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„Soll ich dir Gesellschaft leisten?" Meine fleischgewordene Wattpad-Fantasie stand neben mir und grinste mich breit an. „Ich hätte Zeit."

„Ich dachte, du wärst zurückgegangen?", presste ich zwischen den Zähnen hervor.

„Neeee", zog er die Antwort in die Länge und vergrub die Hände in den Hosentaschen.

Zu schade.

„Und wo bist du dann gewesen?"

„Hier und da." Elias hatte den Blick auf den Steinboden gerichtet und kickte gerade einen kleinen Kiesel in einen Busch hinter dem Wartehäuschen. Als er jetzt den Kopf anhob, hingen ihm seine verstrubbelten Haare in der Stirn. Mit einer schnellen Kopfbewegung wischte er sie beiseite. „Aber du scheinst wirklich die Einzige zu sein, die mich sehen und hören kann, Phi."

„Und da dachtest du, kommst du zurück?"

Wieder grinste er. „Hammer Idee, oder?"

„Es geht so", sagte ich und lächelte gezwungen.

„Ach komm schon." Vollkommen selbstverständlich glitt er neben mich auf die Bank und stupste mich mit der Schulter an. „Gib doch einfach zu, dass du mich vermisst hast."

„Das hättest du wohl gerne."

„Ich weiß es." Jetzt zupfte er an einer meiner Locken. „Ich hab dich jedenfalls vermisst. Wir hatten doch eine gute Zeit miteinander."

„Mich auf meinem Geburtstag so sehr zur Weißglut treiben und nerven, dass ich nur einen einzigen Ausweg sehe und mich mit Alkohol abschieße, empfindest du als gute Zeit?" Skeptisch hob ich die rechte Augenbraue und sah ihn von der Seite an. „Wir sollten dringend an deinem Urteilsvermögen arbeiten, Elias."

„Ich bin für alles offen", erwiderte er und wackelte mit den Augenbrauen. „Wenn du dabei nur deine Unterwäsche trägst."

Er spielte auf die Aktion mit seinem Hoodie an, was mich unwillkürlich zum Lächeln brachte. „Kommst du nicht drüber hinweg, was?", grinste ich.

„Oh nein." Sachte stieß er mich nochmal mit der Schulter an. „Ich kriege das Bild einfach nicht mehr aus dem Kopf, Phi", raunte er an meinem Ohr. „Das hat mich scharf gemacht."

„Pffft", machte ich und verdrehte die Augen. „Du solltest es schnell vergessen, denn so etwas wirst du nie wieder zu Gesicht bekommen."

„Verdammt."

„Was?"

„Das ist pure Verschwendung." Elias hatte sich zu mir gedreht und wickelte gerade seinen Zeigefinger um eine meiner widerspenstigen Locken. Sein Blick war dabei nachdenklich auf mein Ohrläppchen gerichtet. Fast schon konnte ich ihn auf meiner Haut spüren, wie eine zarte Berührung oder einen heißen Hauch, der mir verheißungsvoll über die Stelle strich. Ich erschauderte. „Verschwendung, Phi", wiederholte er leise.

„Was?", wisperte ich. Ich hatte komplett vergessen, worum es hier gerade eigentlich ging.

„Dass du deinen heißen Körper in diese riesigen, unförmigen Zelte hüllst, die du Shirts nennst." Sein Handrücken berührte meine Wange und sendete ein Prickeln durch meinen gesamten Körper.

Ich konnte nichts dagegen tun, dass ich seufzend die Augen schloss. „Hmmm." Wenn jetzt jemand kam und mich sehen würde, wie ich einsam und verlassen in einem Wartehäuschen saß und auf den nächsten Bus wartete, während ich vor Verzückung stöhnte – dann hilf mir Gott.

„Auch das macht mich an", flüsterte er. „Das Geräusch, das du von dir gibst, wenn ich das hier mache." Wie zarte Schmetterlingsflügel strichen seine Fingerspitzen über mein Kinn und fuhren meine Wange entlang bis hin zu meinem Ohrläppchen, wo sie sich mit seinem Atem vermischten. „Mach das nochmal."

„Hmmm", kam es wieder über meine Lippen.

Ehrlich, wie konnte eine bloße Fantasie nur solche Gefühle in mir auslösen? Ich war komplett verrückt geworden und sollte dringend mit einem Psycho-Arzt darüber reden.

„Oh ja", raunte er wieder. „Mich wirst du nicht mehr los, Phi."

Dieses Versprechen ließ mich erschrocken die Augen aufreißen und ein Stück zurückweichen. „Lass das", zickte ich ihn an und schlug ihm mein Haar aus der Hand. „Ich mag das nicht." Damit drehte ich mich weg und lehnte den Rücken an die Glasscheibe des Wartehäuschen.

Elias lachte leise. „Da sendet dein Körper aber vollkommen andere Signale."

„Du solltest wieder verschwinden", zischte ich. Jetzt verschränkte ich die Arme vor der Brust und schlug die Beine übereinander, damit er deutlich an meiner Körpersprache ablesen konnte, was ich von ihm hielt. Nämlich nichts. Ich wollte endlich meinen Kopf wieder für mich allein haben.

„Du kannst es leugnen, soviel du willst, Phi, aber ich weiß, dass ich der Traum deiner schlaflosen Nächte bin", sagte er und grinste. „Du stehst auf mich, ob du das nun zugibst oder nicht."

„Ich warte hier nur auf den nächsten Bus", informierte ich ihn knapp, um das Thema zu wechseln. Ganz sicher würde ich mir von einem aufgeblasenen Bookboyfriend nicht sagen lassen, wie es um mein Gefühlsleben bestellt war.

„Der Bus ist doch gerade erst weg." Zumindest ließ er sich von seinen bescheuerten Vermutungen ablenken.

Ich zuckte mit den Schultern. „Mein Geschichtslehrer hat mich aufgehalten."

Seine Augen wurden groß. „Und jetzt willst du hier so lang sitzen und warten, bis der nächste Bus kommt?"

„Sieht ganz so aus." Ich deutete auf meinen Rucksack und legte mir die nächste Ausrede zurecht, weswegen ich dieses Gespräch unbedingt beenden musste. „Ich kann in der Zeit ja schonmal auf Wattpad nachlesen, wie man dich am besten wieder loswird."

Doch Elias ließ sich nicht so schnell verunsichern. Bei seinem riesigen Ego hätte es mich irgendwie auch enttäuscht. Er zwinkerte mir zu. „Du könntest auch einfach mit mir zurücklaufen, Phi, das könnte episch werden."

Könnte ich.

Tat ich aber nicht.

„Ich finde Busfahren sehr entspannend."

„Ehrlich?"

Nein, absolut nicht. Ich hasste es. Aber was hätte ich sonst sagen sollen, damit er endlich aufgab und verschwand?


~ 876 Wörter

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⏰ Última atualização: Mar 18 ⏰

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