Eine heiße Spur?

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Für weitere Untersuchungen kehren wir in die Innenstadt Westhavens zurück, die mittlerweile im alltäglichen Lärm versunken ist. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel und verströmt Licht sowie Wärme.

Drei weiteren Läden, die mitunter Kräuter verkaufen, statten wir einen Besuch ab, ohne etwas zu erreichen. In zweien davon gibt es kein Blauwurz und im anderen kam scheinbar kein Käufer vorbei, der verdächtig erschien. Wenigstens wurden uns keine unangenehmen Fragen gestellt.

Erst im vierten, einem Blumenladen, sind wir erfolgreich. Nachdem wir uns ausgewiesen haben frage ich die junge Frau mit dem dunkelblonden, zu einem wirren Zopf gebundenen Haar und den Sommersprossen, ob sie Blauwurz vorrätig hat. Tatsächlich bejaht sie, sodass ich weiter nachbohre, ob ihr in den letzten Tagen einer der Abnehmer dieses Krauts verdächtig aufgefallen ist.

„Ich weiß nicht, was Sie damit meinen, aber da war dieser Mann, einer von zweien die letzten paar Tage, die Blauwurz gekauft haben", meint sie und reibt sich mit dem Handrücken über die dreckstarrende Stirn. Sie lässt davon ab, eine große, knallorange Blume von einem kleinen Topf in einen angemesseneren umzusetzen und säubert sich die von Erde beschmierten Hände an der Schürze, die sie über ihrem olivgrünen Rock trägt. Die Ärmel ihres Oberteils sind bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt. „Er wirkte recht vornehm, ganz unüblich für diese Gegend."

Wir befinden uns in einem Gewächshaus im Hof des Hauptladens. Süße Düfte hängen in der feuchtschwülen Luft und grelles Sonnenlicht fällt durch die Glaswände, aus denen das Gebäude größtenteils besteht.

„Können Sie uns den Mann beschreiben?", fragt Zabel, der sich Schweiß mit einem Taschentuch vom Gesicht tupft. Das hier scheint nicht der richtige Ort für ihn zu sein.

Ich muss mir ein Grinsen verkneifen, als unwillkürlich das Bild Zabels mit Schürze und einer kleinen Schaufel bewaffnet vor meinem inneren Auge auftaucht, wie er exotische Pflanzen umtopft. Nein, diese Arbeit wäre wirklich nichts für ihn. Zu allem Überfluss würde er mit dem immerzu grimmigen Gesichtsausdruck und seinem Dauergrummeln wohl jegliche Kunden im Laden verscheuchen.

„Marlon?" Die Stimme meines Freundes reißt mich aus meinen Gedanken. Er sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an. „Hörst du überhaupt zu?"

„Hm? Klar", lüge ich, was zur Folge hat, dass Zabel eine seiner Brauen in die Höhe zieht. Ich seufze. „Guuut, ich war abgelenkt, entschuldige." Damit richte ich das Wort an unsere Gesprächspartnerin. „Können Sie wiederholen, was Sie gesagt haben?"

Sie nickt und liefert eine Beschreibung, die mich tatsächlich sofort stutzig werden lässt. Immer wieder nicke ich verstehend, derweil die kleine Frau mit in die Hüften gestemmten Händen vor uns steht und ihre Beobachtungen schildert. Ihre zierliche Stupsnase passt so gar nicht zu den kräftigen Armen, die der anstrengenden Gartenarbeit geschuldet sind.

„Er trug einen langen Mantel und darunter ein mit Rüschen verziertes Hemd. Zudem hielt er meist die Hände hinter dem Rücken verschränkt und diesen gerade durchgestreckt", erläutert uns die Blumenverkäuferin und schließt die Erzählung damit ab. „Wie gesagt kam er mir viel zu vornehm für diese Gegend vor, weshalb er mir wohl auch so gut im Gedächtnis geblieben ist."

„Also, ich fasse zusammen", murmelt Zabel und zwirbelt seinen Schnauzbart. „Ein älterer Mann mit dunklem, zurückgekämmtem Haar, edler Kleidung und vornehmer Haltung sowie Aussprache?"

Sie nickt bestätigend.

„Ich danke Ihnen", sagt mein Freund daraufhin abrupt und streckt ihr zum die Hand entgegen, „Sie haben uns sehr geholfen."

„Das freut mich", erwidert die junge Frau und drückt uns daraufhin nacheinander die Hand. „Sollten Sie noch irgendetwas brauchen, so scheuen Sie nicht davor mich aufzusuchen."

[ONC 2024] Detektiv Schwarzherz und der Fall des KönigsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt