Der furchteinflößende Pharao

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Jisungs Pov:

Mit wachsendem Unbehagen lief ich neben Felix einen breiten, gut befestigten Weg entlang, der auf einen riesigen Sandsteinbau zuführte. Zusätzlich zu der Gesellschaft des Großwesirs folgten uns auch noch zwei Wachen, die mit langen Speeren und einem verhältnismäßig leichten Brustpanzer aus Leder ausgestattet waren.

Das erste Mal seit ich im Palast war, hatte ich tatsächlich die Gelegenheit, mich hier umzusehen. In vielen Quelltexten hatte ich Fakten aber auch bloße Theorien zu den Königspalästen gelesen. Sie hatten von ihrer Bauweise gesprochen, der Systematik der Bauanlagen, dem ausufernden Reichtum und dennoch gab es um mich herum so vieles mehr, als meine Vorstellung je erahnt hatte.

Meine Neugier auf meine Umgebung hielt erfolgreich meine Angst in Schach und so betrachtete ich das näherkommende Hauptgebäude mit großen Augen. Helle, gleichmäßig behauene Sandsteinquader bildeten massive Wände, die selbst von außen mit eingemeißelten Darstellungen geschmückt waren. Mich erstaunte die schiere Größe des Bauwerkes und ich fragte mich gleichzeitig, wo genau sich dieser Palast befand.

Nach einem raschen Blick nach links und rechts hatte ich immerhin festgestellt, dass sich nach beiden Seiten hin eine hohe Lehmziegelmauer erstreckte, die vermutlich das Palastareal vom Rest der Außenwelt abschirmte. Doch bevor ich noch weitere Feststellungen zu meiner Umgebung treffen konnte, stoppte Felix bereits vor einem hohen Tor, das von mehreren Soldaten bewacht wurde.

Erstaunt betrachtete ich die in der Abendsonne glänzenden Brustharnische aus Bronze, die sicherlich nicht besonders komfortabel waren, aber dafür ziemlich furchteinflößend aussahen. Aber nach nur einem Blick auf Felix traten die gepanzerten Wachen zur Seite und öffneten uns das Tor.

Mein Herzschlag beschleunigte sich unangenehm und ein leichtes Zittern erfasste meinen Körper, sobald Felix eintrat und ich gezwungen war, es ihm gleichzutun. Der Gang, der uns drinnen erwartete, war ebenso mit kunstfertigen Reliefs verziert und die hohe Decke wurde von Säulen getragen, die mit Hieroglyphen und Ornamenten bedeckt waren.

Gern hätte ich mich länger umgesehen und somit die unvermeidbar folgende Begegnung mit dem König hinausgezögert, doch die beiden Wachen hinter mir stellten sicher, dass ich nicht zurückblieb oder gar einen Fluchtversuch unternahm. Unsere Schritte hallten auf dem Steinboden wider und dieses beklemmende Gefühl verstärkte sich mit jeder verstreichenden Sekunde.

Zweimal kreuzte ein Diener unseren Weg und selbst diese Personen waren in gute Leinenstoffe gehüllt und trugen dezenten Schmuck. Es wurde sofort deutlich, wo wir uns hier befanden und welch wohlhabendes Land Ägypten zu dieser Zeit war.

Ich sah prüfend an mir herab und musste zugeben, dass selbst ich nicht so albern aussah, wie ich mich fühlte. Der Stoff, den mir Felix gegeben hatte, war locker und luftig – genau richtig für die heißen Temperaturen dieser Jahreszeit. Meine Haare waren auch schon wieder trocken und fielen mir jetzt leicht fluffig in die Stirn, da ich ja kein Haargel hatte, um sie angemessen zu stylen. Nach diesem wohltuenden Bad fühlte ich mich deutlich weniger elend und dennoch machte mir die bevorstehende Audienz beim Pharao große Sorgen.

Ich hatte noch nicht einmal wirklich herausgefunden, welchen Herrscher ich nun erwarten musste, denn meiner Meinung nach gab es zwei Möglichkeiten und wie bereits erwähnt, gefiel mir eine schlechter als die andere.

Wenn ich schon Felix nicht gut täuschen kann, wie soll es mir dann erst bei einem König gelingen, der furchteinflößend, erbarmungslos und womöglich gewaltbereit ist?

Trotzdem versuchte ich, Ruhe zu bewahren und behielt eine aufrechte, neutrale Haltung bei, während ich mich meinem Schicksal ergab. Vielleicht würde mein Körper schon in wenigen Stunden auf einem Pfahl stecken und den Rest der Arbeit würden die Geier erledigen. Bei dem Gedanken an diese beliebte Todesstrafe im Alten Ägypten drehte sich mir der Magen um.

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt