Zwei kleine Retter

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Jisungs Pov:

Dass ich so schnell erneut in den Privatgemächern des Pharao stehen würde, hatte ich nicht erwartet. Schließlich waren meine „Bemühungen" eher überlebenstechnischer Natur zuzuschreiben und keinesfalls brillant gewesen. Weshalb Minho mich überhaupt erneut zu sich rufen ließ, war mir ein unlösbares Rätsel.

Diesmal blieb ich direkt unter dem Torbogen stehen, nachdem ich die Tür durchschritten hatte und äugte misstrauisch in den großen Raum.

Keine zehn Pferde werden mich hier weiter hineinbekommen und auch ganz sicher kein arroganter König... heute nicht. Ich werde meinen Stolz nicht noch einmal verlieren, schon das erste Mal war zu viel.

„Versteckst du dich jetzt vor mir?" Drang nun die eher belustigt klingende Stimme zu mir herüber und dann sah ich ihn:

Minho trat aus dem Schatten einer Säule ins flackernde Licht der Feuerschalen und hielt einen goldenen Kelch elegant in der Linken, während seine dunklen Augen mich aufmerksam musterten. Seine Augenbrauen hoben sich ein Stück an, als er mich so dicht vor der Tür stehend vorfand, und dann nahm er noch einen Schluck aus seinem Kelch.

Für einige Sekunden herrschte Stille zwischen uns, wir betrachteten einander wie zwei wilde Tiere, die sich in freier Wildbahn begegneten und nicht entscheiden konnten, ob ihnen Gefahr durch den anderen drohte oder nicht. Aber vermutlich war ich der Einzige, der momentan flüchten wollte. Dennoch nutzte ich das anhaltende Schweigen, um den Mann vor mir genau in Augenschein zu nehmen. Seine Kleidung bestand lediglich aus dem tiefsitzenden Lendenschurz und einem luftigen Tuch, das er sich um die Schultern gelegt hatte, seine Haare fielen locker in seine Stirn und je länger ich hinsah, desto deutlicher konnte ich die dunklen Schatten unter seinen Augen erkennen.

Ich blinzelte und fragte mich, ob ich mich täuschte, aber der junge Pharao vor mir sah definitiv müde aus und sogar seine Haltung war etwas weniger vornehm als sonst.

„Komm her, Jisung." Er streckte mir seine freie Hand entgegen und machte dann mit einem kurzen Blick auf die Weinkaraffe aufmerksam, die auf dem nahegelegenen Tisch stand. „Setz dich zu mir und erzähl mir etwas von dir. Ich musste den ganzen Tag diesen langweiligen Berichten meiner Berater lauschen. Deine Geschichten sind da eine willkommene Abwechslung."

Er wartete meine Reaktion nicht ab, sondern drehte sich um und schritt hinüber zu dem Tisch, den nicht nur die prunkvolle, goldene Weinkaraffe zierte, sondern auch eine kleine Schale mit frischem Obst. Der König goss sich Wein nach und schritt anschließend auf einen der beiden Divane zu, bevor er sich formvollendet setzte und daraufhin abwartend in meine Richtung sah.

Ich jedoch blickte noch immer höchst skeptisch auf die Szene vor mir und rührte mich keinen Schritt von der Stelle.

Ich kann das nicht. Ich will lieber wieder zu Seungmin oder Sunoo gehen... sogar Hyunjin wäre mir jetzt lieber als das hier. Wer weiß, wie lange diese gespielt freundliche Art anhält, bis er wieder Gefälligkeiten von mir fordert.

Plötzlich schmiegte sich etwas Weiches, Pelziges gegen meine Wade und ein spitzer Schrei entfuhr mir, bevor ich ungewollt weiter in den Raum stolperte und panisch hinab zu Boden blickte.

Doch das, was ich erblickte, war viel weniger zum Fürchten als erwartet. Eine orange getigerte Katze blinzelte mich mit schief gelegtem Kopf an, so als würde sie mich fragen wollen, weshalb ich so scheu reagiert hatte.

Dann hörte ich ein belustigtes Kichern neben mir und fast schon beruhigend strich eine Hand über meinen Rücken, bevor der Pharao dicht an mir vorbeitrat und auf das pelzige Tier zuging, das sofort den Schweif aufstellte und leise maunzte.

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt