Chapter Twenty-Six: Hinab in den Tod

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Passend zu Weihnachten hab ich heute das letzte Kapitel für euch. Morgen folgt dann der Epilog.
Viel Spaß beim Lesen
Ps: oben habe ich ne Zeichnung von mir reingestellt, ein paar werden es denk ich schon aus meinem Kunstbuch kennen. Aber da es Loki ist, wollte ich es euch nicht vorenthalten ;)  
So aber jetzt: los geht's...

Wie stellt man sich ein Leben nach dem Tod vor? Himmel oder Hölle? Wiedergeburt? Ich persönlich war wohl immer der Ansicht gewesen, der Geist würde in einen neuen Körper übergehen und man sich an nichts mehr erinnern. Deswegen war ich umso mehr überrascht, als ich mich mitten in einer Menschenschlange wiederfand. Ich konnte mich an alles erinnern, was geschehen war. Der Unfall, die Lügen Aidans. Ich sah sein Gesicht wieder vor mir, seine Tränen. Er hatte mich wirklich geliebt, das wusste ich nun. Doch dadurch verstand ich noch weniger, warum er mir nicht einfach die Wahrheit gesagt hatte. Was war passiert, dass er nicht mit mir darüber sprechen konnte?

Zumindest gab es eine Sache, die gestimmt hatte. Die nordischen Götter. Die Neun Welten, denn als ich mich umsah wusste ich sofort, wo ich mich befand und ich hatte den tatsächlichen Beweis, dass sie existierten und mit ihnen alles, was er uns erzählt hatte.

Ich war in Helheim, beziehungsweise auf dem Weg dahin. Ich war so froh zu wissen, was nun kommen würde, dadurch empfand ich keine Angst. Vielleicht lag es auch daran, dass ich tot war, dass ich so ruhig und gelassen war, wie noch nie. Ich blickte mich um. Die Menschen und andere Wesen, die ich nicht ganz zuordnen konnte, liefen langsam auf die Brücke vor uns zu. Sie achteten nicht aufeinander und auch nicht auf ihre Umgebung. Mit gesenktem Blick brachten sie Stück für Stück die letzte Etappe zu ihrem endgültigen Ziel hinter sich. Sie wussten nicht wie ihnen geschah, sie mussten verzweifelt sein und sich alleine fühlen. Die meisten von ihnen waren alt, Menschen, die durch Krankheiten oder Schwäche gestorben waren. Doch auch erschreckend viele Kinder waren unter uns. Ihren abgemagerten Körper, die traurigen Blicke. Die meisten von ihnen stammten mit Sicherheit aus der Dritten Welt und waren an Unterernährung gestorben. Ich hatte noch nie weggeschaut, wenn es um andere Menschen ging, die es nicht so gut hatten wie ich, wusste daher über das meiste Bescheid, doch sie jetzt hier so zu sehen, war erschreckend.

Und eines wurde mir bewusst. Egal wie reich oder arm, böse oder gut man war, am Ende würde man immer vor Hel stehen. Man konnte noch so viel besessen haben, der Reichtum nutzte einem nichts mehr, wenn man tot war.

Ich ließ meinen Blick über ihre Köpfe schweifen und betrachtete die karge Landschaft. Zerklüftete Berge und Felsen ragten aus einer unendlichen Weite in den wolkenverhangenen Himme. Ein leichter Wind ließ den Sand am Boden immer wieder aufwirbeln. Keine Pflanze konnte in dieser Einöde überleben. Die Sonne war niemals zu sehen. Die Wolken waren dicht und ließen kaum Licht bis auf den Boden. Ein graugelblicher Schein tauchte alles in eine drückende Atmosphäre. 'So sieht es also aus, hier unten in der neunten Welt, im Totenreich', dachte ich und ging wieder einige Schritte nach vorne. Ich kam der Riesin, die am Anfang der Brücke stand immer näher. Wenn ich mich noch richtig erinnerte hieß sie Modgur und entschied darüber, wer in das Totenreich eintreten durfte und wer noch nicht bereit war. Doch die
wenigsten unter uns waren wohl bereit tot zu sein. Ich wünschte mir nichts sehnlicheres als aufzuwachen und dies nur als verstörenden Albtraum irgendwann vergessen zu können. Doch ich wusste, dass ich nicht mehr aufwachen würde. Endlich war ich auch nahe genug, um zu erkennen warum hier eine Brücke war. Ein dunkler bestimmt 30 Meter breiter reißender Fluss bahnte sich seinen Weg durch die Landschaft. Sein Wasser war pechschwarz. Auf der anderen Seite konnte ich nun einige Felsen sehen. Unter einem Vorsprung lag ein gewaltiger Wolf mit dunklem Fell und weißen Augen. Er war an einer langen Kette an den Felsen gebunden und beobachtete die Szene gelassen. Garm, der Bewacher von Helheim. Ich war erstaunt, wie viel mir doch im Gedächtnis geblieben war. Es hatte sich ausgezahlt die letzten Tage mit Lesen zu verbringen.

Ragnarök - Frühlingssonne✔Where stories live. Discover now