2

4.6K 308 10
                                    

„Ich kann nicht mehr! Ich will nicht mehr und ich habe Angst. Es ist einfach nur mega dunkel hier unten und ich glaube ich würde doch lieber ins Gefängnis gehen. Dort ist es wenigstens wärmer!",beklagt sich Kristina obwohl es genau ihre Idee war uns hier zuverstecken.


Ich antworte: „Du wolltest doch dass wir hier her kommen. Und es wird auch nicht für lange sein also beruhig dich mal. So schlimm ist es gar nicht. Denk daran, die Angst ist nur Einbildung."


„Wir hätten es nicht tun sollen. Das Geld ist es doch nicht Wert",meldet sich das erste mal seit langem Elija zu Wort.


Ich bleibe ruhig: „Es war deine Idee. Du hast selbst gesagt, dass du so nicht mehr weiter leben kannst wie es jetzt ist. Die Schulden,die Miete, hättest du alles nicht bezahlen können. Entspannt euch."


Auf einmal bleibt Alessandro stehen und starrt nur mehr einen einzigen Punkt an der Wand an, den er mit seiner Taschenlampe beleuchtet.


Ich frage: „Was ist los?"


Doch er antwortet erst nach einer langen Stille im flüster ton:„Machen wir hier eine Pause. Wir sind genug gelaufen."


„Boa na endlich. Meine Schuhe bringen mich um!", meldet sich Kristina und lässt sich auf den kalten Steinboden nieder. Genauso wie sie machen es auch die anderen.


Wir öffnen unser Dosenfutter und beginnen eifrig zu löffeln. Nur Alessandro ist die gesamte Zeit unruhig und blickt sich unsicher um.Immer wieder nimmt er seine Taschenlampe und leuchtet um uns herum.


Ich blicke ihn besorgt an, doch er zuckt nur mit den Schultern und sagt, dass alles okay sei.


Die Stimmung ist angespannt. Keiner sagt auch nur ein Wort. Timo zählt im Schein seiner Lampe das Geld, das wir ergattert haben.Kristina sitzt angelehnt an der Wand und hat die Augen geschlossen.Elija starrt nur unwohl in die Luft und Alessandro kann nicht stillsitzen.


Der Überfall liegt jedem schwer auf der Seele. Es ist wie ein großer Stein, der uns mit nach unten zieht nur, dass wir schon ganz unten angekommen sind.


Ich versuche die Stimmung zu lockern, indem ich unser altes Lied singe. Ein Lied, mit dem jeder einzelne von uns so viele Erinnerungen verbindet, wie keiner. Es hatte uns durch unser ganzes Leben begleitet.


In den Gängen der Katakomben hallt meine Stimme noch lange weiter.Meine Freunde blicken auf und sehen mich an. Kristina stimmt als nächste mit ein, gefolgt von Timo und Elija. Alessandro bleibt stumm, doch hat nun ein kleines Lächeln auf den Lippen.


Die Geschichte des Liedes ist gleichzeitig die Geschichte wie wir uns alle kennen lernten und die Liebesgeschichte von Alessandro und mir.

Ich kann mich noch daran erinnern, dass es gestürmt hatte und dass ich aus dem Zimmer meiner Eltern wie fast jede Nacht schreie vernahm.Nie hatte ich meine Mutter danach gefragt, doch jeden Morgen sah ich immer wieder neue Wunden auf ihrem einst wunderschönen Körper.


In dieser Nacht jedoch war etwas anders. Meine Mutter schrie nach Hilfe. Sie tat so etwas nie. Ich eilte so schnell wie ich nur konnte zu ihr, doch als ich ins Zimmer kam, schickte sie mich Tränenüberströmt weg. Sie schrie „geh, geh und komm morgen erst wieder!"

Ich tat genau das. Ich rannte hinaus, in den strömenden Regen. Zu der Zeit war ich 6 und noch zu klein um zu verstehen war vorging.


Ich kann mich noch Erinnern dass ich den Donner im Hintergrund hörte,als ich so schnell wie ich nur konnte zu dem verfallenen Haus auf der Wiese lief. Dort war ich immer, wenn ich aufgebracht war und normalerweise war ich da auch immer allein.


Nicht dieses mal. Als ich ankam war dort schon ein anderes Mädchen,das genauso ängstlich war wie ich. Dieses Mädchen war Kristina. Sie war zu dieser Zeit fünf und lebte in meiner Nachbarschaft, doch gesehen hatte ich sie nie. Tatsächlich hatte sie eine ganz ähnliche Geschichte wie ich, weshalb sie zu diesem Ort gekommen war.


Man könnte es Zufall/ Schicksal oder auch Bestimmung nennen. Das ist jedem selbst überlassen. Doch genau in jener Nacht, in der Kristina und ich uns kennen lernten und zusammen weinten, hörten wir die schreie von drei weiteren Kindern.


Entgegen unserer Angst wollten wir herausfinden warum die Kinder schrien und somit machten wir uns auf den Weg. Da sahen wir das erste mal Elija, wie er an einem Gebüsch hängen geblieben war und nicht mehr heraus kam. Da sahen wir das erste mal Timo und Alessandro die versuchten ihm zu helfen.


Schon damals waren die beiden die besten Freunde. Und so lernten auch wir alle uns kennen und waren von dem Tag an unzertrennlich.


Das Lied fing an dem Tag an uns zu verfolgen, denn wir hörten es,als wir im Zimmer von Timo saßen, im Radio.


Als das Lied zu Ende gesungen ist, lächeln wir uns alle an und die Spannung zwischen uns ist gebrochen.


 Doch keiner von uns kann ja wissen, dass einige Kilometer weiter entfernt in den Gängen noch etwas ist, das mit einem einem bösen lächeln unserem Gesang gelauscht hat.


Experiment L1F33Where stories live. Discover now