🌙Kapitel 5🌙

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"...Danke, Elune...", beendete Myraièn ihr Gebet an die Mondgöttin.
Dann stieg sie aus ihrem Bett und lief zum Essenstisch, wo sie ein Blatt Papier und ein paar Stifte nahm und anfing zu zeichnen.
Zuerst malte sie den Kopf mit der schönen goldenen Mondsichel zwischen den gebogenen Hörnern.
Dann malte sie den edlen Körper mit den grünen Schuppen und den wunderschönen kräftigen Flügeln mit der hellgrün-durchsichtigen Membran.
Sie liebte die grüne Drachin sehr, sie wusste nicht warum, aber sie wünschte, sie könnte Ysera finden und für immer bei ihr bleiben.
Ein letzter Strich - das Bild von Ysera war fertig.
Erleichtert legte Myraièn die Stifte beiseite und legte sich wieder in ihr Bett.
Sie schloss ihre hellblauen Augen und ließ sich ins Land der Träume fallen.
Dann, Sekunden später, öffnete sie ihre Augen wieder.
Vor ihr schwebten sich bewegende Bilder, Träume so vieler Lebewesen.
Einer erregte Myraièns Aufmerksamkeit.
Es war der Traum eines kleinen Mädchens, einer Draenei.
Vor den Augen der Draenei fielen eine weibliche und ein männlicher Draenei, grünes Feuer umzüngelte die schwarzen Leichname. Ein Draenei mit roter Haut und grünen Augen kam grinsend auf sie zu, als plötzlich Licht aufflammte und dann war alles weiß.
Erschüttert reimte sich Myraièn zusammen, dass das die Sichtweise einer Draenei gewesen war, die auf der Exodar Jahrtausende vor dem Verräter Kil'jaeden geflohen war, ihre Erinnerung an Argus, ihre Erinnerung an den Tod ihrer Eltern.
Tränen flossen über Myraièns Wangen.
Allerdings fielen sie nicht, sondern schwebten nach oben.
Irgendwie erinnerten sie diese glitzernden Tröpfchen an das, was Aedon ihr gesagt hatte.
Also dachte sie an das Bild von Ysera.
Ein Brüllen und sanfte Flügelschläge ertönten.
Willkommen im Reich der Träume, Myraièn Windsang. Yseras warme Stimme war wie Musik in Myraièns Ohren. Elune erzählte mir von deiner Ankunft.
Die Luft unter Myraièns fallendem Körper formte sich zu einem harten Boden.
Ysera landete und verwandelte sich in eine Elfe.
Du hast bestimmt einen guten Grund, hier zu sein, Myraièn., sagte sie lächelnd und half ihr auf die Füße. Es kommt nicht oft jemand zu mir hineingepurzelt. Man freut sich oft über Gesellschaft an einem solchen Ort wie diesem.
"Wie schafft Ihr es nur, über all diese Albträume zu wachen?", platzte es aus der noch immer unter Schock stehenden Myraièn heraus.
Du meinst wie den Albtraum der Draenei? Ysera seufzte. Es ist einfach meine Aufgabe. Auch deinen Albtraum habe ich oft gesehen. Deswegen bist du zu mir gekommen, nicht wahr, Myraièn?
Sie nickte.
Ich überlege oft, wie ich mit diesen Träumen umgehen soll. Aber meistens komme ich nur auf die Antwort, dass diese Träume vielleicht wichtig sind. Dein Albtraum kam in den letzten siebenunddreißig Jahren immer häufiger, erinnere ich mich. Dieses Jahr sogar schon jeden Monat ein Mal. Das muss etwas bedeuten, Myraièn. Wenn du bei Malfurion bist, musst du ihn darauf ansprechen. Er wird wissen, wie das zu deuten ist. Lächelnd legte Ysera ihr eine Hand auf die Schulter. Elune sagte mir auch, dass ich dir ausrichten soll, dass es gut ist, was du und Aedon tut. Was auch immer es ist, ich wünsche euch gutes Gelingen. Auf bald, meine junge Freundin. Wir werden uns bald wiedersehen.
