Wir müssen Klarheit gewinnen

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Als wir am späteren Abend wieder zu Hause ankamen, wurden wir von einem strahlenden Aro empfangen, der uns zugleich beglückwünschte. Natürlich, er hatte es gewusst, wie konnte ich auch gegenteiliges annehmen. Als wir dann schließlich vor meinem Zimmer ankamen, machte er einen Vorschlag, auf den ich insgeheim schon lange gehofft hatte. „Was würdest du davon halten meine Rose, wenn du bei mir einziehst?" „Liebend gerne", erwiderte ich und verführte ihn zu einem leidenschaftlichen Kuss, welcher in seinem Bett endete und zu einer weiteren, magischen und gefühlvollen Nacht führte, die unserer Verlobung würdig war.

Zwei Wochen später wurden wir alle zu einer großen Versammlung in den Thronsaal gerufen. Caius war bereits dort, weshalb ich den Weg alleine antrat. Die vergangenen Tage waren ereignislos gewesen, ich war hauptsächlich meinem Wachdienst nachgegangen und hatte mich wieder etwas mehr meiner Violine zugewendet. Außerdem hatte ich mein ganzes Zeug, was ja nun wirklich bis auf einige Klamotten nicht viel war, in das Zimmer meines Verlobten umgesiedelt. Caius war fast die ganze Zeit damit beschäftigt, sich um Jonathan zu „kümmern". Ich glaube um dieses Thema drehte sich auch diese große Versammlung, einen anderen Grund konnte ich mir jedenfalls nicht vorstellen. Ein paar Mal hatte Caius mir erzählt, dass Jonathan langsam nachgeben würde und seine Situation akzeptierte. Das war überaus erfreulich, auch wenn ich seinen Ungehorsam nachvollziehen konnte, denn er war nicht freiwillig hier und eigentlich nur dazu da um jemanden zu ersetzen. Wäre ich in seiner Situation, würde ich vermutlich ähnlich handeln.

Das Klacken meiner Schuhe tönte durch den ganzen Gang, während ich zum Thronsaal lief was wohl bemerkt zum Glück nur Sekunden dauerte. Ich nickte der Wache vor der Tür einmal kurz zu, es musste eine der unteren sein, denn ich kannte sie nicht, und betrat geräuschvoll den Saal. Damit konnte ich mir der Aufmerksamkeit aller sicher sein. Caius winkte mich zu sich, ich blieb allerdings neben ihm stehen, denn die Ernsthaftigkeit dieser Versammlung brachte mich dazu. Der Raum war erfüllt von roten Augenpaaren und alle musterten abwartend die Meister, gespannt darauf, was wohl der genaue Grund der Zusammenkunft war. „Nun, sicherlich fragt ihr euch, warum wir euch zu so später Stunde noch hier her bestellt haben." Aro erhob sich von seinem Thron. „Jonathan wurde nun als würdig anerkannt unserem Clan beizutreten. Da das Aufklären von Demetris Verschwinden für uns momentan von oberster Priorität ist, wird Jonathans Einweihungszeremonie zunächst als zweitrangig erachtet, viel mehr wird er unverzüglich mit der Aufgabe betraut, die Suche nach Demetri zu einem erfolgreichen Resultat zu führen. Folglich werdet ihr ihm dabei behilflich sein, in dem ihr ihm helft, seine Spur aufzunehmen. Felix, hol ihn bitte herauf." Der Angesprochene verbeugte sich und verließ in Vampirgeschwindigkeit den Raum, nur um kurze Augenblicke später mit Jonathan im Schlepptau zurück zu kehren. Dieser wirkte ziemlich angespannt aber gleichzeitig auch erleichtert. Ich konnte ihn beobachten, wie er vorsichtig zu Caius rüber schielte, so als fürchte er jederzeit eine weitere Strafe, was ja auch nicht ganz unbegründet war. „Ich verlange, dass ihr unverzüglich die Suche wieder aufnehmt und diesmal will ich Erfolge sehen!", sagte Aro für ihn ungewöhnlich streng und schaute dabei vor allem Jonathan an, welcher demütig den Kopf senkte. Anscheinend hatte Caius sehr gute Arbeit geleistet. „Ja, Meister!", riefen jetzt alle fast schon im Chor und ich war erneut beeindruckt von dem Clanzusammenhalt.

