𝐩𝐫𝐨𝐥𝐨𝐠𝐮𝐞

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16. August 1972

„Hanna, nimm Jamie mit zum Zeitung austragen!", rief Dad über das Gehämmer, das durch das ganze Haus ertönte.

„Hatte ich ohnehin vor!", schrie ich zurück und lief den Gang entlang ins Wohnzimmer, in dem mein Vater gerade geschäftig irgendeinen neuen Schrank aufbaute. 

Meine Mutter stand grinsend daneben. „Ich kann es immer noch allein aufbauen", sagte sie, „Ich hab da so meine Möglichkeiten." Dad funkelte sie an. „Ich will das so machen", sagte er und Mum erblickte mich. „Ich hab euch den Bollerwagen schon nach draußen gestellt", sagte sie mit dem Lächeln, an das ich mich mittlerweile gewöhnte. „Und Jamie hat sich's darin vermutlich schon bequem gemacht." 

„Okay danke." Ich grinste schief und ging dann nach draußen. Ich konnte es immer noch nicht glauben.

Seitdem Mum mich vor ungefähr eineinhalb Monaten mit Dad und Jamie am Bahnhof abgeholt hatte, hatte sich mein Leben komplett verändert.
Mum war endgültig nüchtern seit Neujahr anscheinend. Ich wusste nicht wie, ich wusste nicht warum, aber ich wusste, dass es mit mir und meinem Weggang nach Hogwarts zu tun hatte. Aber sie war nüchtern. Die Drogen waren weg. Ich hatte den Weg nicht mitbekommen, wie sie es geschafft hatte, wie meine Familie das ohne mich gemeistert hatte, aber ich fragte nicht nach. Ich war nur froh. So, so froh.

Seit April hatte Mum auch einen Job im Zaubereiministerium. Fünf Tage die Woche war sie nun für sieben Stunden weg und verdiente Geld. Sie verdiente Geld. Mehr als Dad mit seinem Handwerksjob und ich beim Zeitung austragen zusammen und manchmal konnte ich es selbst nicht glauben. 

Es war schwer für mich gewesen, mich mit dem Leben mit einer Mutter anzufreunden, aber mittlerweile war es nicht mehr so befremdlich, wie es anfangs gewesen war. Ich war sehr, sehr skeptisch gewesen, immer auf der Hut nach Fehlern, nach Rückstößen, nach Alkohol, den wir nun eigentlich aus dem Haus verbannt hatten. Aber diese Ruckstöße kamen nicht und als sie vor einer Woche befördert wurde und Jamie ihr vollkommen vertraut um den Hals gefallen war, beschloss auch ich, ihr zu vertrauen.

Und nun war das das normale Leben. Sachen, an die ich mich immer noch gewöhnen musste, aber mich sehr freuten. Beispielsweise immer ausreichend Essen - oder eine Mutter, die Frühstück richtete. 

Dad ging auch arbeiten und Jamie und ich kümmerten uns um alles andere. Wir putzten – Mum hatte mir einen einfachen Reinigungszauber beigebracht, aber meistens half ich Jamie ohne Magie – wir kümmerten uns um die Hühner, wir machten Wäsche und so weiter. Abends, wenn unsere Eltern wieder da waren, kümmerten wir uns um das Haus, das wir so langsam restaurierten. 

Angefangen hatte es bei Jamies und meinem Raum. Wir strichen ihn neu – ich wollte Hufflepuff-Gelb und Jamie war es egal, weswegen der Raum nun richtig schön hell war -, wir bekamen ein neues Fenster (jetzt zog es nicht mehr) und einmal ging Mum mit uns einkaufen, um uns neue Bettwäsche zu kaufen. Der Raum sah aus wie neu. 

Mittlerweile statteten wir das Wohnzimmer mit neuen Möbeln aus. Mum und Dad waren beide handwerklich begabt und mit der gesamten Magie ging alles mehr als nur schnell. 

Mrs. Cornfield, eine Frau aus dem Dorf, das ungefähr eine halbe Meile entfernt lag, kam einmal vorbei und staunte darüber, wie sauber das Haus in so kurzer Zeit geworden war. Mum hatte mir zugezwinkert, als ich grinsen musste, da Mrs. Cornfield nichts über die Magie im Blut meiner Mutter, meines Bruders und mir wusste. 

Und manchmal saßen wir einfach herum und erzählten Geschichten. Meistens Mum und ich, ich erzählte etwas von meinem Jahr in Hogwarts und Mum ergänzte etwas von ihren Jahren. „Ist Hagrid noch da?", fragte sie mich eines Tages. 

„Ja", meinte ich, „Er hat mir einmal geholfen, Jamie die Zweite zu finden." 

Die Geschichte hatte ich noch nicht erzählt, ich wusste nicht, was meine Eltern davon halten sollten. 

Aber Mums Augen leuchteten auf. „Besuch ihn unbedingt mal, er war einer meiner wenigen Freunde in Hogwarts. Ich hab mit ihm immer Tierwesen aufgepäppelt – einmal kam sogar Newt Scamander höchstpersönlich vorbei, ich hatte so einen Crush auf ihn."

„Wer ist Newt Scamander?", fragte Jamie. Nachdem ich so viel von Hogwarts erzählt hatte, wollte er auch so schnell wie möglich dorthin kommen. Allerdings musste er trotzdem noch ein Jahr warten. 

„Ein Magizoologe", erklärte ich ihm. „Er beschäftigt sich mit magischen Tierwesen. Ich hab eine Schokofroschkarte von ihm, ich kann sie dir nachher zeigen." 

„Warst du auch mal im Verbotenen Wald?", fragte ich dann Mum. 

„Einmal? Mehrmals." Mum grinste schief. „Dort war eine Gruppe von Mondkälbern, ich hab ihr Vertrauen gewonnen, nachdem ich ein paar von ihnen verarztet habe. Irgendeine weitere Kreatur hat sie verletzt. Bitte, wenn du Hagrid siehst, frag ihn, ob es sie noch gibt." 

"Mach ich", versprach ich und erzählte meiner Familie von Ivy und Julia, von Liam und den anderen Jungs, von den Quidditchspielen und von dem zauberhaften Weihnachten.

-

Währenddessen schrieb ich auch eine Menge Briefe. 

Julia saß auf dem Anwesen ihrer Tante fest, ihre neue Cousine war geboren – anscheinend hieß sie Scarlett – und deswegen hatte sich dort die ganze Familie festgesetzt.

Liam war mit seiner Familie zurzeit in Irland – er hatte wohl eine Fee gesehen und sofort an mich gedacht, da wir beide so klein sind – und Connor, Keaton und Troy trafen sich die ganze Zeit, weswegen ich von ihnen eigentlich kaum Antworten bekam, es sei denn, in einem Brief von allen dreien. 

Ivy hingegen saß daheim bei ihrer Familie, die sie über alles verhasste. Anfangs hatte sie geschrieben, dass sie mit den Freunden ihres Bruders oft Fußball spielte, doch nach und nach schrieb sie mir, dass sie nicht mehr so richtig das Haus verlassen durfte.
Irgendwann schrieb sie mir, dass sie einfach gehen wollte, ohne irgendeine weitere Erklärung.
Und ich nahm mir dies zu Herzen.

HUFFLEPUFF - Year 2Where stories live. Discover now