Kapitel 21

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Farah starrte an die Decke. Es war schon spät in der Nacht und sie konnte nicht schlafen. Der ganz kurze Moment, wo Scarlet ihr zum ersten Mal gezeigt, dass auch sie Gefühle zeigen konnte, ging ihr nicht aus den Kopf. Sie musste zu geben, dass sie sehr überrascht gewesen war aber es hatte ihr auch gefallen.
Aber so kurz wie der Moment gewesen war, so schnell war er auch wieder vergangen. Etwas hatte sich in ihren Blick verändert, was Farah nicht deuten konnte War es Reue gewesen? Oder einfach Trauer?  Es war egal wie sehr sie sich den Kopf darüber zerbrechen würde, wenn sie eine Antwort haben wollte, müsste sie die Weißhaarige direkt fragen.
Sie setzte sich mit dem Oberkörper auf, gab es auf Schlaf zu suchen und schwang ihre Beine über die Bettkante. Sie griff nach einer langen blauen Strickjacke und öffnete das Fenster.
Die kühle Luft ließ ihre Haare nach hinten wehen und sie schloss die Augen. Der Mond tauchte ihr Zimmer in sanftes Licht und sie atmete die frische Nachtluft. Es war bereits Winter deshalb zog sie sich die Jacke ein weniger enger um ihren Körper.

Ein Geräusch erregte ihre Aufmerksamkeit und sie richtete ihren Blick auf den Wald, der ein kleines Stückchen von ihrem Fenster entfernt war. Ihre Augen leuchteten weiß auf, als sie leicht die Geräusche des Waldes lauter werden ließ, um besser hören zu können was oder wer das Geräusch verursacht hatte.
„Verfluchter Mist!" fluchte eine weibliche Stimme und aus dem Gebüsch kam niemand anderes als Scarlet heraus gestolpert, die mit ihrem schwarzen Mantel und ihren weißen Haaren an einem Dornenstrauch hängen geblieben war.
Farah schmunzelte leicht. Im Kampf bewegte sich die Kriegerin zwar unglaublich grazil aber wenn man sie im Alltag beobachtete, dann fiel auf, wie tollpatschig sie doch eigentlich war.
Sie stützte sich auf ihren Fenstersims ab und sah der Weißhaarigen zu, wie sich fluchend von den Dornen befreite.
„Anstatt zu glotzen könntest du mir ruhig helfen.", ertönte plötzlich die Stimme von Scarlet in Farah's Kopf und sie erschrak sich leicht, „Du meine Güte, ich dachte du bist in persönlicher Ausbildung von Madam -Ich bin die Beste-, da hätte ich nicht gedacht dass ich dich so erschrecke."
Und im nächsten Moment stand die Weißhaarige unter dem Fenstersims vor ihr und schaute sie mit ihren roten Augen an.
„Rosalind's Ausbildung bereitet uns auf Kriege vor aber das heißt nicht das ich mich nicht erschrecken darf."
„Krieg also hm?", Sie drehte sich um, setzte sich auf das Dach von Alfea und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.
„Wieso warst du noch so spät unterwegs?" fragte Farah sie und schaute von oben auf sie herab.
„Ich konnte nicht schlafen und außerdem tut ein Nachtspaziergang immer gut." Farah konnte aus ihrer Stimme heraus hören, dass Scarlet der Frage auswich und ihr nicht ganz die Wahrheit sagte aber sie beließ es dabei. Es hätte keinen Sinn, sie jetzt darüber auszufragen, wo sie wirklich gewesen war und mit welchem Grund. Sie würde es sowieso nicht verraten.

Während beide den Mond beobachteten, überlegte Farah wie sie Scarlet auf den Moment von heute Nachmittag ansprechen sollte. „Scarlet?", fing sie an und die Weißhaarige schaute seitlich zu ihr nach oben, „Das heute Nachmittag..." sie stockte und wusste nicht wie sie weitersprechen sollte.
Scarlet seufzte und richtete den Blick wieder auf den Mond „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht überrumpeln. Ich war in Gedankenverloren und habe nicht aufgepasst."
„Ich war zwar überrascht aber ich fand es nicht schlimm eher im Gegenteil... ich fand es beruhigend und angenehm."
„Wirklich?" Farah sah dass Scarlet ganz leicht lächelte, „Dennoch..." sagte sie leise und traurig und brach den Satz dann ab.
„Kate und ich... waren mehr als nur zwei Kriegerinnen die nebeneinander gekämpft haben. Man könnte sagen dass wir Partnerinnen waren. Natürlich durfte unsere Beziehung niemals öffentlich werden, gerade unter unseren Truppen, also wussten nur wenige ausgewählte Leute über uns Bescheid. Nachdem ich gefangen genommen wurde, wusste ich dass sie nach mir suchte. All die 1000 Jahre hat sie nach mir gesucht, wie sie diese Zeit überbrücken konnte ohne selber groß zu altern weiß ich leider nicht. Gaius hat wegen der Blutmagie so lange überleben können und da ich diese Magie ebenfalls in mir trage, ist es kein Wunder dass wir so lange überleben konnten. Zusätzlich zu den Mitteln die sie mir unter die Haut oder ins Blut gejagt haben. Immer wenn ich die Chance hatte meine Magie zu benutzen hab ich sie entweder in der Nähe oder sehr weit entfernt gespürt. Ich wusste sie war da. Bis zu dem Moment bis auch sie gefangen genommen worden ist... und ich sie für immer verlor."
Stille trat ein und Scarlet stand auf. Sie drehte sich zu Farah um und lächelte traurig „Deshalb ist es wichtig, dass ich eine gewisse Distanz zu den Leuten habe die mir wichtig sind habe, damit der Feind sie mir nicht nochmal nehmen kann."
Ihre weißen Haare wurden leicht von dem Wind aufgewirbelt und der Mond ließ diese silber leuchten. Farah starrte sie an und konnte nichts sagen. Gedankenverloren zupfte sie eine kleine Dornenranke aus den Haaren und sah wie Scarlet's Blick ein wenig weicher wurde. Fasziniert war sie von dem Anblick der Kriegerin, die nun einen Zeigefinger ans Kinn der Mentalfee legte, sich nah an ihr Gesicht beugte und flüsterte: „Wir sehen uns Morgen Früh.", vom Dach sprang und im Schatten des Gebäudes verschwand.
Die Dunkelblondhaarige blieb alleine zurück und schloss das Fenster. Ihr Herz pochte und sie schluckte schwer. Ist sie mir so wichtig geworden? sie fasste sich an den Brustkorb und spürte ihren eigenen Herzschlag gegen ihre Hand pochen. Sie schüttelte den Kopf und legte sich zurück ins Bett aber viel Schlaf bekam sie diese Nacht nicht mehr.

Am nächsten Morgen wurde es stressig. Rosalind hatte eine Art Notfall-Meeting einbestellt, wo allerdings nur Farah, Saul, Ben und Andreas einbestellt wurden waren. Also ging Farah gestresst den Gang entlang, bis sie schließlich vor dem Raum ankam, wo das Meeting stattfinden sollte.
Andreas und Saul standen mit dem Rücken zu ihr vor der Tür und Dowling drehte sich um, als sie Schritte hinter sich hörte.
Sie trat zur Seite als Rosalind mit Ben im Schlepptau auftauchte und vor der Tür stehen blieb. Die Augen der älteren Fee leuchteten auf und sie fuhr mit der Hand über das Holz der Tür. Mit einem Klicken öffnete sich diese und alle traten ein.
In der Mitte des Raumes lag ein kleine Erhöhung, eine Art Metallkasten, wo sich Sand drin befand.
Mit einem Fingerschnippen ließ Rosalind aus dem Sand eine Skulptur von Alfea hervorrufen und die anderen versammelt sich drum herum.
„Gut das ihr so schnell da seit. Wieso das Treffen so schnell standen finden musste? Ganz einfach, weil wir das Dorf nun vollständig evakuiert haben und schnell handeln müssen. Es haben sich alle Verbrannten, die wir in Solaria bisher gesichtet haben um das Dorf herum gesammelt und wir müssen sie alle auslöschen. Andreas, du sammelst deine besten Spezialisten zusammen und..." das Sandbild zeigte nun Asterdell und Rosalind zeigte auf einen Punkt auf der Karte, „bleibst hier positioniert, bis du einen anderen Befehl bekommst." Andreas nickte kurz und verließ darauf hin als Erster den Raum.
„Saul, du bleibst auf der gegenüberliegende Seite mit deinen Truppen vor Ort." Auch dieser nickte und verließ den Raum.
„Ben, Farah...", Beide Feen schauten ihre Mentorin an, „Ihr weicht nicht von meiner Seite, wir werden den Hauptangriff auf die Biester starten und damit direkt alle auslöschen. Die Spezialisten blieben nur auf ihren Posten und falls etwas schief geht dann greifen sie ein."
„Was ist mit Scarlet?" fragte Farah
„Für sie habe ich eine andere Aufgabe. Ich spreche gleich mit ihr. Ihr versammelt euch sofort bei diesem Punkt hier. Jetzt los, die Jagd beginnt!" Farah nickte und folgte Ben aus dem Raum heraus.
Angekommen in ihrem Zimmer zog sie ihre Kampfkleidung an und suchte während dessen mit ihrer Magie nach der Aura von Scarlet.
Stutzig hielt sie inne, als sie nicht einmal ansatzweise eine Spur der Weißhaarigen fand. Sie spürte rein gar nichts und versuchte erneut ihre Magie zu erweitern aber Harwey klopfte an ihrer Tür und rief: „Farah, wir müssen los. Sonst wird Rosalind sauer."
Sie zögerte und ein ungutes Gefühl machte sich in ihrem Inneren breit aber die Angst vor Rosalind brachte Dowling dazu ihre Magie zu stoppen. Sie riss die Tür auf und lief Ben hinterher und konnte aber das mulmige Gefühl nicht los werden, dass mit Scarlet etwas nicht stimmte.

Fluch der Flamme Where stories live. Discover now