Ich sah wie Jonathan von einigen Vampiren in Beschlag genommen wurde, die fragten, wie sie ihm helfen könnten. „Alles was ich brauche ist eigentlich etwas von ihm", meinte dieser etwas zurückhaltend und sofort kamen sie seiner Bitte nach. Gegenstand zum Aufnehmen der Fährte war nun ein Hemd Demetris und ein Bild seiner selbst. Es war faszinierend Jonathan bei der Anwendung seiner Gabe zuzusehen, wie er alle Informationen bezüglich Demetri geradezu aufsaugte. Nach zehn Minuten voller Informationen, die er von den Wachen bekommen hatte und Aufnehmen seines Geruchs, rief Jonathan schließlich: „Ich habe eine Spur! Er befindet sich in Deutschland, genauer gesagt im Norden des Landes. Wenn wir dem Ort näher kommen, kann ich seinen Aufenthaltsort genauer bestimmen, Meister!" Er strich sich einmal nervös durch die Haare. „Ausgezeichnet!", Aro klatschte vergnügt in die Hände. „Wir werden uns unverzüglich auf die Suche begeben. Da dies höchstwahrscheinlich ein Clanverrat ist, werden wir uns kurz beraten. Ich erwarte, dass ihr hier alle einen Moment wartet."

Damit erhoben sich die drei Meister, verließen den Saal und gingen vermutlich zu ihrem Versammlungsraum, den ich bis jetzt immer nur von außen gesehen hatte. Caius warf mir beim Herausgehen einen Blick zu, der mir verdeutlichte, wie ernst diese Situation war. Es war schließlich noch nie vorgekommen, dass ein Mitglied der Garde einfach so verschwand und der Verdacht lag nahe, dass dies nicht freiwillig geschehen war. Schon allein deswegen hatte diese Mission höchste Priorität, da unbedingt die Ursache für Demetris Verschwinden geklärt werden musste.

„Ich hab die Meister selten so verwirrt erlebt", meinte Chelsea, welche sich inzwischen zu mir begeben hatte. „Ich glaube sowas ist in der gesamten Volturihistorie noch nicht vorgekommen. Ich verstehe Demetri auch nicht. Ich meine, was hat in damals überhaupt dazu veranlasst seinen Posten zu verlassen? Er war ein Freund von mir und ich weiß, dass er seine Pflichten sehr ernst nahm. Das passt gar nicht zu ihm." Ich konnte diesbezüglich auch nur mit den Schultern zucken. „Ich weiß leider auch nicht mehr als du, Chelsea. Es ist einfach komisch." Ich spielte gedankenverloren an meinem Verlobungsring herum und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Ich blickte in ebenfalls ratlose Gesichter, nur Jonathan schien nicht ganz zu wissen, was er machen sollte, denn schließlich kannte er Demetri ja auch nicht wirklich und auch die seltsamen Umstände seines Verschwindens waren ihm fremd. Er sollte ihn einfach nur finden, das war seine einzige Aufgabe und dementsprechend stand er ein bisschen verloren in der Mitte des Saales herum.

„Caroline? Das ist nicht dein Ernst oder? Ihr seid verlobt?!", quietschte Chelsea mir plötzlich mit einem Blick auf den Ring ins Ohr. OH stimmt, ich hatte ihr das ja noch gar nicht erzählt. Irgendwie hatte ich nicht mal daran gedacht ihr irgendwas zu sagen. Ich fühlte mich ein bisschen schuldig. „Ja, seit zwei Wochen, er hat mich auf der Volturi Gala gefragt", meinte ich lächelnd. Chelsea umarmte mich glücklich und gratulierte mir. „So eine positive Nachricht hab ich jetzt gebraucht", flötete sie grinsend und schien mir gar nicht böse zu sein, dass ich ihr bis jetzt noch nichts davon gesagt hatte.

Als die Saaltüren sich wieder öffneten, schreckten wir aus unserem Gespräch über den möglichen Hochzeitsablauf auf und wandten unsere Aufmerksamkeit den drei Meistern zu, welche sich anmutig zu ihren Plätzen zurück begaben. „Wir haben beschlossen, dass Caius und ich diese Mission anführen werden." Ein Raunen ging durch den Saal. Es war schon einige Zeit her, dass Aro persönlich einen Auftrag geleitet hatte und das dann auch noch mit Caius zusammen. „Marcus wird hierbleiben und das Schloss bewachen. Ferner werden uns folgende Wachen begleiten: Jane, Alec, Caroline, Felix, Renata, Jonathan und Santiago. Ihr habt zwei Stunden Zeit um euch vorzubereiten, dann erwarten wir euch im Eingangsbereich des Schlosses. Die anderen werden dazu aufgefordert, die Eingänge unseres Schlosses strengstens zu überwachen und niemand Fremden hineinzulassen, aber das sollte angesichts unserer Situation selbstverständlich sein. Nun gut, damit seit ihr erstmal alle entlassen, ich erwarte Pünktlichkeit." Mit diesen Worten verließ Aro selbst wieder den Raum und Caius wandte sich an mich. „Komm meine Rose, wir müssen noch einiges besprechen", meinte er. Ich verabschiedete noch schnell Chelsea, welche mir viel Glück wünschte und hakte mich dann bei ihm unter.

Jetzt wurde es also ernst.

Shadows in paradise (Volturi ff/ Deutsch)Where stories live. Discover now