Klimpernde Freude und Piratenlächeln

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Ich wurde on etwas kaltem, nassen geweckt, dass mir übers Gesicht floss. Verwirrt öffnete ich die Augen. Sallys Bernsteinfarbene Augen schienen mich regelrecht zu durchbohren. Erschrocken wich ich zurück. „Zum Glück bist du endlich wach! Ich dachte schon du lägst im Koma.", sagte sie erleichtert und kicherte. Ich versuchte meine schnelle Atmung unter Kontrolle zu bringen, doch ihr Gesicht wühlte mich einfach zu sehr auf.

Dieses vertraute Gesicht, das mir so viel Schmerz zubereitet hatte. Ich sah sie immer noch so deutlich vor mir, als wäre es erst gestern gewesen. „Hilf mir Mum.", dachte ich im Stillen. Die Situation war einfach zu abgedreht, als dass man sie hätte als normal bezeichnen können.

Ich saß in Embryostellung zusammengekauert in einer Ecke, mit panischer Angst vor einem kleinen Mädchen. Zu meiner Verteidigung, sie war definitiv kein normales Mädchen! Naja ok, nicht weniger normal als ich zumindest. Dennoch war das einfach alles absolut komisch. Ich atmete tief durch und schaffte es sogar einigermaßen mich zu beruhigen.

„Sally, richtig?". Fragte ich trocken und versuchte meine Stimme möglichst kraftvoll klingen zu lassen. Sally nickte erwartungsvoll. „Was machst du hier Sally?" „Hab ich doch schon gesagt. Ich brauche deine Hilfe." „Und warum? Warum meine Hilfe? Hättest du nicht die nächstbeste normale Sirene ausfindig machen können? Ich kenn da eine, die könnte ich dir..." „Nein.", sagte Sally in einem Ton, der keine Wiederrede duldete. Ich blieb still. „Glaubst du, ich hätte mich in meiner Situation an eine andere Sirene wenden können?", fragte sie sarkastisch und zeigte demonstrativ auf ihre Beine.

„Schon gut, du hast Recht.", murmelte ich und stand auf. „Okay wie wär's damit: wir gehen in mein Häuschen, machen es uns auf meinem Bett gemütlich und dann erzählst du mir deine Geschichte, einverstanden?" Sally nickte eifrig. So langsam hatte ich mich wieder gefasst. Als wir, umhüllt von Kissen, auf meinem gemütlichen Bett saßen, fing Sally auch schon sofort an drauf los zu plappern:

„Also, das war so: Penelope hat verraten, dass meine Mum mit Leon eine Beziehung hatte und dass sie mit mir schwanger war und..." „Langsam. Ich versteh ja kein Wort. Fang am besten ganz von vorne an." Sally atmete einmal tief durch und auf einmal schien es, als umgäbe sie völlige Ruhe.

„Meine Mum Anna ist...war eine Sirene, wie du dir sicher denken kannst. Mein Dad Leon war ein Mensch. Sie lernten sich auf eine, naja, mehr oder weniger spektakuläre Weise kennen. Meine Mum hat meinen Dad gerettet, als sein Schiff drohte in einem Unwetter zu kentern. Sie hat ihn in eine Kleine Höhle gebracht und gesund gepflegt. Dabei haben sie sich ineinander verliebt und schwupp die wupp war ich auch schon da. Meine Mum hatte niemand von meinem Dad erzählt, bis ihr beste Freundin Penelope sie mit ihm erwischt hat. Penelope war stocksauer auf meine Mum und hat den... „Vorfall" gemeldet. Meine Eltern sind geflohen, irgendwo an Land. Frag mich nicht, wie meine Mum das überlebt hat. Aber kurz darauf kam ich zur Welt. Einige Jahre lang gelang es den Beiden sich und mich zu verstecken, doch die Sehnsucht meiner Mum nach dem Meer war einfach zu groß. Sie ist nie mehr zurückgekommen. Und als mein Vater sie suchen ging, ist er auch nicht mehr wiedergekommen."

Dieses Mädchen war eigenartig. Sie benahm sich so gar nicht ihres Alters entsprechend. Sirene hin oder her, sie war komisch. „Wie alt bist du Sally?", fragte ich ruhig. „Sechs Jahre.", sagte sie und präsentierte mir stolz ihre Zahnlücken. „Und...was isst du?", fragte ich vorsichtig. „Na was wohl, das gleiche wie du!", antwortete sie schmunzelnd. „Du meinst, Meerestiere?" Mich würde es nicht mehr sonderlich überraschen, wenn sie auch noch über meine Essgewohnheiten Bescheid wüsste.

„Bäh nein! Ich bin Vegetarierin!" „Hä?", kam es sehr geistreich aus meinem Mund. „Na ich esse keine Tiere. Weißt du nicht was das ist? Da isst man nur Gemüse und Brot und Obst und Tofu.", sagte sie kichernd. Verdutzt hielt ich inne. „Du isst wie ein Mensch?" „Ja klar! Du etwa nicht?", fragte sie verwundert. Ich schüttelte betreten den Kopf. Kaum merklich wich sie einige Zentimeter vor mir zurück.

The Beauty of a MermaidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt