Kapitel 3

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„Gil!!! Gil, mach deine Augen auf!" Legolas eindringliche Stimme drang in mein Gehirn. Mühevoll befolgte ich den Anweisungen. Mit Sorgenfalten schaute er mir in die Augen. Alles um mich herum wackelte, außer der blonde Elb – trug er mich? Lange konnte ich meine Augen nicht geöffnet halten. Die Dunkelheit umfing mich wieder.

Das nächste, woran ich mich erinnerte, war ein unendlich bequemes Bett, ein sanfter Duft ... und ein stechender Schmerz in der Schulter. Mein Schmerzensschrei erfüllte die Stille. Die Tür wurde geräuschvoll aufgestoßen und mir fremde Elben betraten den Raum. Allesamt waren blond und wunderschön anzuschauen. Zuletzt erblickte ich Legolas mit seinem versteinerten Gesicht.

Galadriel – eine Elbin mir wohl bekannt, setzte sich zu mir ans Bett. Es brauchte mir keiner zu sagen, wo ich war – im Reich der Herrin Galadriel – Lothlorien.

„Gilenya, ich hätte dich gerne unter erfreulicheren Bedienungen wiedergesehen." Ihr sanftes lächeln versiegte, ihre Stimme verstummte. In meinen Gedanken hörte ich sie.

'Gandalf ist in den Schatten gefallen. Er wird euch nicht mehr begleiten. '

„Was? Nein!" Tränen der Trauer, Schmerzen und Verzweiflung vermischten sich. Das war mir sehr unangenehm vor all den Männern, doch mein Gefühlsausbruch störte sich nicht daran. Die Elben rümpften über solche Eigenheiten die Nase – da würde das menschliche in uns Halbelben durchkommen. Erstaunlicherweise bahnte sich mein Freund einen Weg zu mir und hielt mich vorsichtig in einer Umarmung. „Es ist nicht deine schuld!" erleichtert atmete ich aus, was ihn veranlasste mich wieder loszulassen. „Ich komme später wieder." verabschiedete er sich.

Abgesehen von den Heilern verabschiedeten sich die Gäste aus meinem Zimmer.

Orophin hieß der hübsche blonde Elb, welcher meine Schulter neu verband.

„Ihr habt uns einen Schrecken eingejagt. Das Gift vom Orkpfeil verteilte sich bereits in Eurer Blutbahn. Ohne dem Blut vom Prinzen hätte Euer Leben ein jähes Ende gefunden. Er hat viel auf sich genommen, erzählte mir mein Bruder."

verwundert sah ich ihn an. „Was meint ihr?" ich wollte einfach alles wissen.

„Haldir, der Hauptmann Lothloriens ist mein Bruder und empfing den Prinzen und die restliche Gemeinschaft. Legolas hat Euch getragen und ließ es sich auch nicht nehmen, Euch den restlichen Weg zu tragen. Seine Kräfte waren versiegt, doch ohne mit der Wimper zu zucken, gab er Euch sein Blut – Eure Rettung."

Orophin unterhielt sich noch ein wenig mit mir und brachte mich auf den neusten Stand. Durch den Tod Gandalfs schwand die Hoffnung zusehends, hörte ich aus dem Bericht des Heilers heraus. Seine Pflicht verlangte nach ihm und so musste er mich allein zurücklassen.

Ruhelos erkundete ich mein Zimmer und fand die frischen Sachen, die man mir zurechtlegte. Ein weißes Kleid, für die Zeit, die wir hier verbrachten und Reisekleidung, wenn ich diesen wundervollen Ort wieder verlassen würde. Der helle Stoff schmiegte sich sanft an meinen Körper.

Stufe um Stufe ging ich langsam hinunter zu meinen Gefährten, welche ich vom Baumhaus aus erspähen konnte. Boromir bemerkte mich als erstes und sprang auf die Beine. Merry und Pippin rannten auf mich zu, freudestrahlend und fest umarmend. „Gilenya, du bist wieder gesund!" Scheinbar hatte Legolas ihnen noch nicht berichtet ... wo war er überhaupt?

Frodo und Sam begrüßten mich etwas gesitteter, im Gegensatz zu Aragorn. Mein Menschenfreund war sehr aufgewühlt und hielt mich fest an sich gedrückt. Boromir klopfte mir lediglich anerkennend auf die Schulter. „Gut wieder einen weniger arroganten Elben unter uns zu haben." scherzte er milde.

„Wo ist er?" fragte ich Aragorn leise. Mit einer Kopfbewegung deutete er mir den Weg.

Langsam wand ich mich zum Gehen um, als mich überraschenderweise der Zwerg aufhielt.

