7. Kapitel

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Die warnenden Worte von Maria schwirren mir noch im Kopf umher, während ich das Haus verlasse.

Ich musste ihr versprechen, Adam nicht zu folgen und mich diesen sogenannten Ausgestoßenen nicht zu nähern. Leider hat sie mit dieser Warnung genau das Gegenteil bewirkt, da ich nun sehr neugierig bin, was es damit auf sich hat.

Es hat mich einiges an Überzeugungsarbeit gekostet, bis sie mich allein gehen ließ. Ich habe ihr versichert, mich nur ein bisschen im Dorf umsehen zu wollen, da es gestern bei meiner Ankunft bereits dunkel war und ich gerne wissen möchte, wo ich bin. Das ist ja nicht mal ganz gelogen.

Draußen ziehe ich kurz fröstelnd die Schultern hoch, als mich der kalte Wind am Hals streift. Obwohl die Sonne vom blauen Himmel herunterscheint, erreicht ihre Wärme den Boden nicht. Auf den Wiesen befindet sich leichter Tau, der nur langsam schmilzt und dabei im Sonnenschein glitzert.

Ich stelle fest, dass ich mich gar nicht auf einem Hof befinde, wie ich zuerst dachte. Die Kühe, die ich durch das Küchenfenster gesehen habe, gehören dem Nachbarn. Das schließe ich zumindest aus dem Zaun, der einmal um dessen Grundstück gezogen wurde.

Adam und Maria wohnen in einem einfachen Holzhaus mit tief heruntergezogenem Dach, was ihm direkt noch mehr Gemütlichkeit verleiht. Die unförmigen Dachziegel stehen an einigen Stellen ab und bieten eine gute Angriffsfläche für den Wind, der pfeifend hindurch fährt.

Schräg hinter dem Haus befindet sich ein alter Stall, aus dem ich das Wiehern der Pferde gehört habe. Also habe ich mich nicht in allem getäuscht, mindestens zwei Pferde scheinen sie den Geräuschen nach zu besitzen.

Bevor Maria es sich doch noch anders überlegt und mich wirklich begleiten möchte, wende ich ihrem Zuhause den Rücken zu und folge dem geschwungenen Weg, der direkt ins Dorf führt.

Die Bebauung wird etwas dichter, die Wege breiter und es laufen immer mehr Menschen mit mir durch das Dorf. Die meisten wirken beschäftigt, tragen etwas mit sich herum oder ziehen eine Kutsche, auf der sich Lebensmittel oder auch Holzlatten befinden.

Mir werfen sie nur flüchtige Blicke zu, wofür ich sehr dankbar bin. Durch Marias Kleid gehe ich in der Masse unter und habe nichts Auffälliges an mir, mit dem ich mich verraten könnte, dass ich gar nicht aus diesem Zeitalter stamme.

Neugierig laufe ich durch die Straßen, entdecke einen Bäcker und auch einen kleinen Schneiderladen. Es wirkt alles so ruhig und gemütlich, dass ich mich wohl fühle, obwohl andererseits alles fremd für mich ist.

Und genau dieses Gefühl macht mir Angst. Das Gefühl der Sicherheit.

Ich gehöre nicht hierher, ich sollte mich wie ein Fremdkörper fühlen. Aber mich beschleicht die Vermutung, als wäre es meine Bestimmung, hier zu sein.

Was für ein Blödsinn.

Ich schüttle über mich selbst den Kopf und biege in eine schmale Gasse ein, in der kaum Leute unterwegs sind. Je weiter ich sie durchlaufe, desto weniger werden es. Wenn mich doch jemand ansieht, bedenkt er mich mit einem skeptischen, fast angewiderten Blick. Ich scheine mich den Ausgestoßenen zu nähern.

Anders kann ich mir den Umschwung der gesamten Stimmung nicht erklären. Und ich bin selbst stolz auf mich, meinem Ziel langsam näher zu kommen. Denn selbstverständlich habe ich keinen Schimmer gehabt, wohin Adam gegangen ist. Er zieht leider keine Spur aus Sternenstaub hinter sich her, die mir den Weg weist.

Am Ende der Gasse biege ich rechts um die Ecke und bleibe verblüfft stehen, als ich den Stacheldraht sehe, der einmal quer über den Weg gespannt ist.

Ich stutze, da ich mir ziemlich sicher bin, dass er erst einige hundert Jahre später erfunden wird. Das macht keinen Sinn.

Aber was auch immer der Grund dafür ist, die Menschen hier wollen wirklich verhindern, dass jemand diesen Weg weiter geht. Mit gerunzelter Stirn drehe ich mich um, es folgt mir keiner. Es sieht niemand, wie ich vollständig um diese Ecke biege und mich dieser Abgrenzung nähere.

Black TimeWhere stories live. Discover now