36. Das idyllische Picknick zwischen den Rebstöcken

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„Und du bist dir sicher, dass du weißt, wo wir sind?", frage ich skeptisch, denn mir entgeht nicht, dass Valentino sich auf dem Fahrersitz etwas häufiger umsieht als normal.

Das könnte auch an der atemberaubenden Landschaft liegen, aber ich habe da so ein Gefühl.

„Mamma mia", macht er augenrollend und die Hand ist sofort wieder im Einsatz. „Wie oft willst du das noch frage? Wir sind in meine Zuhause!"

Ich grinse breit und streichle ihm liebevoll über den Nacken, als er an einer weiteren Kreuzung hält, kurz zu entscheiden scheint und schließlich links abbiegt.

Er hat keine Ahnung, wo wir sind.

Ich lehne mich zurück und schaue wieder aus dem Beifahrerfenster über die sich allmählich bunt färbenden Weinberge, durch die wir nun schon einige Zeit fahren.

Dieses Mal sind wir nicht im Taxi unterwegs, sondern in einem kleinen Mietwagen, den Valentino uns am Flughafen in Bologna organisiert hat. Ihm dabei zuzusehen, wie er in wildem Italienisch mit dem Mann am Schalter verhandelte, war die Reise für mich schon wert.

Valentino hat für unseren Urlaub geplant, dass wir ein paar Tage durch ein paar Städte fahren und bei Freunden von ihm oder in kleinen Pensionen übernachten. Die letzte Woche wollen wir bei seiner Familie in Modena verbringen.

„Da oben ist es!", ruft er triumphierend und tritt aufs Gaspedal.

Weiter oben zwischen den gelben, grünen, orangen und dunkelroten Weinreihen kann ich ein paar Gebäude ausmachen, auf die wir zusteuern.

Wenig später erreichen wir ein winziges Weingut, das laut Schild am Eingang von einer Familie Bertolini geführt wird.

Valentino geht zielgerichtet auf eines der Häuser zu und klopft laut an die Eingangstür, die nur halb angelehnt ist. „Ciao!", ruft er. „Qualcuno a casa?"

Es dauert nicht lange und ein Mann Mitte fünfzig öffnet die Tür und sogleich beginnen die beiden ein Gespräch, dem ich nicht im Ansatz folgen kann. Es sind viele Hände involviert.

Irgendwann wendet sich Valentino mir zu, legt seinen Arm um mich und scheint mich vorzustellen. „Das ist Daniele, Adam", lässt er mich den Namen unseres Gastgebers wissen.

Ich schüttle die Hand des Mannes. „Hi! Schön, Sie kennenzulernen, Daniele."
„Piacere di conoscerti", erwidert er, was, so glaube ich, dasselbe auf Italienisch bedeutet.

„Wir bleiben heute hier", erklärt Valentino mir freudestrahlend. „Wir haben oben eine kleine Zimmer und Francesca, Danieles Frau, macht uns eine bisschen Antipasti."

„Grazie mille", sage ich ergeben zu Daniele. Einer der wenigen Sätze, die ich schon fehlerfrei kann.

•••

Wenig später sitze ich hinter meinem hübschen, italienischen Freund auf einer weißen Decke inmitten der herbstlichen Rebstockreihen. Valentino lehnt mit dem Rücken an mir, wir trinken von Daniele eigens gekelterten Rotwein, naschen Francescas Antipasti und genießen die abendliche Idylle um uns.

„Und? Magst du Italia?", fragt er und steckt sich eine Olive in den Mund.

Ich seufze und atme tief ein. „Ich liebe alles daran. Es ist genauso, wie ich es mir vorgestellt habe. Danke, dass du mich mitgenommen hast."

Er greift meine Hand und verschränkt unsere Finger miteinander. „Danke, dass du mitgekommen bist. Ich freue mich, wenn du meine famiglia kennenlernst. Meine Mamma ist die beste Koch!"

Lächelnd beuge ich mich vor, er dreht mir seinen Kopf zu und ich küsse seinen süßen Mund. „Ich bin auch schon sehr gespannt."

Zufrieden lehnt er sich wieder an mich und wir blicken gemeinsam über die wunderschöne Weinberglandschaft.

„Valentino?"

„Ja?"

„Du hattest keine Ahnung, wohin wir fahren, oder?" Ich bemühe mich, mein Kichern zurückzuhalten, doch es fällt mir wahrlich schwer.

Meinem Freund scheint es ebenso zu gehen, denn ich spüre die Vibrationen seines Körpers an meinem. „Ich habe die beide noch nie gesehen. Aber sie sind sehr nett!"

Ich lache lauthals los und küsse die Seite seines Halses. „Das sind sie. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir genau da sind, wo wir sein sollen."

Ende

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Mille grazie, ihr Lieben!

Ich hoffe, euch hat diese lustige Fahrt so unterhalten wie mich, als sie sich in meinem Köpfchen zusammengesponnen hat.

Habt ganz lieben Dank fürs Lesen, Mitfiebern, Sternchen geben und die vielen, vielen tollen Kommentare und Diskussionen.

Eure Hazel

Richtungswechsel | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt