Chapter Twenty-One: Auf der Suche nach Morgen

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Schon als ich die Flure zum Hörsaal lief, hatte ich ein ungutes Gefühl. Etwas stimmte ganz und gar nicht. Ich schob es auf meine Angst, wie der erste Moment zwischen uns sein würde nach gestern Abend. Doch als wir alle zwanzig Minuten auf Aidan gewartet hatten, bekam ich es mit der Angst zu tun.

"Er hat bestimmt kalte Füße bekommen", flüsterte ich Jenny zu. "Er denkt es war ein Fehler und traut sich nicht mehr zu kommen. Er will mir bestimmt aus dem Weg gehen."

"Ach Quatsch, er wurde bestimmt nur aufgehalten", versuchte sie mich zu beruhigen. Doch weitere zehn Minuten vergingen ohne ein Lebenszeichen. Die ersten Stundenten verließen genervt den Raum.

Ich würde bald wahnsinnig werden, wenn ich nicht gleich erfahren würde warum er nicht hier war. Da erinnerte ich mich an seine Visitenkarte. Mit zitternden Händen kramte ich sie aus meiner Tasche. Cole warf einen Seitenblick darauf. "Was läuft denn zwischen dir und unserem Dozenten? Hab ich da etwas nicht mitbekommen?", er stubste mich spielerisch von der Seite an.

Ich schob seine Hand weg. "Nicht jetzt Cole." Ich war noch immer sauer auf ihn und seine Art nervte im Moment gewaltig. Hastig wählte ich Aidans Nummer und konnte dabei nicht mal mehr mir die Zeit nehmen aus dem Raum zu gehen.

Nach wenigen Sekunden ging der Anrufbeantworter ran. Ich blickte fragend zu Jenny, was ich nun sollte. Sie formte mit ihren Lippen die Worte: 'sprich ihm drauf.' Also tat ich das.

"Hey Aidan, ich bins, Elaine. Wo steckst du? Wir warten hier alle auf dich. Ich hoffe dir ist nichts passiert. Bitte melde dich schnell zurück."

Plötzlich erschien eine der Studentinnen, die gerade eigentlich gegangen war wieder in der Tür und rief uns zu:" hey Leute, kommt schnell. Mister Cunningham möchte uns etwas mitteilen."

"Es geht bestimmt um Aidan", sprach Liam aus, was wir alle dachten. Ich glaubte mittlerweile nicht mehr daran, dass er einfach nur im Stau stand, krank war oder so etwas Harmloses. Wie in Trance schnappte ich mir meine Sachen und drückte mich an den anderen vorbei. Auf die Rufe von Jenny, ich solle doch warten, reagierte ich nicht.

Ich konnte nicht mehr sagen, wie ich durch die Flure kam bis hinaus auf den Pausenhof. Das einzige was ich noch mitbekam war die Ansprache von unserem Präsidenten, der uns bestürzt mitteilte, dass Aidan einen Unfall gehabt hatte. Sie hatten sein komplett zerstörtes Auto gefunden. Man wusste nicht wo er war, doch aufgrund des vielen Blutes am Unfallort würden die Ärzte nicht davon ausgehen, dass er das überlebt haben konnte.

Wenn jemand etwas mitbekommen haben sollte, solle er sich unverzüglichbei ihm melden.

Ich konnte die Worte gar nicht wirklich realisieren, sie drangen nicht ganz zu mir durch. Erst als Jenny mich tröstend in den Arm nahm und sagte es würde alles wieder gut werden, brach ich zusammen.

Sie mussten mich wohl nach Hause geschafft haben, damit keiner meine Tränen sah und sich seinen Teil dachte, denn als ich langsam aus meiner Trance erwachte, lag ich in meinem Bett. Der Rolladen war leicht herunter gelassen worden und auf dem Nachttisch stand eine Tasse Tee. Eigentlich hatte ich keinen Durst, aber ich fühlte mich gleichzeitig auch so ausgetrocknet von all dem Weinen, dass ich einen Schluck trinken musste. Er war bereits kalt, doch das störte mich im Moment nicht. Alles war mir vollkommen egal. Ich wollte nur wissen wo sich Aidan befand und wissen, dass es ihm gut ging. Das würde mir schon reichen. Nur ein kurzes Lebenszeichen. Doch als ich auf mein Handy schaute, musste ich feststellen, dass ich keine Nachricht oder einen Anruf von ihm bekommen hatte. Lediglich Victoria hatte geschrieben:' Elaine, hast du das schon von Aidan mitbekommen? Der totale Schock.' Sie konnte nicht wissen, wie nahe wir uns gekommen waren. Aber diese zwei Sätze reichten schon vollkommen aus, um mich erneut in einem Heulkrampf wieder zu finden.

Ragnarök - Frühlingssonne✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt