|14|Flammen der Vergangenheit

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Tessa

Das Chlor tritt mir in die Nase, als ich die Schwimmhalle am Nachmittag auf dem Campus betrete. Ich atme den mir vertrauten Duft ein und ich kann spüren, wie sich meine Nerven beruhigen. Tief hole ich Luft. Die Ruhe setzt ein, breitet sich in jeder Zelle meines Körpers aus und kriecht durch meine Adern.

Nach den Vorlesungen kommen die meisten Leute in die Schwimmhalle, aber trotzdem finde ich heute nur eine Hand voll Leute. Mein Plan war es eigentlich, heute Morgen bereits Schwimmen zu gehen, jedoch hatte ich die Verabredung mit Cora, also musste ich meine freiwillige Einheit verschieben.

Mein Badeanzug schmiegt sich an meinen Körper, das Geräusch meiner Flip-Flops hallt durch den Raum. Mein Gedankenkarussell hat mich den ganzen Tag in den Wahnsinn getrieben, vor allem nach dem Gespräch mit Zander, sodass ich diese Abkühlung nun bitternötig habe.

Ich ziehe mir meine Schwimmkappe über meine zusammengedrehten Haare, setze mir die Schwimmbrille auf und stelle mich auf den grauen Block am Ende des Beckens. Sobald das Wasser meine Haut berührt, hätte ich am liebsten aufgeatmet. Wie ein alter Freund heißt es mich willkommen. Als erstes werde ich mich ein bisschen warm schwimmen, bevor ich an meiner Technik und der Schnelligkeit arbeite. Somit schwimme ich zwei Bahnen im gemütlichen Tempo, bevor ich mich wieder aus dem Becken hieve.

Es fühlt sich jedes Mal so an, als würde das Wasser mich nicht gehenlassen wollen. Als würde es nach meinen Beinen greifen, mich an der Taille umschlingen und versuchen, mich bei sich zu behalten.

Erneut stelle ich mich auf den grauen Block. Ich ziehe mir meine Brille wieder über, bevor ich mich in Position bringe. Ich kontrolliere meine Atmung, bevor ich abspringe und ins Wasser tauche.

All meine Gedanken verstummen. Herrliche Stille empfängt mich. Für einen Moment lasse ich mich treiben, gleite mühelos durchs Wasser. Ich vergesse, dass ich meine Zeit verbessern wollte und bleibe einige Sekunden länger unter Wasser als nötig. Ich genieße die Schwerelosigkeit und das Geräusch, welches meine Arme machen, wenn sie sich unter Wasser bewegen. Ich liebe das Prickeln auf meiner Haut, wenn die Bläschen aufsteigen.

Und dann kommt der Moment. Der Moment, in welchem deine Lungen anfangen zu kämpfen, der Herzschlag sich beschleunigt, bis er so laut ist, dass du dein Herz unter Wasser hören kannst. Deine Brust beginnt zu brennen.

Ich stoße mich mit den Füßen vom Boden ab und schwimme zurück an die Oberfläche.

Tief atme ich aus, als die frische Luft in meine Lungen strömt. Dann spanne ich alles in mir an, um ans andere Ende zu schwimmen.

Mit kräftigen Zügen komme ich wieder beim grauen Block an und klatsche die Wand ab.

Ich bleibe eine Weile am Beckenrand hängen, um durch zu schnaufen. Außerdem bin ich noch nicht bereit, das kühle Nass wieder zu verlassen. Wenn auch nur für wenige Sekunden.

Trotzdem lasse ich mich irgendwann aus dem Wasser gleiten und beziehe wieder Stellung, um erneut ins Wasser zu springen.

Diesmal tauche ich ins Wasser und lasse meinen Körper übernehmen. Mein Kopf schaltet vollkommen ab, die Bewegungen sind mir schon ins Blut übergegangen. Ich komme wieder an der Oberfläche an. Innerhalb weniger Sekunden komme ich an die gegenüberliegende Wand, tauche ab und vollführe die Wendung, jedoch tauchen auf einmal Bilder von Zander vor meinem inneren Auge auf. Und wenn das nicht genug ist, spüre ich auch noch seine Lippen wieder auf meinen. Wie er mich am Hinterkopf gepackt hat und wie seine Zunge immer wieder in meinen Mund gestoßen ist. Wie er mich wahnsinnig gemacht hat mit seinen Neckereien.

Nur aus Mitleid...

Ich verliere die Orientierung und strampele mit Armen und Beinen, um an die Oberfläche zu gelangen.

One KissWhere stories live. Discover now