Kapitel 7

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Bran lag schon seit Stunden auf den Fellen. Seine Augen waren weiß - er war wieder in Sommers Kopf. Meera rüttelte den Jungen an der Schulter und urplötzlich schrak er auf.
»Wieso hast du mich geweckt?«, verlangte Bran genervt zu wissen.
»Du bist schon seit Stunden weggetreten«, gab das Mädchen zurück.
»Ich hatte Hunger.«
»Wir haben alle Hunger.«
»Ich war gerade am Essen!«
»Sommer hat gegessen«, erwiderte Jojen. »Dein Körper kann nicht von dem leben, was dein Wolf frisst. Zu viel Zeit in Sommers Haut zu verbringen, ist gefährlich.«
Meera holte ein Stück Brot hervor und brach etwas für Bran ab. Dieser jedoch ergriff alles und ich zog die Augenbrauen hoch. Was war nur mit ihm los?
»Du bist kein Schattenwolf, Bran«, erinnerte Jojen. Trotzig aß mein Bruder das Brot. »Auch wenn es herrlich sein muss, zu laufen, zu springen, zu jagen - heil zu sein. Ich weiß, es ist verlockend, aber ... wenn du zu lang in Sommer steckst, vergisst du, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.«
»Du würdest uns vergessen, Bran«, meinte Meera. »Du würdest deine Mutter vergessen, deinen Vater, deine Brüder und Schwestern. Du würdest Winterfell vergessen. Du würdest dich selbst vergessen. Wenn wir dich verlieren, verlieren wir alles.«
Bran antwortete nicht. Wir brachen wieder auf, seit Wochen streiften wir bereits nördlich der Mauer herum. Hodor zog Bran hinter sich her, Jojen, Meera und ich gingen hinter ihnen, die Wölfe bildeten den Schluss. Auf einmal liefen sie voran. Ich folgte ihnen.
»Bran!«, rief ich, als ich sie erreicht hatte. »Das solltest du dir ansehen.«
Kurz darauf erschienen die anderen. Hodor brachte Bran zu mir und setzte ihn im Schnee vor dem Wehrholzbaum ab. Mein Bruder hob die Hand und als er das weiße Holz berührte, wurden seine Augen weiß. Ich blickte zu Jojen, der mir zunickte. Nach wenigen Augenblicken sackte Bran in sich zusammen, seine Augen waren wieder braun.
»Ich weiß, wo wir hinmüssen«, meinte er.
Hodor hob Bran wieder hoch und wir setzten unseren Weg fort. Bevor ich ging, strich ich mit meiner Hand über das weiße Holz. Ich spürte ein Kribbeln in meinen Fingerspitzen, doch schob ich dies auf Einbildung.
Nach einer Weile rasteten wir. Ich zündete ein Feuer, während Meera sich mit Nymeria und Sommer auf die Jagd begab.
»Tut mir leid«, sagte Bran plötzlich.
Ich sah auf und runzelte verwundert die Stirn. »Was tut dir leid?«
»Dass ich dich so behandelt und dich angeschrieben habe.«
Ich erhob mich, das Feuer loderte bereits, und klopfte mir den Schnee vom Umhang. »Das ändert jetzt auch nichts mehr.«
Ich lehnte mich gegen einen Baum, gegenüber von Bran, und schloss die Augen. Plötzlich tauchten Bilder von meiner Mutter im Kopf auf. Sie befand sich zusammen mit meinem Bruder Robb und Talisa auf einem Fest. Ich sah einen alten Mann - ich kannte ihn nicht -, lachend und trinkend. Auf einmal änderte sich das Bild. Der Boden war mit Blut überzogen. Talisas Kleid damit getränkt. Robb wurde erstochen, meiner Mutter die Kehle aufgeschnitten.
Ich öffnete abrupt die Augen. Mein Herz hämmerte gegen meine Brust und ließ meinen Brustkorb förmlich zersprengen. Ich atmete schnell, so dass meine Lungen bald schmerzten.
»Was ist?«, fragte Bran mich.
»Es ist nichts«, meinte ich. »Ich hab' nur schlecht geträumt.«
Ich spürte Jojens Blicke auf mir liegen, und ich ignorierte dies. Ich starrte unruhig nach vorn. Innerlich hoffte ich sehr, dass das nur ein Traum gewesen war, doch eine innere Stimme flüsterte, dass dem nicht so war.

