Kapitel 19

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„Nochmal!" Rosalinds scharfer Unterton, brachte Scarlet dazu sich erneut auf die Füße zu heben. Es war ein Monat vergangen seitdem sie aufgewacht war und seit einer Woche trainierte sie unter der Aufsicht von Rosalind mit Andreas. Ihren linken Arm konnte sie kaum bewegen, weshalb ihr Harwey eine Art Schiene gebastelt hatte. Diese lag eng geschnürt an ihrem Körper und mit einem Schwert in der rechten Hand versuchte sie sich zu verteidigen und anzugreifen.
Farah stand etwas abseits vom Feld und beobachtete das Training aus der Ferne. Mit einem mulmigen Gefühl sah sie, wie Scarlet erneut das Schwert aus der Hand geschlagen wurde und Andreas stumpf sagte: „Du bist tot." Wütend starrte die Weißhaarige in an und fauchte: „Halt die Klappe."
Rosalind stampfte mit dem Fuß auf „Nochmal!! Was soll das?! Ich hab scho Besseres gesehen also streng dich an!"  Scarlet warf ihr einen bösen Blick zu. Erneut ließ sie ein Schwert in ihrer rechten Hand erscheinen, welches erst flackerte und dann eine physische Form annahm.
Farah kniff die Augenbrauen zusammen und wollte gerade das Training unterbrechen, als ein Spezialist angelaufen kam und rief: „Königin Luna ist auf dem Weg hierher."
Rosalind wirbelte herum, sprach kurz mit ihm und deutete dann Andreas das sie ihm folgen sollte. Zusammen liefen beide davon und Farah trat aus dem Schatten der Bäume und ging auf Scarlet zu.
„Erbärmlich.", gab die Weißhaarige sauer von sich und wirbelte zu Farah herum, „Ich bin einfach nur erbärmlich Farah! Hast du gesehen, wie er mir einfach so das Schwert aus der Hand geschlagen hat?!"
Mitleid kam in der dunkelblonden Haarigen auf und sie lächelte Scarlet sanft an „Aber du hast dich diesmal besser geschlagen als gestern." Scarlet atmete durch die Nase laut aus und setzte sich auf den Boden „Das reicht dennoch nicht für Gaius aus." Farah schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust „Wir sind auf allerhöchster Alarmbereitschaft. Er wird uns nicht noch einmal so überraschen wie er es letztes Mal gemacht hat."
„Das weißt du nicht." Scarlet schaute sie ernst an „Ich weiß nicht, wie gut er die Blutmagie kontrollieren kann aber beim Angriff war er nicht unvorbereitet. Ich hab sie erkannt, Farah."
Fragend schaute Dowling sie an „Was meinst du?"
„Die kleinen schwarzen Kreaturen. Sie waren keine Verbrannte aber... sie waren die gleichen Gefangenen, die ich in meiner Rage damals getötet habe."
Farah riss die Augen auf „Er hat ihre Leichen benutzt?!"
„Mit Blutmagie hat er ihre Körper kontrolliert. Oder zumindest was davon übrig war."
Beide schwiegen und Farah legte nachdenklich ihre Hand ans Kinn „Wir sollten Rosalind davon berichten."
Scarlet schüttelte den Kopf „Nein."
„Aber..."
„Nein, Farah. Sobald sie es weiß, wird sie wissen wollen woher ich das weiß und es rauskommen wird, dass ich nicht wirklich eine Fee bin, sondern eine Bluthexe."
Farah starrte sie an und erinnerte sich an Leones Worte „Nenn sie nie wieder so!" und legte ihre Hand auf die Schulter der Weißhaarigen „Du bist keine Bluthexe."
„Nenn es wie es dir passt aber dennoch fließt diese Magie durch meine Adern."
Bevor das Gespräch weiterfortgeführt werden konnte wurden sowohl Farah als auch Scarlet von Rosalind einbestellt, um Königin Luna zu treffen.
Die Königin war eine junge Frau mit braunen Haaren, die sie in einem eleganten Zopf trug. Dabei fielen ihre Haare gewellt über ihre rechte Schulter und sie trug ein hellblaues Kleid, welches eng an ihrem Körper lag.

Egoistin. war das erste Wort, was mir einfiel als ich sie sah. Ich spürte ihre Magie und wusste das sie alles andere als schwach aber ihr gesamtes Auftreten protzte nur vor Egoismus.
Sie unterhielt sich mit Rosalind und mir fiel auf dass hinter ihr einer ihrer Wachen ein kleines Kind an der Hand hielt. Warum bringt sie ein kleines Kind hierhin mit? Wenn sie doch weiß wie gefährlich dieser Ort momentan ist...
Rosalind dreht sich zu uns um „Ah Farah und Scarlet. Luna, Farah ihr kennt euch ja bereits aber darf ich dir Scarlet endlich vorstellen?"
Ich blieb vor der Königin stehen und schaute sie an. Sie musterte mich ebenso und hielt mir schließlich ihre Hand hin. Neben ihren perfekt gemachten Fingernägel fiel mir ein überaus eleganter Ring an ihrer linken Hand auf und reichte ihr schließlich meine rechte Hand. „Es freut mich endlich deine Bekanntschaft machen zu dürfen.", fing sie an, „Rosalind hat mir schon viel erzählt aber aufgrund deiner Verletzungen hatte ich noch nicht das Vergnügen dich richtig kennenzulernen. Darf ich dir ebenfalls meine Tochter Stella vorstellen?" Mein Blick fiel auf das kleine Mädchen mit kurzen blonden Haaren und strahlend blauen Augen, ohne ihre Hand loszulassen schaute ich sie an und sagte ruhig:  „Sie ist ganz schön jung um sie an einen gefährlichen  Ort wie diesen Ort mitzuschleppen." Etwas blitze in ihren Augen auf, was ich nicht richtig deuten konnte Hab ich einen Nerv getroffen? Sie ließ meine Hand los „Sie ist gerade ein Jahr alt geworden und sollte so viel Erfahrung an Magie bekommen, wie es eben geht. Eines Tages wird sie nicht nur die Prinzessin sondern Königin sein also sollte sie dementsprechend auf alles vorbereitet sein."
Zweifeln schaute ich sie an „Ein Schlachtfeld ist kein Ort für ein Kind. Erfahrung kann sie später auch noch sammeln." und beobachtete wie sich ihr Blick ein weiteres Mal verfinsterte und die Stimmung zwischen uns sich anspannte.
Ich spürte Farahs Hand auf meiner Schulter und Rosalind schob sich zwischen uns „Wie wäre es wenn wir alle weiteren Angelegenheiten in meinem Büro besprechen.". Sie warf mir einen bösen Blick zu und ich hob trotzig das Kinn.
Während sich Rosalind und Luna in Bewegung setzen liefen Farah und ich mit Abstand zu den beiden hinterher. „Was sollte das?!" zischte sie mir zu und antwortete ruhig „Ich hab ihr nur das gesagt, was sie hören sollte. Ich stehe zu meinem Wort, wenn ich sage dass das Schlachtfeld kein Ort für ein Kind ist." Farah seufzte und diskutierte nicht weiter. Hinter uns lief die eine Wache mit dem Kind auf dem Arm. Bist du zu gut, um deine eigene Tochter zu tragen?
Ich bemerkte wie ich die Braunhaarige Frau immer weniger ausstehen konnte und bleib stehen, um noch mehr Abstand zu ihr gewinnen zu können.
Als wir endlich bei Rosalinds Büro angekommen waren, ließ die Wache Stelle von seinem Arm runter und die letzten Schritte selber gehen. Torkelnd lief sie in Richtung des Sofas, welches an der Seite stand.
Ich wollte mich gerade gegen eine Wand lehnen, als ich plötzlich eine kleine Hand an meinem Bein spürte. Langsam ließ ich meinen Blick sinken und guckte in ein paar strahlend blauer Augen. Stella hielt sich an meinen Bein fest und ich wusste nicht was sie von mir wollte „Das Sofa ist da drüben." murmelte ich und zeigte auf die Couch aber sie bewegte sich nicht.
Sie schaute mich weiter an und ich ging in die Hocke, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein „Das Sofa ist da drüben.", wiederholte ich aber sie griff nach meiner linken Hand, die aus der Schiene an meinen Körper hinausguckte,
Ich starrte auf ihre kleine Hand, die meinen kleinen Finger fest umschlossen hielt Marions Tochter war noch jünger als du, gerade ein paar Monate war sie damals alt... ich biss mir auf die Zunge, als sich ein mulmiges in mir breit machte „Stella komm her zu mir." unterbrach die Stimme von Königin Luna den Moment und sie sah ihre Mutter an „Du solltest da rüber gehen... und dich fern von mir halten.", sagte ich kühl, schob ihr kleines Händchen von meiner linken Hand und erhob mich.
Torkelnd lief Stella zu ihrer Mutter rüber, die sie auf das Sofa zog und mir einen bösen Blick zu warf. Ich erwiderte ihren Blick mit einem Schulterzucken und lehnte mich an der Fensterseite gegen die Wand.
Das Gespräch mit Rosalind dauerte ewig, irgendwann hatte ich aufgehört zu zu hören und starrte nach draußen, bis ich meinen Namen hörte. Alle Anwesenden schauten mich an „Entschuldigung, mögt ihr das noch einmal wiederholen? Ich war mit meinen Gedanken woanders gerade." Luna belächelte mich und sagte: „Was könnte den momentan wichtiger sein als Solaria vor einem Gegner zu schützen?" Arrogantes Miststück „Die richte Erziehung deiner Tochter?" erwiderte ich und Rosalind funkte dazwischen bevor Luna wieder etwas sagen konnte „Das reicht jetzt!! Es ging darum, dass wir alles über unseren Gegner wissen müssen bevor wir einen Angriff starten." Ich schaute sie an „Angriff?"
„Wir haben ein feindliches Lager ausmachen können, wo wir vermuten dass er von dort aus agiert. Immer mehr Verbrannte sammeln sich dort."
„Und wo soll dieses Lager sein?"
„Asterdell."
Nun schaltete sich Farah ein „Aber Asterdell ist ein besiedeltes Dorf, warum sollte er von dort aus agieren?" Rosalind erhob sich „Wir sind gerade dabei die einzelnen Dorfbewohner zu evakuieren ohne das unser Feind das mitbekommt. So bald sich die Gelegenheit bietet, schlagen wir zu."
Zweifelnd hob ich eine Augenbraue Als ob Gaius so blind wäre... irgendwas stimmt hier nicht... jedoch hielt ich mich fürs Erste zurück.
„Das wäre erst einmal alles für diese Besprechung."
Damit erhob sich Luna und verschwand mit ihrer Tochter und der Wache aus Rosalinds Büro, Farah und Andreas folgten ihr.
Ich blieb an Ort und Stelle und wartete bis auch die letzte Person aus dem Raum verschwunden war, um schließlich mit Rosalind alleine im Raum zu bleiben.
Ich schloss die Tür und versiegelte sie mit einem Hörzauber „Und jetzt sagst du mir die Wahrheit." sagte ich kühl und sie ließ sich wieder hinter ihrem Schreibtisch nieder „Ich weiß nicht was du meinst."
Ich schritt zu ihr herüber „Du glaubst doch selber nicht, dass unser Feind so blind, dass er nicht mitkommen würde was du tust. Die Bewohner aus dem Dorf evakuieren? Du hättest dir eine bessere Lüge ausdenken können."
Sie faltete ihre Hände zusammen, lehnte sich entspannt in ihrem Stuhl zurück und lächelte unheimlich „Und woher möchtest du wissen, dass ich lüge." Alles an ihrer Art störte mich, ich hatte ihr von Anfang an nicht getraut. Sie war unberechenbar und ich konnte einfach nicht hinter ihre Fassade blicken. Welches Ziel verfolgst du?
„Du solltest dich lieber darauf konzentrieren, dass du auf Lunas guter Seite stehst. Sie ist eine durchaus mächtige Person und das meine ich nicht nur bezüglich auf ihre Kräfte. Sie könnte dich ganz schnell loswerden wenn sie es will."
Ich kniff die Augen zusammen „Drohst du mir?"
„Nur ein gut gemeinter Rat."
Trotzig hob ich das Kinn. Dieses Gespräch würde sowieso zu nichts mehr führen. Ich drehte mich um und schritt Richtung Tür.
Ich hatte gerade meine Hand auf die Türklinke gelegt, als ich ihr einen bedrohenden Seitenblick zu warf und mit angespannter Stimme sagte: „Jedes noch so große Licht kann in Dunkelheit ersticken.", ich öffnete die Tür „Und genau das Gleiche gilt für dich." und damit ließ ich die Tür hinter mir zu fallen.

Völlig aufgebracht lief ich durch die Gänge von Alfea. Meine Gedanken drehten sich Sollte ich einfach alleine nach Asterdell und mich Gaius stellen? Ich verdrängte meinen Gedanken wieder. Ohne meine linke Hand würde ich sowieso kaum etwas ausrichten können. Ohne wirklich darauf zu achten, wo ich hin lief fand ich mich in dem Raum wieder, wo Spezialisten ihre Trainingsutensilien lagerten.
Ich bleib vor einem Traininingsdummy stehen und starrte ihn an.
Plötzlich hört ich hinter mir Schritte, die erst leise und dann lauter wurden „Wenn du möchtest kann ich ihn dir aufbauen." sagte eine männliche Stimme. Saul stand mit verschränkten Armen hinter mir und ich nickte.

Kurze Zeit später standen wir zusammen auf dem Trainingsplatz während langsam die Sonne unterging. Ich löste die Schiene von meinem Hals und mein linker Arm fiel schlaff am Körper herunter. Saul stand schräg hinter mir und hatte seine Hand nachdenklich ans Kinn gelegt. Mit aller Kraft die ich aufbringen konnte versuchte ich meinen linken Arm zu heben. Zitternd und unter großer Anstrengung gelang es mir schließlich ihn wenigstens auf Brusthöhe zu heben. Ich atmete schnell und unkontrolliert und versuchte die Hand auszustrecken. „Versuch deine Atmung zu kontrollieren.", sagte Saul ruhig und kam ein paar Schritte näher, „Wenn du deine Atmung nicht kontrollieren kannst, hast du verloren. Lass den Sauerstoff in deinen Muskeln ankommen und sorge dafür deinen Geist zu beruhigen."
Ich wusste dass er Recht hatte und unter zusammengebissenen Zähnen stieß ich hervor: „Ich weiß."
Ich nahm einen tiefen Atemzug und schloss die Augen. Ich konzentrierte mich nicht auf meinen linken Arm sondern fokussierte mich auf das was erreichen wollte. In meinen Gedanken formte ich einen Pfeil, der aussah wie die Pfeile mit denen Leone und ich früher Bogenschießen geübt  hatten.
Mit einem weiteren Atemzug öffnete ich die Augen wieder. Jedoch sah ich keinen Pfeil, worauf ich hin mich stärker zu konzentrieren versuchte. Doch anstatt dass ein Pfeil auftauchte, fing meine Hand und mein Arm sich mit kleinen schwarzen Schuppen zu überziehen. Eine blaue Flamme schoß aus meiner Hand und ließ den Trainingsdummy in Flammen aufgehen, bevor er schließlich zu Asche verbrannte.
Ich ließ meinen Arm wieder fallen und starrte den Aschehaufen an. Saul zog scharf die Luft ein „Damit hab ich jetzt nicht gerechnet." Er hockte sich neben die Asche und sah zu mir hoch „Ich dachte, dass geht wieder weg." er zeigte auf meinen Arm und ich folgte seinen Blick.
Ich erstarrte und in mir kroch ein ungutes Gefühl hoch. Mir wurde schlecht und mit Mühe und Not konnte ich mich auf meinen Beinen halten „Saul...hol Farah." er zog eine Augenbraue hoch „Aber..." ich packte meinen linken Arm und sank auf meine Knie „SOFORT!" schrie ich ihn an.
Er sprang auf und rannte davon.
Ich starrte auf meine linke Hand, die von schwarzen kleinen Schuppen überzogen war und meine Fingernägel wie schwarze Klauen aussahen. Sie gehen nicht wieder weg! Wieso geht ihr nicht weg?!
Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir und fing an zu reden: „Farah! Ich weiß nicht was passiert ist aber..." ich verstummte als ich mich umdrehte und anstatt Farah dort jemand anderes stand.
Sie war nicht weit weg von mir und wir starrten uns einfach nur an. „Geh weg.", sagte ich leise zu ihr.
Ihre kleinen blauen Augen leuchteten mir entgegen als Stella langsam auf mich zu torkelte.

Fluch der Flamme Where stories live. Discover now