„Gilenya ... Ihr solltet wissen ... Legolas hat das sehr zu schaffen gemacht! Er macht sich große Vorwürfe ... es frisst ihn regelrecht auf."

Seine Worte ... die Worte eines Zwerges brachten mich um meine Fassung. Schnelleren Schrittes lief ich in die Richtung, die mir Aragorn wies. Es tat wahrlich gut, zu wissen, dass dem Prinzen was an mir lag. Tatsächlich wurden mir so manche Botschaften erst jetzt richtig bewusst, wenn ich sie nicht fehlinterpretierte.

Ich verlangsamte meinen Schritt, als ich sirrende Pfeile vernahm. Das tat er öfter, seine Gefühle auf seinen Bogen übertragen.

„Legolas?" fragte ich leise in den Wald hinein, wissend, dass er mich hören würde und seine Aktivität unterbrechen würde.

Seine Schritte nährten sich mir – er kam meiner Stimme entgegen.

„Sollst du wirklich schon umherwandern? Du brauchst Ruhe!" er klang streng, aber auch fürsorglich.

„Ich schätze wir sollten uns beide ausruhen ... du siehst erschöpft aus, mein Freund."

„Es waren harte Zeiten." vorsichtig zog er mich in seine Arme. Wir verweilten sehr lange so – außergewöhnlich lang.

„Du hast mein Leben gerettet." murmelte ich in seine Schulter. Er erwiderte nichts außer ein sanftes Schnauben.

„Legolas ... meine Verletzung ... sie heilt gut ... lasst mich nicht zurück!" flehte ich ihn an, denn seine Absichten waren mir bewusst. Der Prinz rückte so weit von mir ab, dass er mir ins Gesicht blicken konnte.

„Du bleibst hier! Zu deiner Sicherheit! Du willst das nicht hören ... ich weiß ... deswegen betrachte das als einen direkten Befehl von mir!"

Seine Stirn legte sich an meiner. Mir wurde bewusst, dass sich unsere Wege erneut trennten und die Valar selbst nur wusste, ob oder im besten Fall – wann wir uns wiedersehen. Meine Trauer nicht mehr verbergend, liefen verzweifelte Tränen die Wange hinunter. Der Kloß im Hals wurde immer größer – meine Worte blieben regelrecht im Hals stecken.

Zu meiner Überraschung nährte sich der blonde Elb meinem Gesicht. Wollte er mich küssen?

Kurz bevor unsere Lippen sich berührten murmelte er: „Vielleicht ..., wenn wir uns wiedersehen." und wand sich mit gesenktem Blick von mir ab.

Verwirrt und mit einem komischen Gefühl im Magen blieb ich zurück.

Zu allem Überfluss ließen die betäubenden Kräuter nach und die Schmerzen übermannten mich. Wie ein verletztes Reh sackte ich wimmernd in das goldgelbe Laub zu Boden. Doch irgendjemand stützte mich und hielt meinen Kopf, bevor dieser ebenfalls auf den Untergrund treffen würde. Zarte Finger strichen mein Haar zu Seite und wischten die Tränenspur fort. Ich erkannte die Elbin mit dem goldbraunen Haar – sie war eine von den Heilern, die sich um meine Wunde kümmerten. Ihre Hände verströmten Wärme, die sich in meinen ganzen Körper breit machte. „Habt dank!" flüsterte ich mit müden Augen.

„Ihr habt Euch überanstrengt, Kriegerin!" sie klang tadelnd aber mit einer wärme in der Stimme. Vorsichtig legte sie meinen Kopf ab und ging fort, um einen Augenblick später mit einem männlichen Begleiter zurückzukehren. Das konnte ich nur an der Stimme ausmachen, da meine Augen sich nicht mehr überzeugen ließen und ihren Dienst verweigerten.

„Liebste, sollte ich nicht lieber den Prinzen holen...?" fragte die männliche Stimme unsicher.

„Nein ... ich habe etwas von ihrem Gespräch mitbekommen... ich will nicht, dass sie wieder aufeinander treffen ... diesen Umstand verdanken wir ihren Zustand. Auch dem Prinzen geht es schlecht – er hadert mit sich und seinen Gefühlen... Du weißt Haldir, ich bin die Letzte die nicht gerne zwei Liebende zusammenbringt. Die beiden .... sind noch nicht so weit. Ich hoffe, dass ihnen noch Zeit bleibt – zu diesen schweren Zeiten!"

Mein Körper wurde vorsichtig hochgehoben – schlaff und ohne Gegenwehr trug man mich fort.

„Wo bringe ich sie hin Naira?"

„In mein Gemach."

DU hast die Wahl (Legolas/Eomér FF)Where stories live. Discover now