Unverhofft kommt doch

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Hauptkommissar Zabel Rotbusch steht in schwarzen Lettern auf dem kleinen Fenster aus Milchglas. Kurz verharre ich vor der Tür, zögere damit an das dunkle Eichenholz zu klopfen. Zwar kennen wir uns schon seit dem großen Fae-Krieg, in dem Zabel mein Vorgesetzter war, und ich würde unsere Beziehung trotz des Altersunterschieds von etwa zehn Jahren sogar als eine Art Freundschaft bezeichnen, jedoch hat er mich bisher noch nie an seinen Arbeitsplatz zitiert.

Um genau zu sein haben wir dem jeweils anderen gegenüber kein Wort mehr über unsere Berufe verloren, seit wir einmal darüber in Streit geraten sind, ob die Tätigkeit als Privatdetektiv gerechtfertigt ist. Seiner Meinung nach braucht es mehr als einen scharfen Verstand oder ein gutes Auge, um sich als jemanden aufzuspielen, der als Ermittler Geld verdient. Eine jahrelange Ausbildung etwa.

Entschieden hebe ich die zur Faust geballte Hand, um endlich anzuklopfen, da wird die Tür nach innen aufgerissen. Würde sie in meine Richtung aufgehen, wäre sie mir wohl in voller Wucht gegen die Nase geschlagen. Die Augen vor Schreck geweitet starre ich Zabel an, der mit zusammengezogenen Brauen zu mir aufschaut. Die Falten in seinem Gesicht vertiefen sich und ich habe das ungute Gefühl, dass diese vor Gram verzerrte Miene irgendetwas mit mir zu tun hat.

„Was stehst n hier rum?", schnauzt er, wobei sein ergrauter Schnauzbart im Takt seiner Mundbewegungen erzittert. „Willste Wurzeln schlagen, oder wie? Komm endlich rein!"

Ich schnaube leise, während Zabel zur Seite tritt, um mich einzulassen und die Tür hinter mir zu schließen. Mit einem auffordernden Nicken deutet er auf den Kleiderständer rechts neben mir und ich hänge Hut sowie Mantel neben seine an einen der Haken.

„Setz dich", murmelt er.

Zabel umrundet den Schreibtisch, der im hinteren Teil seines Büros vor einem ausladenden Regal steht und von Aktenmappen sowie losen Zetteln nur so überquillt. Für seine Ordnung war er noch nie bekannt und es scheint, als gelinge es ihm selbst am Arbeitsplatz nicht, sein Zeug zumindest ein wenig zu sortieren.

Sonnenlicht fällt durch die beiden kleinen Fenster, die links von mir in die blau gestrichene Wand eingelassen sind. Langsam folge ich Zabel und lasse mich auf dem Stuhl ihm gegenüber nieder, schlage lässig ein Bein über das andere.

„Nun, was gibt es?", frage ich gedehnt.

Schwer seufzend zieht Zabel ein Zigarrenetui aus einer der Außentaschen seiner schwarzen Stoffweste, die sich über seinen breiten Oberkörper spannt. Er klappt es auf, nimmt sich eine Zigarre und steckt sie sich in den Mund, bevor er mir die metallene Büchse mit fragendem Blick entgegenhält.

Mit einem knappen Kopfschütteln lehne ich ab und warte, bis mein Freund die Zigarren wieder weggesteckt und seine mit einem kleinen Streichholz angezündet hat. Genüsslich nimmt er einen langen Zug und pustet den Qualm geräuschvoll durch den Mund aus. Eine Weile sagt keiner von uns ein Wort, bis ich ein leicht genervtes Augenrollen kaum noch unterbinden kann.

„Beantwortest du jetzt meine Frage, oder hast du mich bloß hergebeten, damit wir einander schweigend anstarren?"

Zabel stößt ein Geräusch aus, das nach einem gebrummten „Hm" klingt und die Zigarre in seinem Mund gerät in Bewegung, als er mit grummelnder Stimme zu sprechen anfängt: „Ich brauche Hilfe."

Verwundert blinzele ich ihn an, unsicher, ob ich mich verhört habe. Mein überschlagenes Bein rutscht vom anderen herunter. Hat er mich gerade ernsthaft um Unterstützung gebeten? Mich, seinen Erzfeind, wenn es um Sachen Arbeit geht? Es kommt nicht selten vor, dass wir uns bei Einsätzen über den Weg laufen und daraufhin als Konkurrenten gegenübertreten. Also was stimmt nicht mit ihm?

„Geht es dir gut?" Ich kann mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen, derweil ich mich zu ihm vorbeuge und meine Ellenbogen auf der Tischplatte abstütze. „Bist du krank oder wirklich derart verzweifelt, dass du mich um Hilfe bittest?"

[ONC 2024] Detektiv Schwarzherz und der Fall des KönigsDonde viven las historias. Descúbrelo ahora