Ahora no puedo hablar contigo

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Ich bedankte mich freundlich bei dem Bochumer Taxifahrer, als er mich Montagmorgen um 08.10 Uhr am Hauptbahnhof absetzte. Ich schnellte zu dem Abfahrtsgleis und erschauderte, als mir der kalte Wind um die Ohren blies. Es war mittlerweile November geworden. Um der Kälte zu trotzen hatten einige Bahnreisende bereits Mützen auf und dicke Daunenjacken angezogen. Ich musste schmunzeln, da ich noch vor einigen Tagen mit einem Kleid und ohne Winterjacke am Rheinufer gestanden hatte.
Wenige Augenblicke später fuhr der Regionalexpress nach Düsseldorf ein. Ich half einer alten Dame ihren Rollator in den Zug zu hieven und setzte mich anschließend auf einen der freien Viererplätze im unteren Abteil des Zuges. Ich fischte meine Kopfhörer aus meiner Jackentasche, stöpselte sie in mein Handy und schaltete das Radio ein. Es vibrierte in meiner Hand. Tomás.
„Ich freu mich auf dich", las ich leise und schmunzelte. Nachdem ich seine Nummer Samstag durch Zufall in meinem Portemonnaie gefunden hatte, schrieben wir fast ununterbrochen.
„Ich mich auch", schrieb ich lächelnd.
Sofort bekam ich eine Antwort.
„Ich bin um 9 am Haupteingang. Frühstück im Hotel i.O.?"
„Aber sicher!"
„Wunderbar, bis gleich!"
Zufrieden sah ich aus dem Fenster und genoss den Anblick der Felder und Dörfer.
Am Duisburger Hauptbahnhof setzten sich zwei junge Mädchen zu mir.
„Oh Gott, wie süß er ist! Guck dir das mal an!", hörte ich die Brünette sagen, „wie süüüüüüüß!"
„Oh mein Gott, hier!", meinte die Blonde und zeigte auf ihr Handydisplay, „scheiß egal, dass er 38 ist! Der sieht viel jünger aus!"
Bei dem Alter wurde ich hellhörig. Unauffällig drehte ich die Radiomusik leiser.
„Ich bin so froh, dass wir noch Karten für die Silvestersause in Düsseldorf bekommen haben!"
„Und ich erst! Das wird der Hammer!"
„Lass uns eher hinfahren, dann stehen wir in der ersten Reihe!"
„Oh ja", freute sich die Brünette, „vielleicht können wir ja dann auch backstage! Lass richtig aufhübschen! Kannst dich dann ja an Samu ranschmeißen; er steht ja total auf Blondinen! Vielleicht ist das deine Chance!"
Ich zog die Augenbrauen hoch. Silvestersause in Düsseldorf? Mit Samu? Wann hatte ich den Termin vereinbart?
„Entschuldigt, wenn ich störe", begann ich vorsichtig, „aber redet ihr von Sunrise Avenue?"
„Aber natürlich, was denkst du denn?", fragte die Blonde.
„Ich wollte mich nur versichern, dass ihr wirklich den Samu meint", antwortete ich.
„Aber natürlich. Er ist so toll!"
„Ja! Wir lieben seine Musik!"
„Und er sieht so gut aus", lächelte die Blondine verschmitzt.
Ich rollte mit den Augen, drehte das Radio wieder lauter und öffnete das Nachrichtenfenster mit Samu.
„Hier sind zwei Mädels ganz verrückt nach dir. Die wollen an Silvester backstage kommen - Wusste gar nicht, dass ihr Silvester am Rheinufer auftretet?", schrieb ich.
Die Mädels schnatterten ununterbrochen und hatten nicht bemerkt, dass ich ihnen schon nicht mehr zuhörte. Immer wieder hörte ich ein Seufzen von der Brünetten.
„Tonhalle. Termin ist old. Hat deine Vorgänger noch gemacht", schrieb Samu, ohne auf die Fans einzugehen, „wann soll ich dich holen?"
„Gar nicht. Ich komme direkt zum Hotel und frühstücke dann mit Tomás."
Verdammt.
Ich hatte Samu total vergessen. Er wollte sich für sein schlechtes Verhalten revanchieren. Das ganze Wochenende hatte er krampfhaft versucht, ein Gespräch zu erzwingen. Ich hatte jedoch immer nur sehr kurz geantwortet. Wenn überhaupt.
„Ich habe versprochen. Wann bist du da?"
„Ich komm zum Hotel, danke trotzdem <3", antwortete ich schnell und steckte mein Handy zurück in die Tasche.
Sofort rief er an.
„Ahora no puedo hablar contigo. Los fans están todavía aquí", flüsterte ich und schielte die Samu-Fans an. Sie waren noch immer total beschäftigt und unterhielten sich angeregt über Samus Aussehen.
„Ah, vale", sagte er, „ich komme um 9, ok?"
„Tomás holt mich ab. Du musst nicht extra kommen. Außerdem hast du kein Auto."
Ich vermied es, seinen Namen zu sagen.
„But I have a rental car? Ich habe versprochen, Emma. Ich hol dich. Don't argue!"
„Du kannst das Taxi zum Flughafen bezahlen, was hälst du davon? Als Revanche?", fragte ich.
„Ok. Aber really!", lachte Samu, „können wir reden, wenn du zurück bist von die date mit Tomás?"
„Es ist kein Date, nur ein Frühstück."
„Sure?"
Ich überlegte kurz. Ja. Eigentlich war ich mir sicher.
„Ich bin mir sicher, ja."
„Ok. Wir sehen uns dann in die Lobby? Um 11.00 Uhr?"
„Spätestens, ja."
„All right. Freue mich, dich zu sehen."
Ich wollte mich distanzieren und ging nicht auf ihn ein.
„Ja, bis dann!", sagte ich freundlich und legte auf.


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