Die Bürde eines Sklaven

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Ich stehe da, nicht dazu in der Lage mich zu rühren, und erwidere den steinernen Blick des Fae, während ich versuche meinen Herzschlag zu beruhigen, der vor Schreck in die Höhe geschossen ist. Amal erscheint neben mir und macht Anstalten, mich aus dem Griff zu befreien, doch ich bedeute ihr mit einer Handbewegung zurückzubleiben.

„Ihr meint es ehrlich", haucht der Fae mit Erstaunen in der Stimme, die Hände nach wie vor an meinen Wangen. Es ist, als würden sie eine Hitze durch meinen Körper senden, die seiner bisher kühlen Distanziertheit widerspricht. „Nie zuvor habe ich einen Menschen getroffen, der wirklich meint, was er sagt."

„Es gibt immer ein erstes Mal", entgegne ich fest.

Der Fae lässt von mir ab und geht ein paar Schritte zurück, sein Blick jedoch bleibt unverwandt auf mich gerichtet. Indes schwindet der silberne Schleier aus seiner Iris, die nun wieder die übliche violettgrüne Farbe der Augen seines Volkes annimmt.

„Was, also, gedenkt Ihr zu tun?", fragt er ernst.

„Den wahren Mörder finden."

Der Fae legt den Kopf schief, ohne die Miene zu verziehen. „Und Ihr meint, man würde mich entlasten, obwohl alles gegen mich spricht?"

„Ich habe mir den Tatort angeschaut", erkläre ich. „Zwar habe ich Hinweise auf das Einwirken eines Fae gefunden, doch es scheint mir aus guten Gründen unwahrscheinlich, dass tatsächlich einer mit dem Königsmord zu tun hat."

„Guten Gründen?" Die Stimme des Fae rutscht bei der Frage fast unmerklich eine Oktave höher, bevor er in der vorigen Tonlage fortfährt: „Welche Gründe solltet Ihr haben, die ausreichend beweisen, dass ich nicht der Täter bin?"

„Mir geht es nicht nur darum, Ihre Unschuld zu beweisen, sondern auch den richtigen Täter zu finden", stelle ich klar und verschränke die Arme vor der Brust, betrachte seine eingeengten Flügel, die nur noch schwach im Licht von Öllampe und Fackel zu erkennen sind. „Allerdings habe ich da schon eine Idee." Nach kurzem Zögern setze ich noch hinzu: „Sie verfügen über Mittel, mir bei der Aufklärung zur Hand zu gehen, habe ich recht?"

Schweigend sieht der Fae mich weiter an. Er macht es einem unmöglich ihn zu durchschauen, zu ergründen, was er gerade denkt oder ob er überhaupt etwas denkt. Keinerlei Gefühlsregung zeigt sich in seinem ebenmäßigen Gesicht, nur seine spitzen Ohren zucken leicht.

Was ich weiß, was ich in seinen Augen gesehen habe, scheint er jedoch ganz genau zu wissen.

Schließlich atmet er tief durch.

„Nun gut, ich vertraue Euch", meint er dann. „Und ich werde Euch helfen, den wahren Mörder zu finden. Unter einer Bedingung."

Unwillkürlich ziehe ich eine Augenbraue hoch, verkneife mir aber den Kommentar, dass, ihn hier herauszuholen, wohl Bedingung genug ist.

„Und welche ist das?"

„Mir ist egal wie", sagt der Fae darauf, „aber Ihr sorgt dafür, dass ich in mein Land zurückkehren kann."

Irritiert blinzele ich mein Gegenüber durch die Gitterstäbe an und will soeben fragen, ob er das nicht jederzeit tun kann, sobald seine Unschuld erwiesen ist, da fallen mir seine unter dem Frack gefesselten Flügel ein, die es ihm unmöglich machen, sich eigenständig seine Freiheit zu nehmen.

Gerade noch verhindere ich, dass mir meine Gesichtszüge entgleiten. Jeder in Westhaven weiß um den Fae-Bediensteten der Königsfamilie, doch niemandem scheint bewusst zu sein, dass dieser wie ein Sklave behandelt wird. Oder vielmehr schert es keinen, immerhin waren Fae in unserer Gesellschaft noch nie sonderlich hoch angesehen.

[ONC 2024] Detektiv Schwarzherz und der Fall des KönigsWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu