Chapter One: San Diego, California

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"Ring, ring." Das schrille Klingeln meines Weckers riss mich hart aus dem Schlaf. Genervt wollte ich erneut die Snooze-Taste drücken, als ich bemerkte, dass ich dies bereits schon drei Mal getan hatte. Als ich nun die Uhrzeit im Halbschlaf erkannte, fuhr ich plötzlich hellwach im Bett auf und rieb mir die Augen. So ein Mist. Ich hatte mal wieder verschlafen und meine Mitbewohner hatten es natürlich nicht für nötig gehalten mich zu wecken. Wahrscheinlich waren die beiden, die seit kurzem ein Paar waren, viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als auf ihre Freundin zu achten.

Eilig sprang ich aus dem Bett und musste mich erst einmal an meinem Schrank gegenüber abstützen, denn mein Kreislauf war noch nicht bereit gewesen für so viel Elan. Als das Zimmer sich nicht mehr um mich drehte, begann ich aus dem Kleiderberg, der sich vor meinem Schrank auftürmte etwas Brauchbares herauszusuchen. Meine Mutter würde fuchsteufelswild werden, wenn sie diesen Saustall sehen könnte. Fast konnte ich ihre Worte hören, wie sich den Kopf schüttelte und fragte, wie man im Alter von 22 Jahren noch so unorganisiert und chaotisch sein könne? Ich wusste, dass sie Recht hatte, doch war sie tausende Kilometer weit entfernt und bekam in London nicht mit, was ich hier in Kalifornien so trieb. Deswegen ließ ich den Haufen auch so wie er war. Irgendwann, wenn ich nicht so sehr mit der Uni beschäftigt sein würde, werde ich mir diesen Berg vornehmen, gab ich mir selbst ein Versprechen. Lediglich eine dunkle Jeans und eine helle lockere Bluse brachte ich schließlich zum Vorschein und zog sie hektisch über.

Meine Unitasche war zum Glück noch soweit gepackt, dass ich sie nur schultern musste. Mit meinem paar hellen Stiefeln in der Hand verließ ich mein Zimmer und polterte die Treppe hinunter ins Esszimmer, wo meine Studienkollegen und Freunde Jennifer und Liam bereits am Frühstücken waren. Oder besser gesagt am sich gegenseitig füttern. Liam reichte Jen gerade eine Erdbeere, von der sie grinsend genussvoll abbiss, was ihrem Freund sichtlich gefiel.

Die Blondine musterte mich skeptisch, als ich zu ihnen an den Tisch trat. Doch es lag nicht daran, dass ich sie in ihrer Zweisamkeit gestört hatte.

"Ehm Elaine. Deine Haare", nuschelte sie zwischen zwei Schlucken Kaffee und deutete auf das Chaos auf meinem Kopf, das ich in der Eile total vergessen hatte.

"Mach du deine Haare", meldete sich jetzt Liam zu Wort. "Ich packe dir eine Coffee to go ein." Dankend ließ ich meine Sachen auf einen Stuhl fallen und rannte wieder nach oben ins Badezimmer. Normalerweise schminkte ich mich schon, zumindest ein klein wenig, vor allem weil ich dadurch das Blau meiner Augen betonen konnte, was ich liebte. Doch dafür war heute gar keine Zeit. Lediglich meine wuscheligen dunkelbraunen Haare kämmte ich durch, bis sie glänzend in leichten Wellen meinen Rücken hinab fielen.

Zufrieden gesellte ich mich wieder zu meinen Freunden, die mit meinen Sachen bereits an der Tür standen. Jennifer nickte mir zu, was so viel heißen sollte wie 'ja so kann man sich mit dir sehen lassen.'

Ich war froh, dass sie so ehrlich war und mir sagte, wenn etwas mit meinem Aussehen nicht stimmte. Doch manchmal konnte sie auch übertreiben. Die 21 Jährige galt in der Universität als kleine Modepuppe und auch wenn ich persönlich mehr in ihr sah, als nur dies, kam sie für die meisten schon ziemlich oberflächlich rüber.

Doch an einer Uni wie der 'University of California' in San Diego, die im nobleren Teil der Stadt lag, war es vollkommen normal auf solche Menschen zu treffen. Anfänglich war ich mir als Britin ziemlich fehl am Platz vorgekommen unter all den Reichen Amerikas. Auch wenn ich schon gut gebräunt war für eine aus diesem Teil Europas, so stach ich doch unter all den Gebräunten ziemlich hervor. Liam war auch so ein Sunnyboy, der in seiner Freizeit surfte und eine Party nach der anderen am Strand feierte.

Gemeinsam kamen wir nach wenigen Minuten Fahrt mit Jennifers Cabrio auf dem Parkplatz der Uni an. Obwohl es erst März war und somit Anfang Frühling, war es schon extrem warm, dass man selbst früh am Morgen keine Jacke mehr brauchte, ganz anders als in meiner Heimat. Ich genoss die warme Frühlingssonne auf meinem Gesicht, als ich den beiden, die Hand in Hand über den Vorplatz liefen, ins innere des Gebäudes folgte. Ich war seit Wochen echt so gut wie abgeschrieben. Die beiden sahen sich nur noch gegenseitig. Doch wer konnte es ihnen Übel nehmen. Ich wäre mit Sichheit auch so, wenn ich endlich mal einen Feund hätte, doch bis auf ein paar harmlose Flirts war noch nichts passiert in den zwei Jahren, die ich hier schon wohnte.

Als wir durch den Flur liefen und an der Pinnwand mit den Kursterminen vorbei kamen, fiel mir plötzlich wieder ein, dass wir ja heute zum ersten Mal den Gastdozenten hatten, den unser Biologieprofessor angekündigt hatte. Sofort war meine Laune im Keller, denn das Thema nordische Mythologie, klang für mich so sinnlos, wie die zusätzlichen Stunden, die wir Dank des Professors hatten. Mister Glassman hatte jedoch gemeint, dass unser Horizont einmal etwas erweitert werden müsse, denn neben Biologie, Chemie und Physik hatten viele von uns nichts anderes im Kopf.

Müde ließ ich mich neben Liam und Jen in der dritten Reihe des Hörsaales auf die Bank gleiten und nippte an meinem Kaffee, der mittlerweile schon recht kalt geworden war. Liam saß zwar links von mir, doch kam es mir eher vor, als wäre dort eine Wand, denn ich konnte nur noch seinen Rücken sehen, denn Jenny war das einzige, was ihn interessierte.

Mit jedem Schüler wurde es im Raum nun immer lauter und unruhiger. Mein Kumpel Cole, der hier auf dem Campus wohnte, nahm schwungvoll neben mir Platz und unarmte mich kurz. Mit strahlenden blauen Augen grinste mich der immer gut gelaunte 22 Jährige an und nahm mir den Kaffee aus der Hand. Bei uns beiden hatte es sich so eingebürgert, dass wir alles teilten, was wir so hatten. Doch als er bemerkte, dass das Getränk nicht mehr warm war, wie er es gern hätte, schob er es mit verzerrtem Gesicht wieder zu mir.

"Ja dann wollen wir doch mal schauen, was uns jetzt erwartet. So ein Schwachsinn diese nordischen Sachen. Wer glaubt denn auch noch an so was?", ließ Cole sich nun aus, da nun sein Muntermacher, wie er Kaffee immer nannte, nicht mehr zur Verfügung stand. Dieses Thema ließ sogar Liam Jen für einen Moment vergessen und er drehte sich zu uns um. "Das ist der totale Quatsch", stimmte Liam Cole zu. Liam beugte sich vor mich, um sich besser mit seinem Kumpel über den Lärm hinweg unterhalten zu können. Ich kam mir dabei vor wie die Wurst auf einem Sandwich. Noch bevor der Dozent überhaupt erschienen war, begannen die beiden sich richtig auszulassen. Nach den Sätzen "wir wissen doch wie das Universum aussieht", "der Mensch stammt vom Affen ab und wurde nicht erschaffen" und "Götter sind doch höchstens gut für unterhaltsame Actionfilme", versuchte ich die beiden auszublenden, was echt nicht einfach war, da sie mich noch immer einquetschten.

Doch als der Gastdozent den Raum betrat, waren die beiden nur noch Nebensache. Während Liam und Cole gar nicht bemerkten, dass es nun Zeit war still zu sein, schielte ich zwischen den beiden hindurch und musterte den jungen Mann, der zum Pult lief und seine Aktentasche darauf fallen ließ.

Ich schien als einzige ihn bemerkt zu haben, denn das Gerede um mich herum wurde nicht leiser. Dabei war er doch gar nicht zu übersehen. Er war groß und schlank und mit seiner blassen Haut und den schwarzen fast schulterlangen Haaren, die locker nach hinten gekämmt waren, fiel er auf, wie ein bunter Hund unter all den Kaliforniern. Fast niemand hier hatte dunkle Haare, blond war die vorherrschende Farbe. Doch was ich noch sehr viel herausstechender an ihm fand, waren die strahlenden grünen Augen, mit denen er die Studenten einem nach dem anderen praktisch abscannte. Langsam wurde es dann doch leiser um uns herum, doch meine zwei Kumpels, die mittlerweile beim Thema Party angekommen waren, waren zu vertieft um die Stille zu bemerken. Die Augen des Dozenten blieben bei den beiden hängen. Mich hintendran konnte er dabei gar nicht sehen. "Ehm Jungs", räusperte ich mich und deutete nach vorne. Da endlich bemerkten sie, dass die Vorlesung eigentlich bereits begonnen hatte.

Hiii,

so das war mein erstes Kapitel und ich hoffe natürlich es hat euch gefallen. Es ist mal was ganz anderes für mich eine "alltägliche" Geschichte zu schreiben mit Uni und allem drum und dran. Da finde ich Fantasy zu schreiben ehrlich gesagt echt einfacher, weil man Orte und so erschaffen kann, so wie man sie braucht.

Lasst mir doch gerne ein paar Votes und Kommentare da, damit ich weiß, dass es gut ist, was ich hier schreibe oder auch schlecht wenn es so sein sollte :D

Lg eure Cristina

Ragnarök - Frühlingssonne✔Where stories live. Discover now