Geständnisse

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Als ich am Nächsten Morgen aufwachte war es gerade Dämmerungszeit und die ersten Sonnenstrahlen wanderten über das Land. Das war eine meiner absoluten Lieblingszeiten! Also zog ich mir schnell etwas an und ging an den Strand. Ich setzte mich in den Sand und bewunderte die Sonne. Nach ein paar Minuten stand ich auf und ging bis zu den Knien ins Wasser. Die Wärme der Sonne kribbelte sanft auf meiner Haut und der Duft von Salz und Meer umhüllte mich. Plötzlich hörte ich Wasserplätschern und ein leises Atmen direkt hinter mir. Der Duft von Salz und Meer verstärkte sich und etwas Anderes mischte sich unter. Etwas, dass mein Inneres wie immer zum Erzittern brachte. Ich biss die Zähne zusammen.

„Ethan. Sag mir jetzt bitte nicht, dass du schon wieder hinter mir stehst." „Dann müsste ich dich anlügen und das tu ich eigentlich nicht gern." Ich seufzte schwer. Ernsthaft? Schon wieder? So langsam wurde es gruselig! „Was machst du schon wieder hier? Spionierst du mir nach?", fragte ich ohne mich umzudrehen.

„Nein. Zumindest nicht Absichtlich. Ich mag diesen Strandabschnitt weil hier so gut wie nie Leute sind. Auch keine Surfer wegen der Klippen. Er gehört ja schließlich nicht dir. Und ich wollte dich besuchen kommen. Wir konnten die ganze Woche lang noch nie so wirklich miteinander reden. Nur flüchtig im Chemiekurs."

Mein Herz machte einen Hüpfer. Er wollte mich besuchen! Aber ich ließ mir nichts anmerken und meine Miene blieb unverändert. „Und wieso besuchst du mich um fünf Uhr morgens?" „Ich war in der Gegend.", antwortete er ausweichend. Ich atmete tief durch. Es hatte ja keinen Sinn. Er würde sowieso immer wieder auftauchen, wenn ich alleine war. Da konnte ich mich genauso gut mit ihm unterhalten. „Und wann schläfst du?", fragte ich mit einem halben Lächeln. Ich drehte mich zu ihm um und schaute ihm direkt in die Nachtschwarzen Augen. „Na endlich siehst du mich an.", sagte er erleichtert. Ich ging an ihm vorbei aus dem Wasser und setzte mich in den Sand. Er folgte mir und setzte sich neben mich. Das erinnerte mich an Gestern, nur dass da nicht Ethan, sondern Tyler neben mir gesessen hatte. Und er hatte mich im Arm gehalten. Schuldgefühle nagten an meinem Herz, immer tiefer und tiefer.

„Du hast mir doch erzählt, dass Sirenen eigentlich Menschen fressen. Warum du nicht?", fragte Ethan nach einer Weile. Ich lächelte schwach. „Weil ich einen Vater hatte.", antwortete ich. „Wie darf ich das verstehen?" „Bei Sirenen gibt es grundsätzlich keine Männer. Wir legen...Eier oder sowas, so genau weiß ich's nicht. Meine Eltern wurden beide ermordet, weil das Zusammentun mit Menschen bei uns verboten ist. Ein paar Jahre lang, habe ich als Sirene gelebt und dabei auch Menschen getötet. Aber ich hab mich nie gut dabei gefühlt. Es war wie, als ob mein Dad mit über die Schulter schaute und mir immer wieder vor Augen führte, dass ich selbst auch halb Mensch war. Dann hab ich angefangen Tiere zu jagen und das hat mir nichts ausgemacht. Klar, es ist wirklich nicht dasselbe einen Menschen, oder ein Tier zu essen, aber es geht. Es ist wie wenn du großen Hunger hast. Mit Menschen stillst du ihn. Mit Tieren...betäubst du ihn sozusagen nur für einige Zeit. Aber es ist nicht allzu schwer in den Griff zu kriegen."

„Deine Eltern wurden Umgebracht? Also lebst du ganz alleine?", fragte Ethan verwundert. „Ja. Ich hatte nie einen Vater. Zumindest hab ich ihn nie kennengelernt. Ich nehme an er ist vor oder kurz nach meiner Geburt gestorben. Meine Mum und ich haben uns fünf Jahre lang vor den Sirenen versteckt. Dann haben sie uns gefunden und meine Mum umgebracht. Ich bin geflohen und hierhergekommen. Wir haben früher in Irland gelebt. Sie haben mich wahrscheinlich gesucht, aber nie gefunden. Kurz gesagt, eigentlich sollte es mich gar nicht geben." Lange Zeit sagte keiner von uns Beiden etwas.

„Ich bin trotzdem froh, dass es dich gibt.", durchbrach Ethan die Stille. Ich schaute ihm vorsichtig in die Augen. Er erwiderte meinen Blick und rutschte näher an mich heran. Wie das vorherige Mal, fuhr er sanft mir den Händen über mein Gesicht. Von der Schläfe runter bis zum Kinn und dann wieder hoch. Langsam näherte sich sein Gesicht dem meinen. Mein Bauch kribbelte vor Aufregung und mein Herz klopfte wie wild.

The Beauty of a MermaidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt