43. Kapitel

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Lilia kann sich während der Stunde einfach nicht auf den Unterricht konzentrieren. Ihr geht die ganze Situation einfach nicht aus dem Kopf und egal wie sehr sie sich bemüht, sie findet nicht einmal ansatzweise eine Lösung für das Problem.
Als es zur zweiten Pause klingelt, ist sie immer noch so planlos und verzweifelt wie zuvor. Ohne auf ihre Umgebung zu achten, macht sie sich auf den Weg. Aus dem Saal raus, Richtung Schulhof. Doch kaum ist sie aus dem Saal draußen, wird sie am Arm festgehalten. Meran.
"Was ist denn?", fragt sie ihn ein wenig verwirrt. Ein leichtes Schmunzeln liegt auf seinen Lippen. Langsam beugt er sich zu ihr herab.
"Lass uns nach Hause gehen."
Verwirrt sieht sie zu ihm auf.
"Hä? Warum?" Perplex legt sie den Kopf leicht schief. Meran zuckt aber nur mit den Schultern. Grinst sie an.
"Einfach so. Mich nervt was hier grade abgeht." Lilia verdreht die Augen und sieht ihn mit hochgezogener Augenbraue an. Gerade als sie zu einer Antwort ansetzt, taucht plötzlich Ryan neben den beiden auf. Legt Meran einen Arm um die Schultern und sieht hämisch zu Lilia.
"Hey Meran, ein paar Kumpels fragen ob sie sich deine Freundin auch mal ausleihen können?" Ein Stück weiter hinter Ryan hört Lilia das Lachen einiger Jungen. Nicht nur aus ihrer Klasse. Aus dem Augenwinkel sieht sie, wie Meran sich anspannt und weiß genau, dass das nicht gut enden wird.
Er holt aus. Ryan schreckt ein Stück zurück, noch immer lachend. Mit einem triumphierenden Ausdruck in den Augen.
Doch bevor Lilia Meran aufhalten kann, ist es bereits zu spät.
Blut tropft auf den Boden. Ebenso Lilias Tränen.
Doch es ist nicht Ryans Blut.

Vornübergebeugt steht Cayden da. Hält sich die Hand vor seine Nase, von der Blut auf den Boden tropft. Im letzten Moment ist  er zwischen die beiden getreten und hat Merans Hieb abgefangen. Dieser sieht Cayden nur unverständlich an, während er stumm da steht.
Verwirrt, mit der ganzen Situation überfordert, sieht Lilia zwischen den beiden hin und her. Tränen fließen ihre Wangen herab und tropfen von ihrem Kinn auf den Boden. Sie wollte doch nicht, dass Cayden irgendwas passiert. Und schon gar nicht, das Meran ihn verletzt, auch wenn es unbeabsichtigt war.
Ryan hat inzwischen auch aufgehört zu lachen und sieht sowohl Meran als auch Lilia hasserfüllt an.
"Ich sagte doch, halte dich von ihm fern.", knurrt er das Mädchen an. Doch Lilia zeigt keine Reaktion, sieht ihn nicht einmal an. Genauso wie Meran starrt sie geschockt zu Cayden. Unfähig zu ihm zu treten, ihm zu helfen. Ryan hingegen kommt auf sie zu. Die Hände zu Fäusten geballt.
Aber wieder tritt Cayden dazwischen. Hält Ryan am Arm fest und sieht ihn voller Wut an.
"Verschwinde." Lilia zuckt leicht zusammen. Noch nie hatte sie einen solch verachtenden Tonfall von ihm gehört, geschweige denn von seinem Zwillingsbruder. Sie hätte nie gedacht, dass er dazu überhaupt fähig ist.
Auch Ryan ist sichtlich davon überrascht und sieht ihn mit offenem Mund verwirrt an.
"Aber es ist doch ihre-" Augenblicklich unterbricht Cayden ihn wieder und schlägt Ryan's Arm, der vorwurfsvoll auf Lilia weißt, herunter.
"Verschwinde.", knurrt er erneut. Und erneut zuckt Lilia zusammen. Ryan erwidert nichts mehr. Und als er sieht, wie ein Lehrer auf sie zukommt, macht er sich schnell aus dem Staub.

Schweigend sitzen die drei Beteiligten des Zwischenfalls im Park auf einer Wiese. Sie wurden alle nach Hause geschickt. Cayden wegen seiner Verletzung, auch wenn es schon vor einer ganzen Weile aufgehört hat zu bluten. Meran, weil er in den Augen der Lehrer der Verursacher des ganzen war. Und Lilia, weil sie nicht mehr fähig gewesen wäre da zu bleiben. Außerdem war sie gewissermaßen der Auslöser.
Das es eigentlich Ryans Schuld war, glaubte ihnen natürlich keiner der Lehrer. Und von den Schülern, die zugesehen haben, sagte auch keiner etwas. Die Gerüchte, die Ryan über Lilia verbreitet, haben auch die Lehrer schon gehört und sich somit ihrern Teil gedacht. Was irgendwelche dummen Schüler sagen ist ja auch egal.
"Ich hab's zwar schon gefühlte tausend Mal gesagt, aber es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe." Meran sieht stur hinab auf das Gras, während er einen Halm nach dem anderen herausrupft. Cayden schaut nur in den nahezu wolkenlosen Himmel, schüttelt leicht den Kopf obwohl es keiner sieht.
"Schon ok. Ich war schließlich so blöd und bin dazwischen gesprungen." Ee seufzt leise, Meran ebenso.
Lilia sitzt zwischen ihnen, zeigt jedoch keine Reaktion. Sie sieht stur geradeaus. Ihr Blick wirkt leer. Und das beunruhigt Meran. Er kann sich in etwa denken, was in ihrem Kopf vorgeht. Sie gibt sich die Schuld. So wie immer.
"Hey. Heeey." Cayden stupst Lilia leicht an, hofft sie irgendwie aufmuntern zu können Doch sie reagiert nicht. Erst als er immer weiter macht, reagiert sie. Sie schubst ihn grob weg, sodass er sich mit den Ellbogen auffangen muss, um nicht komplett umzukippen. Verwirrt sieht er zu ihr, doch sie ist bereits aufgestanden und geht eilig davon.
"Lilia!" Meran geht ihr direkt nach und lässt Cayden ahnungslos und verwirrt zurück.

"Lilia! Jetzt warte doch mal!" Inzwischen hat Meran sie eingeholt und greift nach ihrem Handgelenk. Sie bleibt zwar stehen, reiß sich aber wieder los und sieht Ihn mit einer Mischung aus Verzweiflung und Wut an.
"Was soll ich nur machen?" Sie erwartet keine Antwort auf die Frage, dass weiß Meran. Doch er kann es nicht ertragen in ihr bedrücktes Gesicht zu sehen, also zieht er sie kurzerhand in seine Arme. Bereitwillig erwidert sie die Umarmung und krallt ihre Finger in sein Shirt. Auch er weiß nicht, was er tun soll. Geschweige denn wie er sich verhalten soll. In Anbetracht der Situation in der Schule schafft er es kaum ruhig zu bleiben, dass ist ihm bewusst. Aber dadurch bereiter er Lilia nur noch mehr Kummer.
"Meran." Ihr Stimme ist leise und wird dadurch gedämpft, dass sie gegen seinen Oberkörper spricht. Er neigt den Kopf und haucht ihr einen Kuss auf die Haare, um ihr zu zeigen das er zuhört.
"Ich will hier weg." Er nickt leicht und vergräbt sein Gesicht in ihren weichen Haaren.
"Sollen wir zu mir gehen oder willst du nachhause?" Sie schüttelt den Kopf. Drückt sich leicht von ihm weg, um ihm besser ins Gesicht sehen zu können.
"So meinte ich das nicht." Verwirrt sieht er sie an. Wartet darauf, dass sie erklärt, was sie meint. Was sie von ihm will. Etwas unsicher sieht sie noch einmal gen Boden, ehe sie nochmals durchatmet, ihn kurz anlächelt und dann erneut ihren Kopf an seiner Schulter versteckt.
"Ich will weg von Zuhause. Weg aus der Stadt. Weg von all dem hier. Mit dir zusammen."

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