Tudo Passa // Neymar JR

~48.

„Was soll das heißen, du brauchst für heute Abend noch Karten fürs Spiel?"

So ungefähr war Gilmars Reaktion ausgefallen, als Vera den Brasilianer und besten Freund des Fußballers endlich in der Leitung hatte.

Vera sprang japsend in den Bus und wurde sogleich herzlich von drei herumgrölenden Typen in Barca-Schals begrüßt, welche offensichtlich genauso auf dem Weg zum heutigen Spiel im Camp Nou waren, wie sie selbst.

Das Mädchen quetschte sich an den offensichtlich schon leicht benebelten „Fans" vorbei und klammerte sich mit einer Hand an die Haltestangen, als der Busfahrer, mit dem offensichtlichen Ziel, alle Insassen wie Bowlingpins umfallen zu lassen, aufs Gaspedal stieg, woraufhin der Bus einen Satz nach vorne machte.

„Ja! Ich hab's mir anders überlegt, Gil. Ich komme doch zum Spiel.", sprach sie in den Hörer und presste sich das Handy ans Ohr, um das Gebrülle der drei fröhlich-beschwipsten Barca-Fans zu übertönen.

Sich bereits vor dem Spiel das Ergebnis schön zu trinken war irgendwie äußerst kontraproduktiv, fand Vera. Aber jedem das seine...

Gils leise Stimme kam aus dem Hörer und Vera musste die Ohren spitzen, um ihn wenigstens im Ansatz zu verstehen. „...irgendwas passiert, oder...?"

Der Busfahrer bremste und Vera wurde mit der Schulter unangenehm gegen die Haltestange gedrückt. „Kleiner Analu-Zwischenfall.", brachte sie aus zusammengebissenen Zähnen hervor und klang verbitterter, als es ihre Absicht war. Dennoch überfiel sie ein seltsam, schmerzliches Gefühl, als sie an die Ereignisse vor ein paar Minuten zurückdachte.

Vor wenigen Wochen noch, hätte sie niemals damit gerechnet, dass Analu imstande wäre, so eine Racheaktion an ihr zu üben. Noch niemals hatte die Blondine absichtlich versucht, ihr wehzutun, auch nicht, als sie sauer auf sie war.

Es war schockierend, was ein gebrochenes Herz mit einem Menschen anstellen konnte. Analus Gefühle für Neymar waren mehr als echt gewesen, das ließ sich nun nicht mehr leugnen.

Und sie hatte sie zerstört. Auch Vera war in der Lage gewesen, ihrer besten Freundin wehzutun. Sie hatte es zwar nicht bewusst gewollt, aber hatte es auch nicht verhindert.

Während Vera verbittert die Augen schloss, hörte sie Gils Antwort auf der anderen Leitung nur dumpf aus dem Hörer klingen. „Oh, hast du dich endlich mit ihr ausgesprochen und versöhnt?"

Vera konnte nicht anders, als kurz laut aufzulachen, als sie das hörte. „Nein... oh nein, cebola... der Zug ist wohl abgefahren.", murmelte sie mit einem deutlichen Kratzen in der Stimme und schüttelte den Kopf.

„Aber das ist jetzt nicht wichtig. Bitte, Gil, ich muss... ich muss mit ihm reden.", endete sie fast flehend und klammerte sich unbewusst fester an die Haltestange.

„Mit Ney?", fragte Gil unsinnigerweise nach und Vera runzelte die Stirn. „Ja, natürlich mit Ney! Mit wem denn sonst?"

„Hör auf mit diesem Sarkasmus, ja?", meinte Gilmar, doch man hörte das deutliche Grinsen aus seiner Stimme raus. Ihn schien das Ganze auch noch zu amüsieren!

„Hör zu, Vera, das mit den Karten ist kein Problem. Die besorge ich dir. Aber... das Spiel fängt in etwas mehr als einer halben Stunde an. Und ich weiß nicht, ob es so gut ist, jetzt noch...", erklärte Gil zögerlich, doch Vera konnte nicht verhindern, dass ihr ein Grinsen übers Gesicht huschte, als sie durch das Frontfenster des Busses hinaus auf die Straße blickte.

„Das schaffe ich.", verkündete sie mit felsenfester Überzeugung, als der Bus schnaufend anhielt.

„Wie, ‚das schaffst du'? Wo bist du?", ertönte Gils verwirrte Antwort, in dem Moment, als die Bustür aufsprang und die drei lauthals-brüllenden Barca-Fans sich aus der Tür hinausquetschten und Vera sich beeilte, hinterherzukommen.