1. Kapitel

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Ich wache auf und brauche einen Moment um in der Realität anzukommen. Seit dem Tag habe ich immer wieder Momente, indem ich Zeit benötigte um zu verstehen dass all diese Schlimmen Dinge tatsächlich passiert sind. Die kurze Zeitspanne zwischen dem Vergessen und dem Erinnern ist die einzige Zeit, in der ich nichts fühlen muss, die einzige Zeit in der ich mich noch wie ein Mensch fühle. Doch sobald die Bilder auf mich ein prassen, ist dieser Moment vorbei. Ich nehme mein Handy von der Nachtischkonsole um zu sehen, ob meine Freunde mir geschrieben haben, was Unsinn ist, denn das werden sie nicht mehr. Trotzdem, ich kann es nicht lassen, es ist beinahe zwanghaft. Die Psychologin meinte, dass es normal ist und sich das mit der Zeit legen wird. Ich hoffe nicht, denn es ist das einzige was mir hilft aufzustehen und den Tag irgendwie zu überstehen, ohne dabei vollkommen den Verstand zu verlieren.

Das Bild von uns auf der Bowlingbahn verdunkelt sich auf dem Display, ehe es sich abschaltet und schwarz wird. Wir waren eine außergewöhnliche Kombination von Freunden und wir passten nicht in dieses normale Schema einer Highschool. Wir waren sportlich, wir waren faul, wir waren schlau, wir waren dumm, wir liebten die Aufmerksamkeit und wir hassten sie. Aber vor allem waren wir Freunde, die zusammen hielten, egal was kam und das meine Freunde so besonders für mich.

Taylor Cooper, Footballspieler, Frauenschwarm und eine Niete in Physik.

James Miller, Computerass, Sporthasser und seit vier Jahren in einer festen Beziehung mit Leann.

Leann Smith, das netteste Mädchen, das ich kannte. Intelligent und hilfsbereit.

Josh Mayer, er gehörte zu den wenigen auf unserer Schule, die eine andere Hautfarbe hatten. Er nahm das Leben mit einer Leichtigkeit, die ich immer wieder bewunderte.

Susan Kennedy, das beliebteste Mädchen der Schule, Hübsch, Cheerleader und sozial aktiv.

Lion Fernandez, ein Mensch, der versuchte dem Leben aus den Slums zu entkommen.

Und ich. Ich war irgendwie eine Mischung von allen, aber ich war weder so sportlich wie Tyler oder Susan, noch so Intelligent wie James oder Leann. Ich war einfach ich und das schien zu reichen.

Es war ein lustiger Abend gewesen, zwei Wochen vor dem Tag. Die Prüfungen lagen hinter uns und wir hatten endlich wieder alle Zeit gehabt, uns zu Vergnügen. Die Bowlingbahn war schon immer unser Lieblingsort gewesen, denn es gab alles war unser Teenager Herz begehrte. Wir scherzten, tranken Milchshakes, erzählten von unseren Plänen und überlegten, was wir mit dem Rest des Jahres anfangen wollten. Es war unser letztes gemeinsames Jahrm, nur James und Leann sollten die einzigen sein, die zusammen auf ein College gehen würden, wir anderen verstreuten uns in alle Richtungen. Ich sehe es vor mir, wie wir feierten, dass Lion ein Stipendium erhalten würde, wie wir jubelten, weil Taylor eine Runde ausgab, weil seine Mannschaft die Meisterschaft antreten würde und Susan berichtete von einem Projekt, dass sie bald anfangen wollte. Es war lustig und ich war froh, dass Josh uns zu einem Foto gezwungen hat. Sein Argument, dass man nie wisse, wann wir das nächste Mal die Gelegenheit hatte ein gemeinsames Foto zu machen, klang damals banal, aber heutiger Sicht wünschte ich mir, wir hätten ständig Fotos oder Videos gemacht.

Wie in den letzten Tagen entsperre ich mein Handy und öffne unsere Gruppenchat. Oben in der Ecke ist ein Miniaturbild von uns und Die Anarchisten stand daneben. Josh nannte uns immer so, weil wir nicht wie das normale System waren. Noch eine Stunde Sport und ich sterbe. Das war die letzte Nachricht, geschrieben von Leann. Josh hatte einige Lachende Smilys geschickt und von Lion kam nur ein Daumen hoch. Es war kurz vor der Pause, ich weiß es so genau, weil sich diese letzten Bilder so tief in mein Hirn gebrannt haben, dass ich sie unmöglich jemals in meinem Leben vergessen kann. Ich lief aus dem Unterricht gerade Richtung Schulhof, um die anderen zu treffen, als ich sie las und ich nahm mir vor, sie gleich darauf anzusprechen, statt eine Antwort zu senden Ich war schon immer schreibfaul. Der Hof war gut gefüllt, denn das Wetter war ziemlich gut im Vergleich zu den letzten Tagen. Der Himmel war Wolkenfrei und die Sonne schien in mein Gesicht. Ich weiß noch, wie ich dachte, dass es das perfekte Badewetter war. Vielleicht könnten wir uns am See treffen, hatte ich mir gedacht. James und Susan waren bereits vor mir da, Lion kam kurz nach mir. Nach und nach trafen die anderen zu uns und weil es so sonnig war, beschlossen wir uns an den letzten freien Tisch zu setzten, nahe am Schulhofeingang. Susan erzählte gerade etwas über ihr Projekt, ihre blonden Haare schimmerten Golden in dem Licht. James hatte Leann im Arm und die beiden flüsterten sich etwas zu. Lion erzählte von seiner Familie und Josh lachte laut darüber, während er sich in die Hände klatschte.

Es war ein schöner Tag und er war verheißungsvoll. 

Alles war normal.

Dann erklang der erste Schuss.

The AnarchistsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt