Grandma Sundermeyer

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Ich war seit jeher etwas seltsam. Ich glaube an das Übernatürliche und dass bereits seit ich klein war. Mittlerweile habe ich Enkel, die mir sagen, ich spinne und dennoch kann ich nicht von diesem Glauben ablassen. Die Einzige, die mir immer zuhört, ist meine Enkelin Sophia, welche deswegen auch die Person ist, mit der ich am meisten Zeit verbringe. Eines Tages saß ich in meinem Sessel in meinem Haus in Volterra und dachte darüber nach, wie schlimm ich es fand alt zu werden. Ich hatte mich zwar bisher gut gehalten aber ich wusste, dass das auch nicht ewig so bleiben würde. Ich konnte mich nicht damit abfinden, dass ich irgendwann sterben würde. Es war die schlimmste Tatsache die ich mir vorstellen konnte.

Also wusste ich auch, dass ich es nie so weit kommen lassen würde, dass mir eines Tages das Glas aus der Hand gleitet und ich mit Falten im Gesicht und grauen Haaren auf dem Kopf den letzten Atemzug tätigen würde, lieber würde ich meinem Leben vorher selbst ein Ende setzen. Das klingt sicher sehr schrecklich, aber das war nun mal meine Einstellung.

Da ich diesen Tag mittlerweile als sehr nah betrachte, hatte ich beschlossen, es heute zu tun. Das Einzige, was ich meiner Familie hinterließ, war ein Brief an meine Lieblingsenkelin Sophia, in dem ich ihr erklärte, dass es der einzige Weg für mich wäre. Ich bin sicher, sie wird es verstehen.

Ich wollte es dort tun, wo mein Glauben an das Übernatürliche angefangen hatte und dieser Ort war das Schloss Volterras, über das mir meine Eltern viel erzählt hatten. Ich hatte es jedoch bis heute nie betreten, da ich meine Fantasien über dieses Gemäuer nicht der Wirklichkeit weichen lassen wollte und dennoch zog mich dieser Ort an diesem schicksalhaften Tag geradezu magisch an, was mich dazu veranlasste eine Führung zu buchen, da man ohne dergleichen nicht das Schloss betreten durfte. Ich verließ also mein Haus und machte mich auf den Weg zum Marktplatz wo die Führung starten sollte. Außer mir waren hauptsächlich nur Touristen anwesend. Ich folgte unserer Tourleiterin in das alte Gebäude und war fest entschlossen, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wir kamen an einer großen Tür an und ich hatte vor, mich demnächst von der Gruppe zu trennen, doch als wir in dem Saal waren, wurde die Tür zugestoßen und es gab auch keinerlei zweiten Ausweg aus dem Raum. Das war sehr merkwürdig. Erst jetzt wurde ich mir der anderen Personen in dem Raum bewusst, welche uns geradezu hungrig – bildete ich mir das nur ein? – musterten. Sie hatten rote Augen. Moment, waren sie Vampire? Ich hätte nie gedacht, dass ich kurz bevor meinem Ableben noch in meinem Glauben bestätigt werden würde. Das war der beste letzte Tag in meinem Leben den man sich vorstellen konnte!

Aber Moment: Jetzt da ich wusste, dass diese Wesen wirklich existieren, wollte ich mehr über sie erfahren! In dem Saal, in dem ich mich befand, standen drei Throne, auf welchen jeweils drei Vampire saßen. Links ein gelangweilt aussehender Mann mit braunen Haaren, der in der Mitte guckte neugierig und hatte lange schwarze Haare und der letzte hatte schulterlanges, blondes Haar. Sie schienen sich ihrer Macht bewusst zu sein und schauten ein wenig, oder im Falle des blonden sehr, arrogant auf uns herab. Ich hatte zwar Angst aber meine Faszination war größer. So lauschte ich den Worten des schwarzhaarigen Anführers der Vampire: „Liebe Freunde, wir haben uns hier abermals versammelt, um gemeinsam zu speisen und uns unseres Daseins zu erfreuen. Nun denn: Ich wünsche guten Appetit!" Dies schien wohl das geheime Signal gewesen zu sein, denn kaum hatte er geendet, stürzten sich die Vampire auf die Touristen um mich herum. Während alle in Panik verfielen und wie wild umher liefen, blieb ich ruhig auf meinem Platz stehen, denn schließlich wollte ich heute sowieso sterben und auf diese Art und Weise war es sogar richtig aufregend und wenn sie mich verwandeln sollten, wäre ich unsterblich! Oh mein Gott, das wäre echt ziemlich cool! Wenn es um Vampire geht, kam ich mir manchmal wie ein kleiner, besessener Teenager vor. Ach ja, gute alte Zeiten. Während ich noch in Erinnerungen schwelgte, war es um mich herum still geworden. Keine Schreie waren zu hören und der Boden war blutrot gefärbt. Nur weil ich Vampire toll fand, hieß das noch lange nicht, dass ich so ein Blutbad gutheiße. Ich bin nur der Meinung, dass jedes Lebewesen sich ernähren muss und das Nahrungsmittel der Vampire war nun mal Blut.

Die dunkelrote Flüssigkeit erreichte meine Füße und ich zog diese angewidert zurück. Kurz darauf hob ich meinen Blick und merkte, dass mich alle anstarrten. Nun stand der schwarzhaarige Anführer auf einmal direkt vor mir und hielt mir seine Hand hin. „Wenn Sie erlauben. Ich würde gerne erfahren, weshalb Sie so gelassen waren", sprach er mit seiner melodischen Stimme und ich legte meine vom Alter gezeichnete Hand in die Seine, deren Beschaffenheit ich mit der von Marmor gleichsetzen würde. Leicht verunsichert schaute ich ihm nun entgegen. Keine Ahnung, was das für ein Spielchen war aber er wird schon wissen was er tat. Er schien in eine Art Trance hinüber zu gleiten und er umschloss meine Hand nun mit seinen beiden Händen. Wir standen bestimmt ein paar Minuten so da, bis mein Gegenüber sich wieder regte und seine Hände zurückzog.

„Interessant. Sie sind also schon mit dem Wunsch zu sterben hier her gekommen, da sie nicht in hohem Alter sterben wollen?" Ich nickte vorsichtig. „Und was wäre, wenn es eine dritte Alternative gäbe? Eine bei der Sie nicht sterben und auch nicht altern?" „Ich würde sie sofort ergreifen", erwiderte ich, da ich mir schon dachte, worauf er anspielte. Eine Verwandlung. In einen Vampir! Das wäre einfach nur fantastisch!

„Bruder?! Erachtest du das für weise? Welchen Anlass gäbe es dafür?", gab nun der blondhaarige Meister kritisch und auch leicht erzürnt zu bedenken. „Ich denke, aufgrund ihres starken Charakters könnte man eine Gabe erwarten." „Das erscheint mir doch sehr hypothetisch, aber tu nur was du nicht lassen kannst", erwiderte der Blondhaarige nur. „Ich danke dir Bruder. Markus?" Er wendete sich dem Braunhaarigen zu. „Von mir aus...", sagte dieser nur gelangweilt.

„Dann wäre das also entschieden", sagte mein Gegenüber und klatschte erfreut in die Hände. „Also, wenn ich, bevor ich Ihnen das Privileg eines unsterblichen Lebens zu Teil werden lasse, noch ihren Namen erfahren dürfte?", fragte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Ich heiße Caroline Sundermeyer", antwortete ich ihm. „Nun Caroline, ich darf dich doch duzen, oder?" Ich nickte. „Sehr schön. Ich bin Aro und das sind meine Brüder Caius und Marcus." Er verwies zuerst auf den Blondhaarigen dann auf den Braunhaarigen. „Wir sind die Volturi, die Königsfamilie der Vampire und du wirst gleich unser neuestes Mitglied. Ich muss dich warnen, die Unsterblichkeit hat ihren Tribut: Die Schmerzen der Verwandlung sind nicht zu unterschätzen, aber ich bin überzeugt, dass du das meistern wirst." Er lächelte mich ehrlich an. Ich nickte nochmal und schloss die Augen um mich auf das Kommende vorzubereiten. Ich spürte einen Luftzug und kurz danach einen brennenden Schmerz am Hals, als Aro mich biss.


Shadows in paradise (Volturi ff/ Deutsch)Where stories live. Discover now