Krankenbesuch

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Mit zitternden Fingern umklammerte ich Lilys Hand. Die letzte Nacht war kurz gewesen und an Schlaf war gar nicht zu denken. Zu tief saß der Schmerz, dass mein Dad tot war, und die Ungewissheit, ob meine Mom je wieder gesund sein würde. Doch diese Ungewissheit, sollte sich in den nächsten Stunden ändern. Denn Lily, Pad und ich waren gerade ins Mungos gefloht und gingen nun zu der uns besagten Abteilung. In mir brodelte ein Feuer. Ich wollte wissen, was mit meiner Mom war. Wie es ihr ging. Was passiert war. Ob sie wohl ansprechbar war? Ich sollte mir wahrscheinlich keine allzu großen Hoffnungen machen. Lily blieb stehen und ich mit ihr. Hier standen wir. Nur eine Tür entfernt von Mom. „Guten Tag, kann ich ihnen helfen?", hallte eine weibliche Stimme durch den Flur. Ich drehte mich um. Eine Heilerin kam auf uns zu und betrachtete mich skeptisch. „Ich bin James Potter. Ich würde gerne meine Mutter besuchen, wenn es geht!", sagte ich mit rauer Stimme. „Erst einmal möchte ich ihnen mein herzlichstes Beileid ausdrücken, Mr. Potter. Ich weiß wie schwer es ist ein Elternteil zu verlieren. Doch ich habe eine positive Nachricht für sie. Ihrer Mutter geht es den Umständen entsprechend. Der behandelnde Heiler wird ihnen später gerne die Details erklären." Ein Stein fiel von meinem Herzen und ich hörte wie sowohl Lily, als auch Pad erleichtert aufatmeten. Ich nickte. „Dürfen wir sie jetzt besuchen?", fragte Pad und die Heilerin nickte aufmunternd. „Sie dürfen hinein, aber bitte überfordern sie sie nicht. Sie ist noch schwach und will die Realität, dass ihr Ehemann getötet wurde nicht wahrhaben. Bitte berücksichtigen sie dies." Wir nickten und öffneten leise die Tür.

Das Zimmer war hell erleuchtet und das Fenster stand offen. Durch das geöffnete Fenster flutete frische Luft gepaart mit dem Zwitschern der Vögel hinein. An der Wand stand ein Krankenbett und darauf lag, ihren Blick an die Zimmerdecke geheftet, meine Mom. Als die Tür wieder ins Schloss fiel, zeigte sie keine Regung. Vorsichtig löste ich meine Hand aus Lilys und ging langsam auf Mom zu. Erst als ich direkt neben ihrem Bett stand, drehte Mom ihren Kopf zu mir um. Sie war blass und unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Eine lange Narbe zog sich von ihrer Wange zum Ohr und ihre Arme waren übersäht mit Blutergüssen. Ihre Lippen verzogen sich zu einem kleinen, erschöpften Lächeln. „James...Mein Sohn...", flüsterte sie und meine Knie knickten ein. Ich umarmte sie, sodass ich halb auf dem Bett hing. Tränen flossen meine Wange hinab. „Alles wird wieder gut...", tröstete sie mich. Sie hatte leicht reden. Schließlich glaubte sie nicht daran, dass Dad tot war. Ich wischte meine Tränen weg und betrachtete Mom noch einmal ausgiebig. Wie würde sie es verkraften, wenn sie merkte, dass ihr Mann nie wieder nach Hause kommen würde? Ich wollte es mir gar nicht ausmalen. Doch das musste ich auch nicht. Es zählte im Moment nur der Augenblick, indem ich wusste, dass es Mom gut ging!

Lily:

Dieses Bild, wie die beiden Jungs am Krankenbett ihrer Mutter standen, brach mir fast das Herz. Dieser Zusammenhalt und die Liebe, die sie einander überbrachten. Sie gaben sich gegenseitig Halt in der schweren Zeit. Es klopfte an der Tür und ein großer, breitschultriger Mann mit kurzem braunen Haar kam herein. Es war der behandelnde Heiler, was man seinem Umhang unschwer erkennen konnte. „Mrs. Potter, wie geht Ihnen?", fragte er mit einer tiefen Stimme. James und Sirius, die gar nicht bemerkt hatten, dass jemand den Raum betreten hatte, schreckten auf und stellten sich zu mir ans Fenster. James legte seinen Arm um mich und begutachtete den Heiler. „Es geht mir schon viel besser.", antwortete Kathleen mit brüchiger Stimme. „Das zeigen uns auch ihre Untersuchungsergebnisse von heute Morgen." Ich spürte, wie James Körperanspannung sich etwas verminderte. „Wann wird sie denn wieder nach Hause kommen können?", fragte mein Freund und trat auf den Heiler zu. „Das kommt ganz darauf an, wie sich die Werte in den nächsten Tagen verändern. Aber zwei Wochen wird es auf jeden Fall noch dauern. Aber darüber würde ich gerne persönlich mit Ihnen sprechen." James nickte und verschwand mit dem Heiler aus dem Zimmer.

