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Der Rückflug nach Seatle verlief unheimlich still. Obwohl mir die Stille sehr entgegen kam, da ich nicht Lust hatte mit Josh oder Zayn zu reden, wurde das Schweigen doch immer erdrückender und unangenehmer. Ich dachte noch immer über Zayns Frage nach. Seine Worte hallten immer und immer wieder in meinem Kopf wieder und schlussendlich konnte ich nicht anders als ihm Recht zu geben. Ich hatte mich tatsächlich schon entschieden...

Noch nicht einmal Josh hatte es gewagt während unserer Reise weitere Fragen zu stellen, wahrscheinlich wusste er, dass bei einem unangebrachten Kommentar, seine Anstellung gefährdet wäre. Er hatte noch nicht einmal einen witzigen Kommentar zur aktuellen Wetterlage übrig, die sich mit jedem erneuten Blick aus dem Fenster verschlechterte. Immer dunkler wurde der Himmel und obwohl ich die ganze Zeit aus dem Fenster in die wolkenverhangenen, grauen Weiten starrte, schenkte ich ihm nicht genügend Beachtung. Denn ich hatte mit meinen eigenem inneren Sturm schon genug Sorgen. Ich versuchte angestrengt während des Fluges nicht zu versuchen zu Zayn herüber zu sehen, was sich dann als fataler Fehler erwies. Nicht nur weil ich kläglich scheiterte und seine gerunzelte Stirn, seinen glasigen Blick und seine geröteten Augen in mir einen schmerzhaften Stich in der Herzregion auslöste, sondern auch weil ich beinahe aus allen Wolken fiel, als der Helikopter plötzlich anfing gefährlich im Wind zu schaukeln.

Plötzlich hörte ich Joshs zerknirschte Stimme durch das Headset murren: „Tut mir leid Boss, das kann jetzt etwas ungemütlich werden." Seine dunkle Stimme hallte in meinem Kopf nach und in meiner aufwallenden Panik vergass ich meinen Vorsatz nicht zu Zayn herüber zu sehen, ich blickte ihn erneut an, genau im selben Augenblick als auch er seinen Kopf in meine Richtung drehte. Sein Blick war nun nicht mehr glasig und sein Gesicht war aschfahl voller Sorge. Das Flugzeug schwankte immer mehr und ich hörte Josh noch lauter fluchen. Er versuchte uns mit aller Kraft auf Kurs zu halten, doch die Windmassen waren einfach zu stark. Mit einem Blick nach draussen erkannte ich, dass wir mitten in einen Sturm geflogen waren. Der Wind peitschte Wassertropfen an die Scheiben unseres Fluggefährts und rann am Glas herab wie tausend kleine Flüsse. Es hätte wunderschön sein können, wäre unsere momentane Lage nicht so prekär gewesen. Es fühlte sich an, als würde sich jeden Moment die Erde auftun, und uns allesamt in ihren dunklen Abgrund hinab ziehen.

Ich blickte vom Fenster zurück zu Zayn, der in den letzten Sekunden nur noch bleicher geworden war. Ich wimmerte leise als wir einen abrupten Schlenker nach links machten und mein Kopf hart gegen die stählerne Innenwand des Helikopters schlug. Ich stöhnte vor Schmerz auf, den der Schlag auslöste und in meiner Schläfe pochte. Ich versuchte mich aber zusammen zu reissen, da ich wusste, dass die anderen beiden jeden meiner schmerzverzerrten Laute über die Kopfhörer mitbekamen, also biss ich auf die Zähne und unterdrückte die Tränen, die sich in meinen Augen angesammelt hatten. Ich tastete mit meinen Fingerspitzen nach der schmerzende Stelle am Hinterkopf. Mir wich abrupt alles Blut aus meinem Gesicht als ich etwas Warmes Flüssiges zwischen meinen Haaren knapp hinter der rechten Schläfe spürte. Ich japste erschrocken auf und Panik ergriff mich, als ich mir meine Hand vor mein Gesicht hielt und die, mir nur allzu bekannte, rötliche Flüssigkeit mit eigenen Augen sah. Eine einzelne Träne entfloh meinen Augen und bannte sich langsam ihren Weg über meine rechte Wange, bis sie endlich meine Lippen erreichte und ich ihren salzigen Geschmack auf der Zunge verspürte. Ich hörte Zayn gegenüber verkrampft aufkeuchen, doch ich konnte mich nicht vom Anblick meiner rotgefärbten Hand losreissen. Es war viel Blut. Zu viel.

Ich versuchte erneut Ruhe zu bewahren und die Möglichkeiten durchzugehen, wie ich am schnellsten meine Blutung stoppen konnte, doch es fiel mir schwer, denn noch immer wurden wir immer wieder von Windböen erfasst, die uns mit unbeugsamer Kraft regelrecht durchschüttelten und mit jedem Schlag auf meinen Körper, spürte ich wie die warme Flüssigkeit weiter aus der Wunde über meinen Hinterkopf strömte. Ich spürte den warmen Fluss bereits and der Vertiefung meines Nackens herunter rinnen und langsam versetzte mich dieses Gefühl in eine solch grosse innere Aufruhr, dass ich nicht mehr klar denken konnte. Dazu kam, dass ich immer mehr Blut verlor und das half auch nicht gerade um wieder geistige Klarheit in meine Gedanken zu schaffen. Mir wurde immer schwindeliger, meine Sicht verschlechterte sich und ich nahm alles nur noch verschwommen war. Mein Kopf dröhnte und die Wunde an meinem Kopf pochte schmerzlich; ich versuchte nicht daran zu denken wie viel Blut ich gerade verlor, doch mein Hirn, das ich in den letzten paar Jahren mit medizinischen Studien vollgestopft hatte, machte sich schon daran auszurechnen, wie lange ich noch bei Bewusstsein bleiben würde, wenn ich weiter in diesen Mengen Blut verlor.

TornWhere stories live. Discover now