24.Kapitel

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Nach dieser Dramatischen Szene löste sich die Tischgesellschaft auf. Und an diesem Abend ging keiner mehr in den Salon um Karten zu spielen oder sich zu unterhalten.
Als ich nach oben ging, wollte ich noch einmal nach Anna sehen. Doch wieder fand ich ihre Tür verschlossen vor. Kein Laut war zu hören und kein Licht war durch den Türschlitz zu erkennen. Und auch auf meine Fragen reagierte sie nicht..."

"Ging es ihr gut?" Fragte Charlotte und lehnte sich in ihrem Sessel noch weiter vor, sodass ich Angst bekam, dass sie rausfallen könnte. Eine Weile starrte ich hinaus in den dunklen Himmel. "Es ging ihr nicht besonders gut... Denn schließlich hatte ihr Vater über ihren Kopf hinweg entschieden, dass ihr großer Traum nicht wahr werden würde. Denn sie hatte gehofft, dass er ja sagen würde wenn Miss Bunting und Dr Johnson dabei sein würden..."

Traurig sah Charlotte mich an, "haben damals alle Väter so über ihre Töchter entschieden?"
Ich schüttelte den Kopf, "nein natürlich nicht. Obwohl dies in vielen Familien so üblich war. Doch ein gutes Beispiel für einen Vater der anders handelte war mein eigener Vater. Er hat mir nie etwas verboten und mich immer bei allem Unterstützt. Denn er wusste, dass man nur glücklich werden kann wenn man seine Träume erfüllt..."

"Und sind deine Träume wahr geworden?" Fragte Charlotte mich und warf mir einen unsicheren Blick zu.
"Sogar mehr als das. Ich hatte in meinem Leben mehr Glück, als ich je zu hoffen gewagt hätte. Und das größte Glück von allen war dein Großvater..."
Seelig lächelte Charlotte mich an und fragte nachdenklich "glaubst du, dass ich auch einmal so glücklich werde..."

"Davon bin ich fest überzeugt" antwortete ich ohne zu zögern, "du bist eine richtige Bentley und das bedeutet, dass du für dein Glück kämpfen wirst."

Dankbar lächelte meine Enkelin mir zu.
"Wie ging es nun eigentlich mit Anna weiter? Hat sie doch noch als Krankenschwester gearbeitet?"
"Ja natürlich, hat sie ihren Willen durchgesetzt... Aber lass mich dir die ganze Geschichte erzählen.

Am nächsten Morgen erschien Anna nicht zum Frühstück. Und sie ließ nicht einmal ihre Kammerzofe zu sich hinein. Auch George hatte keine Chance und ich erst recht nicht. Als wir gegen Mittag immer noch kein Lebenszeichen von ihr vernahmen, begannen George und ich mir Sorgen zu machen. Doch zunächst erzählten wir dem Lord Nichts, da dies seine Wut nur noch schüren würde.

Stattdessen schlich ich mich am Vormittag hinunter in die Küchenräume. Es schien mir schon eine Ewigkeit her zu sein, dass ich gemeinsam mit Evelyn und den anderen hier unten gelebt und gearbeitet hatte. Doch hier unten hatte sich Nichts verändert, außer dass kaum noch ein Diener zu sehen war.

Wie immer herrschte geschäftliches Treiben, sodass ich mich vollkommen nutzlos und fehl am Platze fühlte. Wenn die Mädchen durch die Gänge eilten, machten sie einen Bogen um mich und knicksten höflich. Und ich konnte nicht umhin kommen, mich wie ein Eindringling zu fühlen.

Ich war auf der Suche nach der Haushälterin, denn ich wusste, dass sie einen Zweitschlüssel für jeden Raum im Haus besaß.

***

"Wie kann ich ihnen helfen my Lady?" Fragte sie höflich, als ich sie gefunden hatte.
"Es tut mir leid, dass ich sie stören muss. Doch ich mache mir Sorgen um Lady Anna. Seit gestern Abend hat keiner sie gesehen und sie hat niemanden in ihr Zimmer gelassen. Deshalb wollte ich nachsehen, ob es ihr gut geht... Würden sie mir bitte ihren Schlüssel ausleihen?"

Natürlich stimmte sie zu und begleitete mich höchstpersönlich nach oben. George hatte ungeduldig vor der Tür gewartet.

Als die Tür sich öffnete, herrschte noch immer stille. Vorsichtig betraten wir den Raum. Doch keine Spur von Anna. Der Raum war leer...

Lady Bentley von Highclere Castle Teil IIWhere stories live. Discover now