich fühlte. Er liebte Sasuke von ganzem Herzen, so sehr, dass er dabei war sich selbst zu vergessen. Der Uchiha ist die Liebe seines Lebens. Er war für ihn der eine Mensch, über den er nie vollständig hinwegkommen wird, ganz gleich wie viel Zeit verstrich. Die eine Person, der für immer sein Herz gehört.

Er aß nicht. Er schlief nicht aus Angst dem Schwarzhaarigen zu begegnen und sei es nur im Traum. Träne um Träne vergoss er einsam und allein. Sein Kopf dröhnte. Seine Augen brannten, waren schwer. Säure zwang sich seine Speiseröhre empor, aber nicht mal dafür bewegte er sich. Er war ein Schatten seiner selbst. Er hatte gekämpft, um sich nicht zu verlieren, hatte Sasuke dafür verlassen. Doch nun rann ihm sein Selbst wie Sand durch die Finger.

Hunderte von Nachrichten ließen sein Handy verrücktspielen, vibrieren und summen verwandelten sich in eine traurig, verzweifelte Melodie. Durch einen Schleier aus Tränen verfolgten glanzlose blaue Augen die Pop-ups, die über den Bildschirm flogen. Süße und schmeichelhafte Worte rissen an seinem Herz, gruben sich hinein wie Scherben. Sasuke versprach ihm einmal mehr die Welt. Er würde sich ändern, versprach das alles anders wird, wenn der Blondschopf nur zurückkäme. Ein ums andere Mal beteuerte er wie leid ihm alles tat. Der Uchiha wurde zum Poet. Er verglich Narutos Haare mit Gold, seine Augen mit dem Ozean und seien Lippen mit süßen Orangenblüten. Er nannte ihn seinen Engel, seine Sonne, das Licht in der Finsternis.

Wie gern hätte Naruto auf die Anrufe von Sasuke reagiert, auf die unzähligen Nachrichten geantwortet, die drohten sein Handy zu sprängen. Was hätte er nicht dafür getan um schluchzend in jene Arme zu sinken in die er sich stets flüchtete, wenn die Welt ihn grauste. Doch sein sicherer Hafen, seine Zuflucht war da hin, wurde stattessen sein Untergang.

Bald schon starb die traurige Melodie, die zusammenhangslosen Schnipseln aus Nachrichten verwandelten sich in Dunkelheit. Sein Akku war leer.

Stunden, Tage Wochen, wie viel Zeit verstrich konnte er nicht sagen. Kein Licht drang in sein kleines Apartment. Er hatte sich voll und ganz abgeschottet. Wie durch Watte nahm er die Stimmen auf dem Laubengang wahr und wie man gegen seine Türe hämmert. Kiba, Shikamaru, Sasuke, alle waren sie da. Seine Freunde wollten wissen, ob es ihm gut geht, ob er zuhause war, flehten er solle doch die Türe öffnen. Sein Exfreund hatte dagegen eine Szene hingelegt, die selbst für Hollywood schamlos übertreiben war.

Er hämmerte gegen das Holz das gefährlich ächzte. Der Blonde hätte schwören können das etwas nachgab und splitterte. Er verlangte das Naruto die Türe öffnete. Angeblich wolle er nur reden brüllte aber herum wie ein wildgewordener Berserker. Es war ein groteskes Spiel. Sasuke klang so verzweifelt verletzt und völlig am Ende. Er flehte, wie es sich der Uzumkai nie hätte träumen lassen.

Doch schon bald schlug der Ton um. Sasukes Stimme wurde dunkel, abschätzend, verachtend, düster und absolut böse. Leibesschwüre wichen Beleidigungen und Vorwürfen. Er brüllte, wie ein Tier, das man in einen zu engen Käfig steckte. Eine Bestie, die es leid war zu warten.

Naruto kauerte unter seiner Decke, schluchzte, weinte. Diese Seite kannte er nicht. Das war nicht der Mann den er liebte. Das vor seiner Tür war ein Teufel, der ihn holen wollte. Nie hatte er ihn so abfällig beleidigt wie jetzt. Nie hatte er so herumgebrüllt. Niemals war er sich unsicher, ob der Mann, den er liebte, ihm nicht wirklich schaden wollte. Bis jetzt.

Er hatte es wohl seinen Nachbarn zu verdanken das Sasuke in seinem Wahn nicht wirklich die Türe einschlug. Die Polizei nahm ihn mit sich. Selbst die Beamten schienen sich nicht sicher ob Sasuke eine Gefahr darstellte oder nicht. An jenem Tag verließ der Blonde zum ersten Mal seit langem sein Bett. Die Polizistin, die an seine Türe klopfte, klang so nett, so freundlich. Ihre Stimme erinnerte ihn an seine Mutter. Sie redete beruhigend auf ihn ein, bekam ihn wirklich dazu die Türe zu öffnen, wenn auch mit verlegter Kette.

Das BuchWhere stories live. Discover now