Ein Schreien hallte durch den Wald und ich hob den Kopf.
»Hodor«, sagte Hodor.
»Hört ihr das?«, machte Bran die anderen darauf aufmerksam.
Meera erhob sich. »Ist das ein Baby?«
»Es kommt näher«, meinte Jojen. Schweiß perlte auf seinem Gesicht, seit Tagen ging es ihm schlecht - und es wurde immer schlimmer.
»Ich geh' da hinaus«, sagte Bran.
Meera wandte sich ihm zu. »Wir müssen zusammenbleiben.«
»Ich gehe.« Bran schloss die Augen und drang in Sommers Kopf ein, der kurz darauf loslief. Gespannt warteten wir ab und nach einer Weile kam Bran zurück zu uns, schwer atmend.
»Bran! Bran, was ist passiert?«, fragte ich unruhig und hockte mich neben ihn.
»Es ist Sommer. Er ist verletzt. Er ist in ihre Falle gelaufen.«
»In wessen Falle?«, wollte Meera wissen.
»Konnt' ich nicht sehen. Aber sie haben den Wolf unseres Bruders.«
»Geist«, flüsterte ich und erhob mich. »Dann muss Jon nicht weit entfernt sein. Vielleicht ist ihm etwas zugestoßen.«
Als es hell wurde, brachen wir auf. Die Wölfe rannten weit voran. Wir liefen in die Richtung, die Bran uns zeigte. Wir erreichten einen Hof. Aus einem sicheren Versteck heraus, beobachteten wir die Menschen, die dort herumliefen.
»Das sind Brüder der Nachtwache«, flüsterte ich, während ich die schwarzen Mäntel musterte.
»Jon könnte hier sein«, meinte Bran.
»Warum würden sie seinen Wolf einsperren, wenn Jon hier wär'?«, fragte Meera.
Das Mädchen stockte und ich folgte ihrem Blick. Ein Mann versuchte gerade eine Frau zu vergewaltigen. Es war ein grauenhaftes Bild und sofort wandte ich mich ab.
»Die waren vielleicht mal bei der Nachtwache. Jetzt nicht mehr«, meinte Meera.
»Ich denke, das sind Deserteure«, sagte ich.
Das Reet-Mädchen richtete sich auf. »Hier sind wir nicht sicher. Wir müssen weg. Bran, wir müssen sofort weg.«
»Ich geh doch nicht ohne Sommer«, erwiderte Bran.
Verzweifelt sah Meera zu Jojen und dieser nickte.
»Weißt du noch, wo der Käfig war?«
»Auf der östlichen Seite des Frieds.«
Meera erhob sich und lief los. »Wenn ich nicht gleich wiederkomme, dann -«
Das Mädchen wurde mit einem Schlag ins Gesicht unterbrochen. Unsanft stürzte sie zu Boden. Der Mann, der sie geschlagen hatte, lief auf uns mit einem erhobenen Schwert zu. Weitere Männer kamen, und Hodor erhob sich.
»Frischware!«, rief jemand und lachte.
Ich zog mein Schwert. »Haltet euch von uns fern!«
Die Männer lachten und einer entwaffnete mich, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich wich zurück, aber ich wurde am Handgelenk gepackt. Unsanft führte man uns zur Hütte. Einige Männer stachen mit Speeren nach Hodor. Er war an Ketten gebunden und wurde umhergescheucht wie Vieh.
Wir wurden in die Hütte gebracht und vor einem Mann auf einer Art Thron geworfen - er schien der Anführer zu sein.
»Helft ihm hoch«, sagte er mit einem Blick auf Bran.
Grob wurde er hochgezogen und gegen einen Stützbalken gelehnt. Der Mann erhob sich und lief auf uns zu.
