13. Kapitel

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Schlaflos starre ich die Wand vor mir an.

Durch das löchrige Dach scheint silbriges Licht in den Raum herein, was durch den vollen Mond am Himmel heller leuchtet, als ich es für möglich gehalten hätte.

Der Mond strahlt in dieser Zeit viel stärker, da keine anderen Lichter von seiner eigentlichen Stärke ablenken. In Städten ist es oftmals unmöglich, sein Licht überhaupt zu bemerken, so bunt und hell erleuchtet ist dort nachts alles.

Hier wirkt es viel friedlicher. Theoretisch.

Ich spüre, dass ich mir diese Tatsache einrede. Denn hier ist nichts friedlicher und freundlicher als im 21. Jahrhundert. Das habe ich am eigenen Körper zu spüren bekommen und Adam auch.

Schaudernd denke ich an seinen schmerzerfüllten Schrei zurück, als ich ihm die Nase reponiert habe. Unter meinen Fingern hat es sich angefühlt wie ein glatter Bruch, seine Nase war seitlich verschoben und ich musste sie wieder geraderücken. Was hätte ich in diesem Moment nur alles für ein Röntgenbild gegeben, um mir mit meiner Diagnose wirklich sicher zu sein. Auch Schmerzmittel habe ich vermisst, da diese Maßnahme sonst nur unter örtlicher Betäubung durchgeführt wird.

Stattdessen musste der arme Kerl vor mir auf einem Stuhl sitzen und die Prozedur ohne schmerzlindernde Mittel über sich ergehen lassen. Ich habe mir viel Mühe gegeben, es schnell zu machen, aber den Schmerz habe ich natürlich nicht verhindern können, der durch meine Korrektur mit dem Daumen durch sein gesamtes Gesicht gerauscht ist. Ich habe gesehen, wie er einige Nuancen blasser wurde und ihm Tränen in die Augen schossen.

Danach war er sehr wortkarg, hat aber zugelassen, dass ich ihm mit einem kalten, nassen Lappen das Blut aus dem Gesicht waschen durfte. Erst dabei haben meine Finger angefangen zu zittern, da ich langsam realisierte, was uns an diesem Abend passierte.

Irgendwann nahm Maria mir das Tuch sanft aus der Hand und vollendete mein Werk. Danach schickte sie Adam hoch in sein Bett und widmete sich mir.

Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, was sie mit mir tat. Ich weiß nur noch, dass ich mich am laufenden Band dafür entschuldigte, ihr Kleid zerstört zu haben. Erst am Anfang des Tages, als ich im Stacheldraht hängen blieb und dann abends durch diesen Kerl.

Sie beteuerte immer wieder, dass ich mir darum keine Sorgen machen müsse, während sie mir beim Auskleiden half und mich in ein anderes, einfaches Leinenkleid steckte. Dann scheuchte sie mich ebenfalls nach oben in mein Bett, damit ich endlich zur Ruhe kommen konnte.

Und da liege ich nun und starre mit offenen Augen vor mich hin. Mein Körper fühlt sich schwer und kraftlos an, die Müdigkeit ergreift von ihm Besitz. Aber immer wenn ich meine Augen schließe, spüre ich den fremden Mann auf mir. Ich schüttle mich, weil ich mir einbilde, seine Hand erneut auf der Innenseite meines Oberschenkels zu spüren oder seinen ekligen, nach Alkohol stinkenden Atem zu riechen.

Frustriert drehe ich mich auf den Rücken und sehe hoch an die Decke. Ich versuche mich abzulenken, mir den schönen, klaren Himmel vorzustellen, der sich über dem Dach befindet, aber es gelingt mir nicht.

Es kommt mir so vor, als würden die Schatten in meinem Dachzimmer größer werden. Als würden sie ihre kalten Hände nach mir ausstrecken und mich mit sich ziehen wollen.

Ängstlich ziehe ich die Decke höher und kneife meine Augen zusammen. Angestrengt konzentriere ich mich auf den Strohhalm, der unangenehm in meinen Rücken pickst. Ich schenke all meine Aufmerksamkeit meinen Händen, mit denen ich die Decke fest umklammert halte.

Ein Knacken im Gebälk lässt mich zusammenfahren und ich reiße meine Augen zitternd wieder auf. Meine Fingerspitzen werden eiskalt und mein Herz schlägt viel zu schnell in meiner Brust.

Black TimeWhere stories live. Discover now