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Auf meinem Rückweg zu meinem Platz musste ich wieder durch die graue Tür, die ich wieder nicht beim ersten Ziehen aufbrachte, sodass ich mehrere Versuche brauchte, was ziemlich dumm aussehen musste.

Das dachte wohl auch Liam, der ein leises Lachen von sich gab.

Hätte ich gar nicht von ihm erwartet, dass er auch Lachen konnte.

Um weiteren Peinlichkeiten aus dem Weg zu gehen beeilte ich mich auf meinen Sitzplatz zurückzukommen. Was mehr oder weniger gut funktionierte.

Ich öffnete den roten Vorhang, wie beim ersten Mal und blickte in neugierige, aber auch ängstliche Gesichter von anderen Fluggästen.

Viel sagen mich fragend an, aber ich verlor kein Wort an diese sondern ging zielstrebig zu meinem Sitz.

Nachdem ich mich hingesetzt hatte, schnallte ich mich an. Konnte ja nicht schaden, aber wenn wir wirklich ins Meer stürzen, würde mich das auch nicht mehr retten können.

Ich würde sterben und das schon bald.

Nein, so durfte man nicht denken, wir werden sie aufhalten. Irgendwie. Und keiner wird sterben!

Falls ich das ganze überleben sollte, werde ich definitiv Optimist, die Einstellung fing gerade an mir zu gefallen.

"Und wie ist es gelaufen?", fragte mich Lukas, der Mann der hinter mir saß. Ich erkannte die Anspannung in seinen Augen, dass er sich Sorgen machte, um das was ich jetzt zu berichten hatte.

"Naja eher nicht so gut. Kurz gefasst wollen die uns umbringen", versuchte ich es ihm Schmerzlos beizubringen.

"Erzähl genau was passiert ist", forderte er mich auf.

Ich berichtete ihm was geschehen war und was ich herausgefunden hatte. Dass ich die Lage aber ziemlich aussichtslos fand, behielt ich jedoch für mich.

"Das ist gar nicht gut", kam es von Lukas am Ende meines Berichts.

"Das kannst du laut sagen. Was machen wir denn jetzt?", fragte ich ihn in der Hoffnung, er hatte noch einen Plan B.

"Das wollte ich eigentlich jetzt mit dir und den anderen besprechen", gab mein Gegenüber von sich.

"Welche anderen?", fragte ich ihn.

Erst da vielen mir ein paar Menschen auf, die vorher noch nicht hier gesessen hatten. Anscheinend hatten sie mit den vorherigen Passagieren, die dort ihren Platz hatten, getauscht.

"Das sind Margarete, Ina, Philipp und Armin", stellte er mir die vier, mir noch Fremden Personen, vor.

Ich musterte die vier, Margarete kam mir eher etwas schüchtern und zurückhaltend vor. Dagegen sah Ina mit ihren vielen Tattoos wie das komplette Gegenteil aus. Das einzige was die beiden gemeinsam zu haben, schien ihr Alter. Sie waren beide um die Mitte zwanzig, so wie ich.

Trotzdem waren mir beide irgendwie sympathisch, obwohl ich mit Ihnen noch kein einziges Wort gewechselt hatte.

Philipp war vielleicht Anfang dreißig, hatte eine muskulöse Statur und lächelte mich schief an. Und mit seinem Blick schien er mich förmlich auszuziehen. Zum Glück war ich nicht mit ihm alleine in einem Raum, ich will gar nicht wissen, was er da mit mir machen würde.

Armin dagegen schien mir mehr sympathisch, er war etwa in dem Alter von Lukas und trug eine Brille.

"Sie waren die einzigen, die ich in der Zeit, in der du weg warst, gefunden hatte. Die anderen haben sich nicht getraut und wollten lieber das machen was die Entführer von ihnen verlangten", erklärte er mir.

Da hatten sie gar nicht so Unrecht, wenn ich nicht wissen würde, was die Entführer vorhaben, würde ich denken sie wollen nur Geld und würde mir keine Sorgen um mein Leben machen. So wie jetzt.

Im Moment machte ich mir ziemlich viele Sorgen um meine Leben, was in wenigen Stunden schon vorbei sein könnte.

Aber wir hatten noch eine Chance das Unglück abzuwenden. Wir waren zu sechst und die Entführer zu zweit.

Nachdem ich die vier begrüßt hatte fragte ich in die Runde:"Hat irgendjemand eine Idee, wie wir jetzt vorgehen könnten?"

Ich blickte daraufhin in ein paar ratlose Gesichter.

Alle bleiben stumm außer Margarete meldete sich zu Wort:"Soweit ich das mitbekommen habe, wäre es unsinnig, die beiden zu überwältigen und zu fesseln, weil wir dann niemandem hätten, der das Flugzeug landet. Wir müssten sie also umstimmen. Sie überzeugen, dass das was sie da tun, falsch ist."

Da hatte sie recht, das war unsere einzige Möglichkeit.

"Aber das haben sie sicher schon Monate geplant, dann halten sie das so für richtig, dass man sie gar nicht mehr umstimmen kann. Wer sowas tut ist doch krank, das wäre nur Zeitverschwendung", wandte Ina ein, die anscheinend die Sache lieber mit etwas mehr Brutalität lösen wollte, als nur mit Worten.

"Aber ein Versuch ist es doch wert. Es kostet doch nichts zu reden", entgegnete ihr Lukas, der anscheinend die Meinung von Margarete teilte.

"Kostet nichts? Das könnte unser Leben kosten, wenn man die verärgert, also wenn ihr das so lösen wollt, bin ich nicht mit dabei", warf Armin ein.

Daraufhin brach ein großes Stimmengewirr in unserer Gruppe aus, jeder wollte seine Meinung durchsetzen.

"Alle mal leise! Wir stimmen einfach ab, was wir jetzt machen, ok?", versuchte ich die unruhige Menge zu besänftigen, da die anderen Passagiere schon zu uns rüber guckten.

Mit meinem Vorschlag war anscheinend jeder einverstanden, da niemand etwas dagegen sagte.

"Wer dafür ist, dass einer alleine zu dem Entführer hingeht und ihn mit Worten versucht umzustimmen, der hebt jetzt bitte die Hand", forderte ich die Fünf auf.

Meiner Meinung nach war es besser, wenn nur einer ging, da sich Liam möglicherweise noch bedroht fühlt, wenn mehrere kamen.

Einen Arm hoben ich, Margarete und Lukas.

"Das heißt dann wohl Unentschieden, was machen wir dann?", fragte ich die Gruppe.

"Nein, kein Unentschieden, ich Steig aus der Gruppe aus, ich mach bei sowas nicht mit", gab Armin von sich und ging ohne ein weiteres Wort weg.

An den Gesichtern der anderen konnte ich ablesen, dass sie genauso verwirrt waren wie ich.

Aber wir hatten keine Zeit, um wegen so jemanden uns aufhalten zu lassen.

"Dann heißt das wohl, dass wir die Situation versuchen mit Worten zu lösen", machte Lukas klar. Mit seiner ruhigen Stimme schaffte er es sogar mich etwas zu beruhigen, da ich schon wieder zitterte.

Ina und Philipp schauten zwar etwas grimmig, aber anscheinend war ihr Wunsch größer, alle zu retten, als ihre eigene Meinung durchzusetzen. Worüber ich echt froh war, so sparten wir Zeit und Nerven.

"Jetzt bleibt nur noch die Frage, wer geht?", wollte ich von der Gruppe wissen.

Vier Augenpaare blickten mich stumm an.

Nein, sie konnten doch nicht meinen, dass ich ging?

"Naja ihr habt doch schon mal miteinander gesprochen, dass würde die Lage vereinfachen", bestätigte Lukas meinen Gedanken.

Die anderen stimmten ihm nickend zu.

Na toll, worauf hatte ich mich hier nur eingelassen?

Die anderen sahen mich bittend an und ich wusste, was ich zu tun hatte, also stand ich auf und machte mich auf den Weg in die Höhle des Löwen.

Acht Stunden bis in den Tod #BeginnerAward2018 #SilenceAward18Where stories live. Discover now