James:

„Setzen Sie sich doch!" Der Heiler deutete auf den Stuhl an der anderen Seite des Tisches. „Ich muss sie nun leider mit den ganzen Details quälen. Sind sie damit einverstanden?" Ich nickte. „Gut. Also zuerst möchte ich ihnen sagen, dass ihre Mutter eine sehr große Kämpfernatur ist. Nicht jeder Verletzte erholt sich von solchen Verletzungen und das in so schneller Zeit. Ihre Mutter schwebt zwar nicht mehr in Lebensgefahr, doch sie wird den Rest ihres Lebens unter den Folgen leiden." „Wie meinen sie das? Muss sie Tränke einnehmen? Hat sie Schmerzen?" „Tränke können hier leider nicht mehr helfen. Ihre Mutter wurde von Flüchen getroffen, die die Muskeln ihrer Beine beschädigten. Wir haben getan, was wir konnten, doch nichts hat geholfen. Ihre Mutter wird nie wieder laufen können." Ein Schlag ins Gesicht. Genauso war diese Nachricht. Das war eine schlimme Nachricht. Mom war immer eine so aktive Frau gewesen. Sie wollte immer alles allein machen. Egal ob es der Garten mit ihren Rosen war oder das Dekorieren des Hauses für Feste. Und dies am liebsten auch ohne Magie. Sonst hatte es für sie nicht den gleichen Schönheitsgrad.

„Es ist bestimmt schwer mit diesem Gedanken zu leben, Mr. Potter. Aber seien Sie unbesorgt. Da ihre Mutter zaubern kann, wird sie keine großen Einschränkungen erleben. Sie wird sich immer noch frei bewegen können, nur herumlaufen kann sie nicht mehr." Ich nickte stumm. Was sollte ich auch groß anderes machen. Mich bedanken? Die Sache vor einem Fremden bedauern? Ihn wütend anschreien und meiner Trauer Luft machen?

„War das alles, was sie mir sagen wollten?" Ich hoffte, dass nicht noch mehr Hiobsbotschaften kommen. Das hätte ich nicht ertragen können.

„Nur noch eines, Mr. Potter. Ihre Mutter ist sehr schwach und es wird lange dauern bis sie das Geschehene verarbeiten kann. Es war für Sie alle ein großer Schock, was gestern passiert ist. Doch bei ihrer Mutter sitzt der Schock noch so tief, dass sie es nicht einmal glauben will, dass ihr Mann tot ist." Ein Stich in mein Herz. „Sie blendet die Tatsache, dass er ihr Leben gerettet hat, komplett aus. Sie denkt er könnte jede Minute in ihr Zimmer spazieren und sie in den Arm nehmen. Es ist eine natürliche Schutzwand, die sie da aufgebaut hat. Und bis sie diese ablegt, müssen wir sie hierbehalten. Dies ist ganz allein zu ihrem Schutz. Zu Hause wäre sie allein und würde zu sehr mit ihrem Leben konfrontiert werden. Das könnte schwere psychische Schäden verursachen. Trotzdem muss ich Sie fragen, ob Sie damit einverstanden sind."

„Ich sehe die Vorteile dieser Aktion. Und bin ganz Ihrer Meinung, dass sie hier besser aufgehoben ist als zu Hause. Ich habe ja auch den Abstand durch die Schule und kann mich so besser ablenken. Wenn sie durch ihre Lähmung nur zu Hause säße, würde dies nur noch mehr Schwierigkeiten aufwirbeln und wohlmöglich zu starken Depressionen führen. Trotzdem möchte ich Sie bitten, ihr zu sagen, dass sie aufgrund ihrer Beine hier bleiben muss und nicht aufgrund ihrer Psyche. Denn das würde sie nur unnötig aufregen." „Natürlich. Alles andere würde nur weitere Probleme verursachen. Sie haben viel Ahnung. Schon mal darüber nachgedacht die Laufbahn als Heiler einzuschlagen?", fragte der Heiler lächelnd, vielleicht auch mit dem Hintergedanken mich aufzumuntern oder abzulenken, doch ich schüttelte den Kopf. „Ich will meinen Freunden und Mitmenschen helfen, aber nicht, nachdem es schon geschehen ist. Ich will den Ärger am Keim ersticken und werde daher auch die Laufbahn des Aurors einschlagen." „Das finde ich sehr ehrenhaft. Wo doch ihre Eltern so oft schon verletzt wurden. Für mich wäre dieser Beruf zu gefährlich! Aber es muss schließlich beides geben und ich habe meinen Platz hier gefunden. Wenn Ihrer dort draußen ist, dann wünsche ich Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft." Er lächelte anerkennend.

Mir war klar, dass dies ein sehr schwieriger und gefährlicher Beruf war, den ich ersehnte. Doch ich wollte die Sachen verhindern. Mitmenschen solches Leid, wie ich es verspürte, ersparen. Meinen Freunden und Verwandten ein besseres Leben in Sicherheit schenken. Und vor allem den kommenden Generationen und darunter auch meinen Kindern, die ich vielleicht irgendwann haben werde, eine bessere Welt schaffen. Eine Welt ohne Voldemort und seine Totesser. Eine Welt voller Frieden und endlosem Spaß!

Another James-and-Lily-StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt