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Ich spürte, wie mir jemand ein Seil um die Arme wickelte und festknotete, obwohl es sehr wehtat, spürte ich es fast nicht.

Denn die Einsicht, dass ich versagt hatte, war viel schlimmer.

Ich hatte nicht nur unsere Chance vermasselt, sondern ich hatte alles nur noch viel schlimmer gemacht, denn nun waren die Entführer wütend, was sie unberechenbar machte.

Mich gegen sie zu wehren, würde nichts bringen, sie waren zu zweit und viel stärker als ich.

Alleine könnte ich sie nicht besiegen, aber zusammen mit den anderen schon. Sollte ich um Hilfe rufen? Oder würde das alles nur noch verschlimmern?

Lange hatte ich nicht mehr Zeit, denn gerade holte Liam ein Tuch, mit dem sie mich knebeln wollten und danach konnte ich nicht mehr schreien.

Zu verlieren hatte ich nichts, denn wenn ich nichts tun würde, würde ich sterben.

Also entschloss ich mich dazu, um Hilfe zu schreien:"Hilfe, hiiiiiilllfffffeeee....", brachte ich gerade so heraus, bevor sie mir auch schon das Tuch in den Mund steckten und meine Stimme verstummte.

Nun konnte man nur noch ein leises Murmeln von mir vernehmen, was die anderen wohl kaum hören werden.

Ich hoffte, sie hatten meine Hilferufe gehört und kamen, um mich zu retten oder um irgendwas zu tun, dass der Absturz verhindert wird.

Zum Glück hatte mich meine Stimme diesmal nicht im Stich gelassen, denn wenig später hörte ich, wie die graue Türe gewaltsam geöffnet wurde.

Herein kamen mit schnellen Schritten Lukas, Ina und Philipp. Margarete war nicht dabei.

Ich erkannte die fragenden Blicke der drei, die aber schnell zu wütenden wurden, als sie mich gefesselt und geknebelt am Boden sitzen sahen.

Das was jetzt kam, wollte ich gar nicht sehen. Ich sah wie Philipp mit seiner Faust ausholte und Liam, der noch ganz verwirrt von dem, was gerade passierte, war, ins Gesicht schlug.

Ab da an hatte ich meine Augen geschlossen und versuchte nicht hinzuhören, denn die Kampfgeräusche waren unerträglich.

Ab und zu hörte ich, wie jemand gegen die graue Tür klopfte und fragte, was hier los sei. Anscheinend hatte einer von den dreien die Tür abgeschlossen, so dass niemand hereinkam. Das war wahrscheinlich auch besser so, denn hier drinnen ging es ziemlich wild zu.

Mir kam es vor wie Stunden, obwohl es vermutlich nur Minuten waren. Aber am Boden, gefesselt, eingequetscht zwischen ein paar ängstlichen Stewardessen, hilflos und keine Hilfe für seine Verbündeten, war eine schlimme Situation für mich.

Nach vielen Versuchen, gelang es mir endlich das Tuchin meinem Mund auszuspucken. Gerade noch rechtezeitig, dass ich wieder atmen konnte, sonst wäre ich vermutlich erstickt.

Ein dumpfes Geräusch, als ob etwas auf den Boden fallen würde, riss mich aus meinen Gedanken. Ich machte die Augen auf und der Anblick, der sich mir bot, schockierte mich.

Auf dem Boden lag der bewusstlose Bruder von Liam, dessen Namen ich noch immer nicht kannte. Daneben stand sein jüngerer Bruder und hatte seinen fassungslosen Blick auf ihn gerichtet, der sich langsam mit Wut füllte.

Bevor er jedoch die Tat an seinem Komplizen rächen konnte, wurde er von Lukas und Ina festgehalten, währenddessen Philipp ihn mit Hilfe eines Seiles, wo auch immer er das gerade her hatte, fesselte, sodass er uns nicht mehr gefährlich werden konnte.

Gleich dadrauf kam Philipp zu mir und befreite mich von meinen Fesseln. Ich sah ihn dankend an, worauf er mit einem Nicken antwortete. Ich rieb mir meine Handgelenke, die etwas schmerzten.

"Was soll das hier?!", fuhr Lukas Liam an. Ich hatte ihn noch nie vorher wütend erlebt. Der Entführer blickte ihn nur stumm an und sagte kein Wort. Aber das war auch gar nicht nötig, ich wusste, dass er uns alle umbringen will und das reichte mir an Informationen.

Um den zweiten Entführerschien sich im Moment niemand zu sorgen, denn der lag immer noch am Boden und schien bewusstlos, wenn nicht sogar tot. Nein, er lebte, denn seine Brust hob und senkte sich ganz leicht.

Ehrlich gesagt war es mir gerade ziemlich egal, was mit ihm war. Er wollte unseren Tod, dass das so endete hatte er verdient. Außerdem, wenn alles nach ihrem Plan verlaufen wäre, wäre er sowieso in kürzester zeit gestorben.

"Was machen wir jetzt?", fragte Ina, die immer noch Liam festhielt, dass er nicht auf den Gedanken kommen konnte, uns Schaden zuzufügen.

"Da hier niemand, außer dem, der da am Boden liegt, weiß, wie man ein Flugzeug fliegt und landet, müssen wir wohl mit ihm Vorlieb nehmen und ihn dazu zu bringen, uns hier Lebend auf  den Boden zu bringen", erklärte Lukas, der jetzt nicht mehr so wütend klang, sondern mehr angespannt.

"Das wird er nicht tun", sprach Liam, der bis gerade noch ruhig war.

Ich blickte ihn an, er hatte einen kalten Ausdruck in Gesicht und etwas entschlossenes in den Augen.

Entschlossen uns dem Tod zu überlassen.

"Das hast du nicht zu entscheiden. Außerdem werden wir euch keine Wahl lassen", keifte Ina ihn an.

Das hielt ihn aber nicht davon ab, ein wenig siegessicher zu grinsen.

"Was ist denn da bei euch los?", fragte jemand durch die graue Tür.

Die anderen Passagiere hatte ich schon fast vergessen.

"Nichts, hier ist alles in Ordnung", antwortete ich dem männlichen Passagier.

Nachdem er noch ein paar mal gefragt hatte, ob wirklich alles in Ordnung wäre, da er Kampfgeräusche gehört hatte.

Aber ich konnte ihn beruhigen, dass es uns gut ging und er machte sich zurück auf seinen Platz.

Als ich mich wieder den anderen zuwandte, sah ich wie Lukas über dem älteren Bruder von Liam gebeugt war und ihn versuchte aufzuwecken.

Dieser schien aber nicht aufzuwachen. Wahrscheinlich hatte ihn irgendwer am Kopf getroffen, da ich dort eine Platzwunde ausmachte, die zwar nicht mehr blutete, aber trotzdem schien er durch sie viel Blut verloren zu haben.

Die anderen versuchten immer wieder ihn aufzuwecken, aber er war wie tot. Wenn man ihn nicht leicht atmen sah, könnte man denken er wäre schon gestorben.

Die Anspannung im Raum stieg, weil vermutlich alle wussten, dass er unsere letzte Chance war. Und diese Chance entglitt uns gerade.

Ich konnte mich nicht rühren, wie versteinert musste ich gerade dastehen. Der Raum war stickig, sodass man kaum Luft bekam. Aber das war nicht das, warum mir der Sauerstoff weg blieb, es war die kalte Erkenntnis, dass wir vermutlich alle sterben werden.

Diese Erkenntnis musste auch Liam haben, denn dieser lächelte nur, denn vermutlich wusste er, dass er gewonnen hatte.

Gerade als ich dachte, dass es nicht schlimmer werden konnte, kippte das Flugzeug zur Seite.

Ich fiel und das letzte was ich sah, bevor ich den Boden berührte, waren die Sauerstoffmasken, die von der Decke fielen.

Dann wurde alles schwarz um mich.

Acht Stunden bis in den Tod #BeginnerAward2018 #SilenceAward18Where stories live. Discover now