30.Kapitel

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"Also wie ging es nun weiter" fragte Charlotte am nächsten Morgen ganz begierig.

"Der Aufenthalt bei meinen Eltern, zeigte mir, dass es noch ein anderes Leben gab, weit weg vom Luxus. Bereits nach zwei Tagen sehnte ich mich nach Highclere Castle zurück, wo alles so viel angenehmer war. Doch ich sagte mir, dass ich durchhalten musste...

Jeden Morgen stand ich weit vor Sonnenaufgang auf und ging mit meiner Schwester Anna in den Stall, um die Kühe zu melken. Es war harte Arbeit und meine Finger schmerzten, als hätte jemand mit einem Messer hinein geschnitten. Die Nächte waren eisig und im Haus war es bitterkalt. Und auch das Essen war ganz anders als ich es gewohnt war. Doch es tat mir gut Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Alle waren freundlich und ich musste mir keine Sorgen darüber machen, ob sie mich wirklich mochten oder es mir einfach nur vorspielten.

Als ich an einem Morgen mit Schlammbespritzten Kleid aus dem Stall kam, erblickte ich einen Besucher, mit dem ich nicht gerechnet hatte.

George stand mitten auf dem Hof. Er sah schöner aus, als je zuvor. Doch vielleicht lag das auch daran, dass ich einige Wochen lang keinen gepflegten und hübschen Mann gesehen hatte.
George schien es nichts auszumachen, dass ich schmutzig war und eine gefühlte halbe Ewigkeit nicht gebadet hatte. Er schloss mich fest in die Arme und flüsterte: "ich habe dich vermisst..." "Und ich dich" murmelte ich und hatte mühe die Tränen zu unterdrücken.
"Warum bist du hergekommen" fragte ich und blickte ihm tief in die Augen.

"Du musst mit mir nach Highclere Castle zurückkehren" murmelte George und nahm mich erneut in die Arme. Glücklich schnupperte ich an ihm "natürlich komme ich wieder mit zurück, Aber warum so plötzlich?"

George seufzte und drückte mich fester an sich. "Meine Mutter möchte, dass wir Highclere Castle verlassen. Und sie hofft, dass du meinen Vater davon überzeugen kannst, dass es das richtige ist..."

"Hatte Lady Catherine ihrem Mann nichts zu sagen?" Wollte Charlotte wissen, die mir wie gebannt gelauscht hatte.

"Ich weiß nicht genau, warum Robert eher auf seine Schwiegertochter hörte als auf seine Frau" gab ich zu. "Vielleicht liegt es an seiner Erziehung. In der gehobenen Gesellschaft hatte die Frau wenig zu sagen und der Mann bestimmte alles. Und Robert hielt an diesen Traditionen fest.

Vielleicht ließ er sich von mir überzeugen, weil ich eine junge Frau war, die wie ein Mann für ihre Überzeugungen eintrat und wenn es sein musste auch dafür kämpfte... Im Gegensatz zu mir hatte Catherine weit weniger Durchsetzungsvermögen. Und sie hatte immer brav die Rolle gespielt, die die Gesellschaft ihr von klein auf aufgezwungen hatte."

"Es ist traurig" murmelte meine Enkelin und spielte mit ihrer silbernen Halskette.
"Was ist traurig? Meine Liebe?" Es viel mir schwer ihren Gedankengängen zu folgen, da ich vom vielen erzählen müde und erschöpft war.

Charlotte seufzte: "dass eine Frau nicht mal ihrem Mann wichtig genug war, dass er auf ihr Urteil vertraute."

George war nie so gewesen, er hatte mir immer vertraut egal in was für einer schwierigen Situation wir waren. Doch ich wusste auch von anderen jungen Männern, die ihre Frauen behandelt hatten wie Robert Catherine... Denn es hat lange gedauert, bis sich die Rolle der Frau in der Gesellschaft geändert hatte und die Männer dies akzeptierten.

"Damals waren Frauen nur zur dekoration gedacht, wie ein Haus. Und natürlich um einen Erben zu gebären..."

Ich sah, wie Charlotte diese Vorstellung aneekelte. Kurz schüttelte sie sich, wie ein Hund der Wasser aus seinem Fell schüttelt. Dann sagte sie: "erzählst du mir morgen, wie es weiterging? Und ob du Robert überzeugen konntest?"

Lady Bentley von Highclere Castle Teil IIWhere stories live. Discover now