»Ist ja hübsch«, meinte er, als er sich vor Bran hockte und sein Lederwams begutachtete. »Feines Leder. Du bist kein Wildling. 'n wichtiger, hochgeboren. Wer bist du?«
Bran lächelte nur verschwörerisch. Da erhob sich der Mann und im nächsten Moment schlug er meinem Bruder mit der flachen Hand ins Gesicht.
»Weißt du, da wo ich herkomme, wenn ein Einfacher wie ich einen Edlen wie dich haut, verliert er seine rechte Hand. Aber wir sind weit weg von zu Hause, nicht wahr?«
»Ich schwöre, wenn Ihr ihn noch einmal schlagt, werde ich Euch den Gefallen tun und Euch die Hand abschneiden«, zischte ich.
Der Mann wandte sich mir zu. Seine Blicke glitten quälend langsam über meinen Körper und ein ekelhaftes Lächeln erschien in seinem Gesicht.
»Du scheinst mir auch vom höheren Stand zu sein.« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Zu dir komme ich später.« Er wandte sich Jojen und Meera zu. »Und ihr beiden? Aufgemachte Leutchen, die nördlich der Mauer im Wald herumschleichen?« Er beugte sich hinunter zu Jojen. »Ist das nicht verwunderlich?«
Der Junge antwortete nicht, und der Mann ging zu Meera und fuhr ihr durch die Haare.
»Ich mag deine Löckchen. Meine Mutter hatte auch solche Locken. Wundervolle, braune Locken. Warum schleppst du einen Krüppel den ganzen Weg hinauf? Hm?« Grob ließ er das Mädchen los. »Das Spiel habt ihr wohl noch nie gespielt. Eine hochgeborene Geisel - das ist wertvoll -, aber vier davon sind zu viele hungrige Mäuler.«
Ich hörte, wie der Mann eine Waffe zog. In diesem Moment kippte Jojen nach vorn und fiel zu Boden, seiner ganzer Körper zuckte.
»Was ist dem mit dem los?«, fragte jemand.
Meera wollte ihrem Bruder zur Hilfe eilen, doch der Mann mit der Waffe riss sie an den Haaren zurück und hielt ihr einen Dolch an die Kehle.
»Bitte, bitte, lasst mich ihm helfen!«, flehte sie.
Ich wollte Jojen stattdessen helfen, doch auch ich wurde von jemanden festgehalten.
»Wer seid ihr?«, fragte der Mann, der Meera bedrohte.
»Bitte ...«
»Wer seid ihr?«
»Ich bin Brandon Stark!«, rief mein Bruder. »Ich bin Brandon Stark von Winterfell und das«, er deutete auf mich, »ist meine Schwester Sienna.«
»Das sind Jon Schnees Geschwister«, meinte ein Mann an den augenscheinlichen Anführer gewandt. Dieser ließ Meera los. Sofort ging sie zu ihrem Bruder und half ihm.
»Und ich dachte, das wird wieder so ein langweiliger Tag«, sagte der Anführer und steckte seinen Dolch zurück in die Scheide.

1438 Wörter

Wieder mal ein langes Kapi. Die nächsten werden ebenfalls wieder länger.

Was sagt ihr bisher zur Story? Ich bin irgendwie nicht so begeistert davon ... Meine Wortwahl ist nicht so schön wie im anderen Buch. Vielleicht muss ich einfach wieder Das Lied von Eis und Feuer lesen - das inspiriert mich dann 😂

Valar Morghulis || Game of Thrones Staffel 3-4Where stories live. Discover now