Kapitel 73

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Jack versuchte alles aus dem kleinen weißen Mini zu holen. So fühlte es sich zumindest an, denn er bretterte wie ein Verrückter über den Highway. Die Koffer schlugen bei jeder kleinen Unebenheit gegen den Kofferraumdeckel und somit wurde die Fahrt von einem stetigen dumpfen Aufschlag begleitet.
Im Auto selbst war es ansonsten still. Kein Musical Gesang drang aus dem Radio und Jack war auch nicht so gesprächig wie sonst.
Ich warf gelegentlich einen Blick in seine Richtung, sah zu seinen Händen, die das Lenkrad fest umklammerten, sodass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Jack, ich könnte ja auf den Gedanken kommen, dass du dich davor sträubst in die Hamptons zu fahren, aber so wie du am rasen bist, sind wir umso schneller da, dass weißt du hoffentlich", bemerkte ich nach weiteren zehn Minuten Stille und sah erneut zu ihm.
„Ich sträube mich nicht, Jamie. Ich bin nur nervös."
„Und deswegen bretterst du wie ein Irrer über die Straßen? Du bist viel schneller unterwegs als das Tempolimit erlaubt", merkte ich an, nachdem wir ein Temposchild passierten, auf dem eine große 120 abgebildet war.
Jack hingegen zog es vor uns mit 200 Meilen pro Stunde in den sicheren Tod zu befördern.
„Meine Eltern hassen Unpünktlichkeit", erwiderte er bloß knapp, sodass ich seufzend auf die verschleierte Landschaft starrte, aber dennoch nicht sehr lange meinen Mund halten konnte.
„Du verhältst dich den ganzen Tag schon so komisch. Wir sind doch nicht auf der Flucht, Jack."
„Du vielleicht nicht", sprach er leise, mehr zu sich selbst, aber ich runzelte trotzdem die Stirn und sah in seine Richtung.

„Du schon, oder wie darf ich das verstehen?", hakte ich ernst nach, sah zu wie er sein Gesicht zu einer verzweifelten Fratze verzog und anschließend sogar noch mehr aufs Gas drückte, sodass die Tachonadel irgendwo zwischen 220 und 230 hin und her zitterte. Offensichtlich schien er wirklich vor etwas fliehen zu wollen und als ich instinktiv über die Schulter nach hinten schaute, lachte er verbittert auf.
„Wir sind in keinem dämlichem Actionfilm, Jamie. Hinter uns ist keiner her."
„Dann hör auf uns umbringen zu wollen. Die Polizei patrouilliert auf solchen Strecken und wenn die uns erwischen, dann sind wir mehr als zu spät", redete ich auf ihn ein, während ich mich wieder vernünftig in meinen Sitz setzte.
Denn Blick stets auf der Tachonadel, beobachtete ich, wie sie sich zwar wieder der 200 näherte, jedoch nicht mehr weiter runter ging.
„Ich arbeite für die Polizei."
„Das macht die Strafe aber nicht geringer. Bitte, Jack. Fahr langsamer", flehte ich und spürte Erleichterung in mir, als er mit verbissener Miene den Gang wechselte und das Tempo drosselte.
„Jetzt sag mir was los ist."
„Ich habe nichts, Jamie."
„Doch...das sehe ich und dafür brauche ich nicht deine übermenschlichen Fähigkeiten."

Er starrte stur auf die leere Straße vor uns und war drauf und dran wieder mehr Gas zu geben.
„Jack, irgendetwas macht dich wütend. So kannst du nicht fahren", merkte ich beunruhigt an.
„Ich hab alles unter Kontrolle", knurrte er leise und langsam aber sicher befürchtete ich, dass er kurz davor war durchzudrehen.
„Halt an. Ich fahr weiter", befahl ich und zu meiner Überraschung seufzte er bloß schwer auf, nahm das Tempo zurück und hielt zu guter letzt auf dem Seitenstreifen.
Nachdem wir die Plätze getauscht hatten, fuhr ich los und hörte seinen regelmäßigen Atemzügen zu, die urplötzlich in ein Schluchzen übergingen.
„Jack was..."
„Ich habe überhaupt nichts unter Kontrolle", klagte er verzweifelt schlug einmal gegen das Armaturenbrett.
„Was meinst du?", hinterfragte ich vorsichtig, löste den Blick für ein paar Sekunden von der Straße, um zu ihm sehen zu können und schaute dann wieder nach vorne.
„Ich habe mich alleine gefühlt. Ich wollte es eigentlich nicht, aber er war da und hat mir diese Einsamkeit in gewisser Hinsicht genommen. Das war alles was ich in diesem Moment gebraucht habe. Ich wollte mich nicht mehr einsam fühlen, wenigstens für ein paar Stunden", hauchte er verzweifelt, doch so sehr ich auch versuchte ihn zu verstehen, wusste ich nicht worauf er hinaus wollte.
„Sprichst du von Nate?", fragte ich verwirrt nach und bei seinem Namen schluchzte er gleich erneut auf.
„Er wird mich verlassen."
„Jack, wovon sprichst du da eigentlich? Wer wird dich verlassen?"
„Nate!"
„Wieso das denn? Er liebt dich, Jack."
„Genau. Er liebt mich und ich habe ihm so etwas angetan", murmelte er leise und ich blickte erneut zu dem Häufchen Elend neben mir.
„Was hast du ihm denn angetan?", hakte ich behutsam nach.
„Ich habe die Einsamkeit verbannt. Für einige Stunden. Und...Ash hat mir dabei geholfen", beendete er leise. Ich war zu geschockt, um überhaupt wirklich zu realisieren was er mir gerade erzählt hatte. Nun ergab auch alles einen Sinn. Er versuchte vor seinem Fehler abzuhauen. Der Fehler namens Asher Sawyer, der ihn verführt und anschließend gebrochen hatte.

Locked Away || gxg  (Wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt