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„Wer bist du denn?", schrieb Alice. Felix hatte gerade eine wenig überzeugende Phase des heutigen Lanz-Talks genutzt, um sein Handy zu checken. „Hab meine Nummer jedem im Hotel gegeben, mit dem ich Sex hatte", erklärte sie.

Felix grinste. „Oh Mist! Das schränkt es für mich jetzt auch nicht ein. Bist du die, die mir in der Sauna einen geblasen hat? Oder hab ich dich im Aufzug gefickt?"

„Ne, ich bin der Typ, der dich im Aufzug gefickt hat", schrieb sie. „Frühmorgens. Du warst noch ganz verschlafen und konntest nicht genug kriegen."

„Ach so! Max? Hör mal, das war für mich eine einmalige Sache. Ausrutscher, ja? Nimm das nicht persönlich, aber ich steh halt nicht auf FDP-Wähler."

Alice schickte einen grinsenden Emoji, dem Lachtränen kamen. „Okay, nur damit hier keine Missverständnisse entstehen: Hi Felix! Wir hatten zwei, dreimal Sex in diesem schicken Hotel in den Alpen. Und ich fand das echt nicht schlecht übrigens."

„Ah! Hi Alice. Sex war nicht schlecht? Schade, dass du weg bist in der Nacht." Er wollte nicht wie ein in seiner Ehre gekränkter Idiot klingen, aber er fand ihr Verhalten schon etwas schlecht nachvollziehbar.

„Ich schlafe lieber alleine", schrieb Alice. „Ich hätte das aber sagen sollen und mich gar nicht erst hinlegen sollen. Tut mir leid."

„Kein Ding. Aber dann gibt's für dich ja nie Guten-Morgen-Sex."

„Ja, ist so. Ist ein hartes Schicksal, ich weiß. Aber damit muss ich wohl leben."

„Wenn du mal in Berlin sein solltest, kannst du dich ja melden. Können Kaffee trinken. Und ich dreh dir auch ne Zigarette, wenn du magst."

„Ich wohne mittlerweile in Brandenburg. Ist also gar nicht so unwahrscheinlich, dass ich mal auf dein Angebot zurückkomme."

Felix musste grinsen. Hatte sie das nicht sogar gesagt? Dass sie öfter in Berlin war? Klar, wenn sie so nahe wohnte. „Nice", antwortete Felix nur. Alice schickte ein freundlich lächelndes Gesicht. Felix steckte das Handy wieder weg und machte den Fernseher aus, ehe er auf die Dachterrasse ging, um sich noch eine Zigarette zu gönnen. Es war ihm nie schwergefallen, One Night Stands zu finden. Es war ihm auch nie schwergefallen, Freundschaften zu schließen. Was nicht hieß, dass er mit allen klarkam, ganz und gar nicht. Aber so wie mit Alice, das mochte er. Vermutlich hatte er sie schon bei ihrem ersten Treffen nett gefunden. Vermutlich waren sie auf einer Wellenlänge gewesen. Und jetzt hatte irgendwas in ihm sich daran erinnert. Deswegen hatten sie eben nicht nur gefickt, sondern verstanden sich ganz offensichtlich auch so ganz gut. Wahrscheinlich war das damals aber wirklich nur eine kurze Begegnung gewesen. In irgendeiner Stadt, in der ein Slam stattgefunden hatte. Ein netter Abend zusammen, vielleicht hatten sie zusammen getrunken, gefeiert, geredet. Gefickt nicht, hatte Alice ja gesagt. Damals nicht. Es hatte damals viele Begegnungen gegeben, viele Gespräche, klar. Er war so viel in Deutschland rumgekommen. Er hätte noch nicht mal mehr alle Städte aufzählen können. Vielleicht sollte er Becci mal fragen. Vielleicht hatte die Chefin irgendeine Liste. Oder er fragte im Deutschen Poetry-Slam-Archiv nach. Er musste bei dem Gedanken grinsen. So verkopft und verliebt in die eigene Kunstform, wie viele von denen waren, würde es Felix nicht wundern, wenn es so etwas wirklich in irgendeiner Form gab. Oh Mann! Er sollte aufhören, so über die Szene zu denken und zu reden. Es waren ja nicht alle schlecht gewesen, nicht alle selbstverliebte, verwöhnte Hipster in Wartestellung. Er hatte da Freunde fürs Leben gefunden, auch da, ja. Selbst einige Organisatoren vor Ort waren völlig in Ordnung gewesen. Vielleicht hatte er Alice so kennengelernt? Vielleicht hatte sie irgendwas mit den Events zu tun gehabt. Da hatte es oft Praktikanten gegeben. Oder Praktikantinnen. Praktikanten. Er war froh, dass er so welche nicht an der Backe hatte.

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⏰ Last updated: Jul 17, 2023 ⏰

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Who the Fuck is Alice?Where stories live. Discover now