III. Bananenflanke

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Es ist ein komisches Gefühl, wieder in meinem alten Zimmer zu stehen. Ich habe hier so oft übernachtet, dass ich es gar nicht mehr zählen könnte. Mit dem Anflug eines schlechten Gewissens lasse ich meinen Blick über die vergilbte Tapete wandern, deren Blumenmuster schon altmodisch war, als es entworfen wurde. Die vielen Kratzspuren, die verschiedene Katzen im Laufe der Jahre darauf hinterlassen haben, machen die Sache auch nicht besser.

Augenrollend nehme ich zur Kenntnis, dass das Bett unterhalb der Dachschräge ebenfalls mit Blümchenbettwäsche bezogen ist. Diese Vorliebe werde ich Oma wohl nicht mehr abgewöhnen. Eher gewinnt Norwegen die Weltmeisterschaft. Mit zwei Schritten durchquere ich das Zimmer, bleibe neben dem Bett stehen und streiche mit der Hand über den schweren Ebenholzbalken, der sich über dem Kopfende befindet. So oft, wie ich früher dagegen geknallt bin, würde es mich kein bisschen wundern, wenn ein Abdruck meiner Stirn darauf zu sehen wäre.

Wahrscheinlich trägt dieser Balken eine gewisse Teilschuld daran, dass ich Fußballer geworden bin, statt zu studieren oder einen Beruf zu erlernen, bei dem man viel nachdenken muss. Um ehrlich zu sein, gab es für mich nie eine Alternative. Ich habe schon als kleiner Junge davon geträumt, Profispieler zu werden – genau wie mein Vater früher. Im Gegensatz zu mir war er jedoch kein Linksaußen, sondern Innenverteidiger.

Wenn ich daran denke, dass er vermutlich längst über meine Dummheiten Bescheid weiß, wird mir ganz anders. Seufzend lasse ich mich aufs Bett fallen und stutze im nächsten Moment, weil ich etwas Hartes unter meinem Hintern spüre. Als ich die Decke zurückschlage, kommt ein zerknautschtes, flauschiges Etwas mit Knopfaugen zum Vorschein. Alfred, mein alter Teddybär, hat während meiner Abwesenheit offenbar das Bett gehütet.

Probeweise drücke ich auf seinen Bauch, um zu testen, ob er noch brummen kann, aber scheinbar ist ihm mit zunehmendem Alter die Puste ausgegangen. Der Bär gibt keinen Ton von sich – stattdessen starrt er mich mit seinen braunen Augen vorwurfsvoll an, als wäre er sauer auf mich, weil ich ihn hier zurückgelassen habe, obwohl er jahrelang mein allerliebstes Kuscheltier war.

„Tut mir leid, Dicker", sage ich entschuldigend und setze ihn auf die Fensterbank, denn ich bin mittlerweile wirklich zu alt, um mit einem Teddybären im Bett zu schlafen. „Nimm's nicht persönlich, ja?"

Alfreds Blick bleibt hart und er verfolgt mich für den Rest des Tages. Jedes Mal, wenn ich das Zimmer betrete, fühle ich mich beobachtet. Daran ist aber nicht nur der Bär auf der Fensterbank schuld, sondern auch König Harald, der mir an den Fersen klebt wie ein Kaugummi. Der Kater hat sich scheinbar in den Kopf gesetzt, den fiesen Eindringling rund um die Uhr zu überwachen – ob ich will oder nicht.

Gegen Mitternacht schleiche ich auf Zehenspitzen ins Bad, damit ich meine Oma nicht aufwecke, die sich schon vor Stunden schlafen gelegt hat. Ich hingegen bleibe gerne etwas länger wach. Nachdem ich mir die Zähne geputzt habe, husche ich über den Flur zurück in mein Zimmer und knipse das Licht an. Erschrocken zucke ich zusammen, als ich sehe, dass sich auf dem Bett etwas bewegt.

Es ist König Harald, der sich dort breitgemacht hat und mich provozierend anstarrt. Mein Bett!, scheinen seine Augen zu sagen, während er selbstverständlich keinerlei Anstalten macht, das Feld zu räumen. Damit er sich freiwillig verzieht, müsste ich ihn wohl mit einem dieser Katzensticks bestechen, die Oma „Stöckchen" nennt und kistenweise hortet. Allerdings sehe ich es nicht ein, den Kater für seine Dreistigkeit mit einem Leckerli zu belohnen.

„Gehst du freiwillig oder muss ich dich packen?", frage ich ihn herausfordernd und strecke meine Hände nach ihm aus, die mit Sicherheit den einen oder anderen Kratzer davontragen werden.

Sobald meine Finger sein Fell berühren, fängt König Harald an zu fauchen, doch davon lasse ich mich nicht beeindrucken. Entschlossen schnappe ich mir den wütenden Kater, um ihn vom Bett zu tragen, doch er windet sich aus meinem Griff heraus, schnappt nach mir und zieht sich knurrend zurück. Na, wer sagt's denn.

Vom Fußballer, der über seine Bälle stolperteWhere stories live. Discover now