VIII

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Ich sah mich selbst wie von oben herab, sah wie ich da in der Autogarage eines teuren Kasinos stand, umringt von schnellen Sportautos. Ich sah den Mann vor mir stehen, denn ich in den letzten vierundzwanzig Stunden zum ersten Mal gesehen hatte, ich fühlte von Anfang an diese Anziehung zwischen uns, hatte es jedoch bewusst verdrängt und nun hallten seine Worte wie ein Donnergrollen durch meine Gedanken. Es war von Anfang an seltsam, dass er mich gleich zum Abendessen eingeladen hatte, doch naiv und gutgläubig wie ich nun mal bin, hatte ich nicht weiter darüber nachgedacht. Er, mit seinen wundervollen nussbraunen Augen, den markanten Wangenknochen, der wohlgeformten Nase, den verlockenden Lippen, von denen ich so gerne einmal gekostet hätte, seine schwarzen Haar, die sich sicherlich wundervoll unter meinen Fingern anfühlen würden, dieser Mann hatte mich nach Strich und Faden an meiner Nase herumgeführt, hatte mit meinem Leben gespielt, als wäre ich eine hirnlose Schachfigur. Aber das schlimmste daran ist, dass ich doch tatsächlich so weit gegangen war zu glauben, ich würde etwas für ihn empfinden und die Hoffnung hatte, ihm ginge es nicht anders.

Ich fand mich zurück in meinem Körper und taumelte etwas vor und zurück um meine innere Balance wieder zu finden. Zayn’s Hand schnellte nach vorn und griff nach meinem Ellbogen um mir Halt zu geben, doch anders als zuvor jagte mir seine Berührung keinen angenehmen Schauer über den Rücken sondern versetzte mir einen Stich, ähnlich einem starken Stromstoss und das warf mich dann endgültig um. Ich fiel direkt auf meinen Allerwertesten, der Aufprall auf dem harten Boden setzte mir ungewöhnlich stark zu und ich versuchte wieder aufzustehen. Es gelang mir im zweiten Anlauf nachdem ich beim ersten Versuch wieder zurück auf den kalten Beton geknallt war. Mein Po tat höllisch weh und ich rieb mir mit meinen Händen den Staub von der schwarzen Hose. Als ich mit dem Aussehen meiner Hose wieder einigermassen zufrieden war, wagte ich einen Blick in die Richtung meines Bosses. Zayn war einige Schritte zurück getreten und sah aus als hätte man ihn geschlagen.

Seine Augen waren seltsam gerötet und ich erkannte bei genauerem Hinsehen, dass seine Mundwinkel zuckten. Er versuchte gerade krankhaft seine überquellenden Gefühle in Schach zu halten. Trotz allen Schocks und Abscheus, den ich im Moment für diesen kranken Mann hegte, überkam mich Mitleid mit dem Häufchen Elend das da vor mir stand. Ich trat einen kleinen Schritt auf ihn zu, streckte, sorgsam darauf bedacht keine allzu abrupte Bewegung zu machen, meinen Arm aus und strich ihm sanft über seinen Oberarm. Ich spürte seine angespannten Muskeln unter dem Stoff seines weissen Hemdes und musste einmal mehr zugeben, dass dieser Mann einen Traum von einem Geliebten abgeben würde. Doch ich war viel zu wütend und verletzt um diesen Gedanken weiter auszuformulieren. Nun funkelten Tränen in seinen Augen auf und ich konnte nicht anders als ihn in den Arm zu nehmen und fest an mich zudrücken. Ich atmete seinen Geruch ein, während er sein Gesicht in meine Halsbeuge drückte. Er schniefte kurz und löste sich dann aus meiner Umarmung. Man sah ihm an, dass er einen kurzen Moment um Fassung rang. Doch dann drehte er sich abrupt um und ging eilends auf den roten Wagen von Mister Styles zu, den er kurzerhand aufschloss und setzte sich dann hinter das Steuer. Stirnrunzelnd folgte ich ihm. Da ich noch immer sauer auf ihn war und deshalb nicht mit ihm reden wollte, war es still im Innern des Wagens. Ich schlug gerade die Tür auf meiner Seite zu, als er den Zündschlüssel drehte und der Motor unter unseren Sitzen aufseufzte. Zayn trat mächtig in die Pedale und kurvte den Wagen geschickt durch die geparkten Autos hindurch in Richtung Erdoberfläche. Als wir durch das Tor nach draussen gelangten, schlug uns das helle Licht der erleuchteten Stadt entgegen. Obwohl es helllichter Tag war, waren alle Lichter an den Kasinos eingeschaltet und alles war so hell, dass ich nicht direkt in die Lichterketten blicken konnte ohne zu blinzeln. Ich hing meinen Gedanken nach, während wir durch das Kasinoviertel von Las Vegas kurvten und obwohl man nichts ausser dem Motor des Ferraris hörte, kam es mir vor als würden tausende von Stimmen gleichzeitig in meinem Kopf drauf los schreien. Ich wusste nicht mehr vor, nicht mehr zurück, war Gefangener dieses aussichtslosen Dilemmas. Was sollte ich noch dazu sagen? War es das nun? Wie würde es nun weitergehen mit mir ... mit UNS...

TornWhere stories live. Discover now