Die Umgebung löste sich auf, zersplitterte förmlich, wie ein zerbrechender Spiegel.
Myraièn lag wieder in ihrem Bett.
Sie spürte, irgendetwas war anders.
Sie sprang auf und lief zu dem Spiegel im Badezimmer.
Sie hatte sich tatsächlich verändert.
Ihre Haare waren irgendwie türkis geworden und länger, und ihre Illusion war von den grünen Tätowierungen ihrer eigentlichen Gestalt geprägt.
Ysera hatte das irgendwie bewerkstelligt...oder Elune?
Sie wusste es nicht, aber sie war froh darüber.
So müsste sie niemandem erklären, wie ihre Haare von violett zu türkis gekommen waren, sie konnte ihren Besuch bei Ysera als Erklärung nehmen, ohne ihre Illusion erwähnen zu müssen.
"Myraièn...?" Mayas verschlafene Stimme ertönte. "Warum hüpfst du noch hier rum...?"
"Ach, weißt du, ich bin gar nicht müde!", lachte Myraièn leise. "Ich war bei Ysera. Sieh mal, wie sie mich verändert hat!"
"Du bist...größer, siehst anders aus und...ähm...siehst aus wie vierzehn?" Maya blinzelte ungläubig. "Wachst ihr Nachtelfen wirklich so schnell?"
"Ja, das ist sehr hilfreich, weißt du?" Myraièn sah zurück in den Spiegel und freute sich. Alles schien auf ihrer Seite zu stehen.
Maya hielt sie zwar noch für fünf, aber das war sie gar nicht.
"Du, Maya...ich muss dir was beichten..." Myraièn wandte sich der müden Matrone zu. "Ich war gar nicht fünf Jahre alt. Ich war die ganze Zeit älter. Ich sah nur so aus. Ich bin also wirklich vierzehn. Es tut mir leid, dass ich dir das jetzt erst sage..."
"Alles gut. Du hast wahrscheinlich nur auf den richtigen Moment gewartet. Aber ich lege mich jetzt wieder hin..."
"In Ordnung...", murmelte Myraièn und wartete, bis Maya schlief.
Dann ging sie hinaus in das Licht des Vollmondes.
Das silbrige Licht erinnerte sie an ihre Begegnung mit Ysera und ihr Gebet an Elune.
Ihre Göttin stand auf ihrer Seite.
Sie wollte sie und Thanduril wieder vereinen.
Dafür war Myraièn Elune dankbarer, als sie es je hätte mit Worten ausdrücken können.
Vierhundertfünfzig Jahre und noch mehr ohne Thanduril Windsang, das war einfach zu viel für sie.
Der Anblick von ihm, wie er verzweifelt ihre Hand hatte nehmen wollen, wie er gegen die Barriere geschlagen hatte.
Sie vermisste ihn.
Sie hätte ihm so gern gezeigt, dass sie überlebt hatte.
Jetzt war er Krieger bei der Dämmerlilie, war nicht glücklich und hielt sie für tot.
Tot.
Das war sie gar nicht.
Allerdings könnte es sein, dass sie auf der Schifffahrt nach Rhu'Theran - die Route ging offenbar in einer sanften Kurve an den fünf uralten Reichen vorbei - die Barriere über ihrer geliebten Heimatstadt sehen konnte, einen leichten, hellvioletten Schimmer, der ihr sagen würde, dass Thanduril noch sicher unter der Barriere verweilte und darauf wartete, dass sie als Irrlicht zu ihm kam.
Aber das würde sie nicht.
Sie würde ihn lebendig und mit offenen Armen empfangen und ihn nicht mehr loslassen.
Das schwor sie sich.
Seufzend setzte sich Myraièn in Bewegung und ging langsam und leise zur Löwenruh, die dort stand, seit die von Deathwing zerstörten Häuser aus der Zeit des Kataklysmus abgerissen worden waren.
Dort setzte sich Myraièn auf eine Bank am Rand des runden Plateaus und sah hinunter in den Hafen, wo ein Schiff, die Bravado, in den Docks einlief und festankerte.

Why the druid can't say YesOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz