Kapitel 107

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Eilig und total aufgeregt renne ich schon fast nach Hause mit dem Brief in meiner Tasche. Ich schmeiße die Tür hinter mir zu und will mich nur noch in mein Bett verkriechen, doch ich werde von Josh aufgehalten.

„Hey, die Tür hat auch eine Klinke!“

„Sorry, kommt nicht wieder vor!“, sage ich genervt in seine Richtung und verdrehe dabei die Augen.

„Ist alles ok mit dir? Du siehst gar nicht gut aus.“, fragt er mich prüfend nach und kommt dabei immer näher auf mich zu.

„Alles ok kann ich jetzt nach oben gehen?“

Er nickt mir nur zu und fragt zum Glück auch nicht weiter nach. Ganz schnell verschwinde ich nach oben und schließe mich in mein Zimmer ein. Endlich alleine, endlich Ruhe.

Hektisch suche ich nach dem Brief, der sich noch tief zwischen meinen Sachen in der Tasche befindet. Nach einigen Minuten halte ich ihn endlich in meinen Händen, fast so wie ein Goldbarren, der jeden Augenblick seinen Wert verlieren würde. Ich verkrieche mich in mein Bett und ziehe die Rollläden bis zur Hälfte hinunter. Überall liegen meine Sachen verteilt auf dem Boden und ich hab keine Motivation irgendetwas zutun. Ganz nervös öffne ich schon fast in Zeitlupe den Umschlage, wo ganz klein geschrieben „für Megan“ drauf steht. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob es richtig ist ihn zu lesen, doch als ich so darüber nach denke, liegt der Brief schon auseinander gefaltet in meinen Händen und lese ihn mir genau durch.

„Liebe Megan,

ich hab lang überlegt, ob ich dir überhaupt etwas Schreiben soll, da ich glaube, dass du mich nach diesem Brief, genauso hassen wirst, wie alle anderen auch. Doch ich muss dir das sagen, weil ich dich einfach nicht weiter belügen will und du in letzter Zeit, die einzige warst, die mir wirklich das Gefühl gegeben hat, dass ich jemanden wirklich etwas bedeuten kann, auch wenn ich diese Gefühle für dich nie erwidern konnte. Ich hab wirklich versucht, immer und immer wieder, mich auf dich einzulassen und mich in dich zu verlieben, doch es hat nicht funktioniert. Immer wenn wir zusammen waren, musste ich an Sunny denken…

Bestimmt verfluchst du mich gerade genauso wie Zac, der auch sein Herz irgendwann an sie verloren hat, doch ich konnte nichts dagegen machen. Ich weiß nicht warum gerade sie. Vielleicht ist es total absurd, denn sie ist bestimmt, die mich am wenigstens von allen leiden kann. Doch oft als wir in Ruhe geredet haben, hat sie sich wirklich für mich interessiert und ich glaub, dass sie mich sogar mehr mag als sie zugeben will. Doch solange Zac in ihrem Leben existiert, werde ich das nie heraus finden können. Ich weiß dass du versuchst mir diese Gedanken auszureden, doch er hat sie nicht verdient. Er hat schon so viel in seinem Leben in den Arsch geschoben bekommen, was ich auch verdient hätte. Diesmal ist es mein Ernst und ich zieh es durch, ich will dass er endlich verschwindet. Ich werde alles dafür tun und auch versuchen, damit sich Sunny endlich in mich verliebt. Und wenn nichts davon klappen sollte, werde ich mir das Leben nehmen…

Das sage ich jetzt nicht nur so, um Mitleid zu bekommen oder ein dramatischen Abgang hinzulegen, doch ich sehe dann einfach keinen Grund mehr weiter zu leben, ohne sie sowieso nicht. In meinem Leben ist schon so viel schief gelaufen, es gibt so viele Dinge, von denen ich nie etwas erzählt hab, die ich selbst noch nicht verkraftet habe. Alle waren schon immer gegen mich und darauf hab ich keine Lust mehr, so ein Außenseiter zu sein. Ich will geliebt werden, sie soll mich lieben.

Du wirst das alles nicht verstehen können, doch ich hoffe einfach, dass du schnell über mich hinweg kommen wirst. Du verdienst jemanden, der dich genauso liebt, wie du es brauchst und der sich nicht in deine beste Freundin verliebt. Und wenn wir ganz ehrlich sind, hast du Zac auch noch nicht wirklich vergessen, ich weiß dass ich recht hab. Doch du bist ein toller Mensch, ein tolles Mädchen, vergiss das nicht auf den Weg, um nach der wahren Liebe zu suchen…“ -Lee-

Warme Tränen laufen mir über die Wangen und ich sitz total zittrig auf meinem Bett. Einige Tränen sind auf das weiß graue Papier gefallen und haben einige Buchstaben weggewischt.

„an Sunny denken“ , „Leben nehmen“ , „Er soll endlich verschwinden.“ die Worte haben sich in meinen Kopf gebrannt. Mir wird in diesem Moment erstmal bewusst, wie krank und verletzt er doch die ganze Zeit gewesen ist. Ich hab wirklich gedacht, dass er einiges nicht ernst gemeint hat, doch der Brief bestätigt das ganze Gegenteil. Ich wische mir immer wieder die Tränen weg, doch mein ganzes Gesicht ist völlig nass und verschmiert.

Er hat mich geliebt, auf eine kranke Art und Weise und ich? Ich habe ihn nur fertig gemacht und mies behandelt, dass hat nicht mal Lee verdient gehabt.

Als ich immer mehr in mich zusammen sacke klopft es plötzlich wie wild an meine Tür und ich schrecke todesängstlich auf.

„Sunny? Bist du da? Mach auf!“, schreit Zac von draußen, doch ich berühre mich keinen Zentimeter von meinem Platz und antworte nicht.

„Sunny!!!!“, ruft er mich erneut, doch ich weiß nicht was ich machen soll. Ich wimmere so leise wie möglich, doch trotzdem hört meine Laute.

„Sunny ich kann dich hören. Mach auf, was ist denn los mit dir?“, hämmert er wider an meine Tür. Und mir bleibt einfach nichts anderes übrig, als ihn herein zu lassen, weil ich weiß dass er keine Ruhe geben wird. Ich öffne die Tür einen kleinen Spalt und gehe sofort wieder rüber zu meinem Bett ohne Zac nur eines Blickes zu würdigen.

„Hallo? Antworte doch! Was ist denn passiert?“, fragt er mich, während er sich neben mir aufs Bett setzt.

„Nichts..“

„Nichts? Du bist einfach so abgehauen, ich versuch dich schon die ganze Zeit zu erreichen und jetzt sitzt du vor mir, kannst kaum richtig reden und sagst zu mir es ist nichts? Das glaub ich dir einfach nicht!“

Ich sehe einfach weiter auf den Boden und versuche einen klaren Gedanken zu fassen, doch mir gehen immer wieder die Worte in Lee’s Brief durch den Kopf. Ich will gerade nicht darüber reden, ich will einfach runter kommen und antworte ihm ganz leise.

„Kannst du mich einfach fest halten?“

Ohne weitere Fragen nimmt er mich einfach in den Arm und mir tut einfach in diesem Moment seine Nähe mehr als gut.

Ich weiß nicht wie lange wir so neben einander schweigend zusammen sitzen, doch irgendwann kommt mir ein ganz irrer Gedanke in den Sinn, den ich sofort mit Zac teilen will. Ich glaube, dass ist gerade das einzig richtige was ich tun kann, was Lee auch gewollt hätte.

„Du hast doch gesagt, dass du immer für mich da sein wirst, nicht wahr?“

Er nickt mir zu und hört mir weiter aufmerksam zu.

„Dann bitte ich dich um etwas wirklich wichtiges, du musst mich wohin begleiten, aber darfst keine Fragen stellen, ok?“

„Ok, ich mach alles.“, sagt er liebevoll und gibt mir einen Kuss auf die Wange.

Wir fahren bis ans andere Ende von Sutton und auf dem Weg dorthin herrscht eiskalte Stille zwischen mir und Zac. Ich lotse ihn durch die ganze Stadt und er hat einfach keinen blassen Schimmer wohin wir fahren, doch er vertraut mir und das schätze ich so sehr an ihm.

Endlich angekommen steige ich zu erst aus und stell mich vor das große dunkle Haus, was mir immer noch eine Heidenangst einjagt. Zögerlich stellt sich Zac neben mich und schaut sich das Haus von oben bis unten an und ist völlig in sich gekehrt.

„Was machen wir hier Sunny? Was ist das für ein Haus?“

Ich gehe ohne etwas zu sagen weiter zur steilen Treppe hinauf und klopfe ganz entschlossen an der Tür, obwohl ich gleichzeitig ein ungutes Gefühl dabei bekomme. Doch meine Hand hat schon die harte Holztür berührt und jetzt gibt es kein zurück mehr. Ich wende mich zu Zac, der mir bis zur Tür gefolgt ist.

„Das wirst du gleich sehen.“

Nervös sieht er zu mir herüber, doch stellt keinen weiteren Fragen und blickt wie ich dann hinüber zur Tür. Nach einigen Minuten öffnet jemand stürmisch die Tür und ist von unseren Dasein wirklich mehr als überrascht, aber nicht sonderlich erfreut drüber.

„Ich glaub es nicht. Was macht ihr denn hier?“

Und irgendwann ist es zu spätOù les histoires vivent. Découvrez maintenant