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Gewidmet an meine beste Freundin, die mich die ganze Zeit unterstützt, und endlich den Unterschied zwischen als und wie verstanden hat❤😙 fangirl112002 (sie schreibt übrigens eine tolle TeenWolf Fanfiction)!

Als ich aufwache, bin ich völlig ausgetrocknet. Noch nicht bereit, meine Augen zu öffnen, taste ich nach meiner Wasserflasche. Erleichtert führe ich sie zum Mund und blinzele mit den Augen, um sehen zu können, wie viel ich getrunken habe. Ungefähr die Hälfte ist noch da. Das reicht noch für die nächste Nacht, morgen früh muss ich unbedingt daran denken, sie wieder aufzufüllen, weil ich das nicht mitten in der Nacht machen will. Dann fällt mir ein, dass mir eine für morgen Nacht gefüllte Flasche überhaupt nichts bringen wird. Denn morgen Nacht werde ich entweder tot sein oder in der Arena verbringen. Heute ist Tag der Interviews. Und ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll. Wie ich wirken soll. Was ich anziehen werden. Vielleicht mache ich mir einfach keine Gedanken darüber und lasse den Dingen einfach ihren Lauf, wie Sam. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen, setze mich langsam auf. Eigentlich will ich weiterschlafen, aber ich muss unbedingt mal etwas essen. Ich bin zu faul zum Anziehen und habe so das Gefühl, dass der heutige Tag anstrengend wird, also gehe ich einfach im Schlafanzug zum Essen.

Wie immer steht ein riesengroßes Buffet am einen Ende des Raums und wie so oft sitzen die anderen schon da. Ich belade schnell meinen Teller und bemühe mich, ihn unfallfrei zu meinem Platz zu bugsieren. Sobald ich mich gesetzt habe, geht Joanne in den Redeflussmodus über. "Ihr wisst, dass heute Abend die Interviews stattfinden. Eigentlich ist es immer so, dass ihr mit eurem Mentor, also mir, euer Verhalten beim Gespräch besprecht und mit eurer Betreuerin, wie ihr sitzen sollt oder laufen. Nun habt ihr aber keine Betreuerin, sondern einen Betreuer, der Lilly kaum zeigen kann, wie man mit hohen Schuhen läuft." "Weißt du nicht...", wirft Sam mit vollem Mund ein und mal wieder bringt er mich zum Lachen. Joanne versucht, die Unterbrechung weitgehend zu ignorieren und fährt fort:"Also haben wir beschlossen, dass Sam, der sowieso alles mögliche über verschiedene Arten weiß, beim Reden auf Leute zu wirken,", bei diesem Satz, den ich mir noch einmal ins Gedächtnis rufen musste, um zu verstehen, was Joanne will, wirft Letztere Sam einen halbvernichtenden Blick zu,"und ich euch eher die ganzen Formsachen zeigen kann, die Rollen tauschen. Um es zeitlich effizienter gestalten zu können, geht Lilly erst vier Stunden zu mir, dann vier Stunden zu Sam, während Jimmys Zeitplan genau andersherum aussieht. Einverstanden?" Wir beide nicken, Sam findet unsere Synchronität wieder richtig witzig und lacht sich kaputt, und wir setzen unser Frühstück fort. Mit dem anstrengenden Tag hatte ich wohl nicht ganz unrecht.

Ich bin in meiner Kapitolzeit genau drei Mal auf Highheels gelaufen. Das erste Mal, als ich in die siebte Klasse kam, also nicht mehr in der Grundschule war. Dann auf meinem 14. Geburtstag. Und das letzte Mal auf Harrys Beerdigung. Und ich kann nicht behaupten, dass ich mich darin wohlgefühlt hätte. Trotzdem verschafft mir diese kleine  Erfahrung, die ich in Joannes Teil der Vorbereitung hereinnehme, einen großen Vorteil. Joanne ist ganz erstaunt von mir, sie hat ganz offensichtlich vergessen, dass ich aus dem Kapitol komme. Für die Distriktbewohner müssen diese Absätze eine riesige Hürde gewesen sein.
Aber auch ich stelle mich nicht gerade geschickt an. Nicht nur einmal knicke ich um oder bewege mich hölzern. Zumindest in diesem Punkt haben die Mädchen aus den äußeren Distrikten dieses Jahr einen Vorteil: Mit Absätzen laufen die schon ihr Leben lang. Während ich also in Highheels und einem furchtbar hässlichen Kleid durch den Raum stolziere und ich von der Sonne, die unablässig in den Raum scheint, Kopfschmerzen bekomme, frage ich mich, was Jimmy in der Zeit mit Joanne machen wird. Als Joanne endlich zufrieden mit meinem Laufstil ist, bringt sie mir bei, richtig zu sitzen und wie man beim Reden lächelt. Ihres Aussehens nach zu urteilen müsste sie etwa 35 Jahre alt sein. Angenommen, sie hat ihre Spiele mit 17 gewonnen, dann waren das die 58. Hungerspiele. Woher weiß sie also noch das ganze unnütze Zeug, das sie mir gerade beibringt? Ich kann sowieso nicht verstehen, was es mir in der Arena bringen soll, auf Highheels gehen zu können. Ich vermute mal, dass es weiterhin unsere Taktik sein wird, nicht weiter aufzufallen. Also kann ich mich auch genauso gut ganz normal benehmen. Oder einfach nicht hingehen. Ja, das wäre mir jetzt am allerliebsten. Den Abend einfach mit Jimmy auf seinem oder meinem Zimmer zu verbringen und uns ganz normal zu unterhalten. Uns Geschichten zu erzählen. Aber das darf ich nicht. Jede Freiheit wurde mir genommen.

Die Tribute von Panem: Tödliche Entscheidung Where stories live. Discover now