💫 5. Kapitel

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Vergeblich versuchte ich den stechenden und pochenden Schmerz an meinen Fußsohlen zu ignorieren, doch es war kaum möglich. Sie brannten, als würde jemand Feuer dran halten oder Schmirgelpapier darüber reiben. Immer wieder verzog ich schmerzerfüllt das Gesicht und biss mir auf die Zunge. Vermutlich war es keine so schlaue Idee gewesen, ohne Schuhe durch den Wald zu rennen. Aber mit Schuhen wäre ich nur halb so weit gekommen.
Erschöpft lehnte ich mich zurück, als Kane endlich fertig war und den Verband zumachte. Müde flatterten meine Augenlider nach oben und ich begegnete seinen dunklen Augen, die mir forschend und besorgt entgegenblickten. »Alles okay? Brauchst du eine Tablette oder so?« Doch meine Antwort blieb aus, da ich nur in seine dunklen Augen sehen konnte und mich mit jedem Wimpernschlag der verstrich nur noch mehr in ihnen verlor. Es war, als würde ich tief in seine Seele schauen können. Sein Räuspern riss mich allerdings aus meiner Starrte. Das schiefe Grinsen, welches um seine Mundwinkel zuckte, entging mir dabei auch nicht. Schnell senkte ich den Blick und schob mir eine verschwitzte, wirre, blonde Strähne hinter mein Ohr.
»Ich will es erstmal ohne versuchen. Ich bin kein Fan von Tabletten«, murmelte ich und betrachtete meine Füße. Sie waren beide in einen Verband gewickelt. Kane hatte mir gesagt, dass nur der rechte ziemlich offen war. Der linke hingegen war nur etwas offen und wund.

»Sicher, July? Ich will nicht, dass du Schmerzen hast.« Kanes sanfte und dennoch tiefe Stimme strich über meine Haut hinweg, wie ein warmer Sommerwind und verursachte eine Gänsehaut. Gleichzeitig ging sie mir durch Mark und Knochen und ließ ein wohliges Kribbeln in meinem Bauch entstehen. Innerlich verstand ich nicht, was mit mir los war. Das alles konnte nicht sein. Vor Tagen hatte ich gedacht, dass ich das bei Josh empfand, wenn er auch nur meinen Namen sagte, doch diese Annahme war falsch gewesen. Die Wahrheit war, dass ich das alles nie wirklich gefühlt hatte. Vielmehr hatte ich mir das eingeredet, bis ich es geglaubt hatte.
Man musste mir nicht sagen, wieso ich damals „Ja" gesagt hatte. Ein Teil von mir hatte immer gewusst, dass es falsch ist. Sehr falsch. Doch ein Teil von mir, ein kleiner Teil wollte endlich ein zu Hause. Ein richtiges zu Hause. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, während ich langsam nickte. Kanes Hand geriet in mein Blickfeld und kurz darauf lag sie unter meinem Kinn und hob es an.
Gezwungen ihn anzusehen, hob ich den Blick und sah ihn an.

»Was beschäftigt dich, July?«, fragte er rau und musterte mich aufmerksam. Es war erstaunlich, was Kane nicht alles bemerkte. Es war fast schon gruselig. Als könnte er meine Gefühle lesen. Als könne er sehen, was in mir vorging. Josh war nie aufgefallen, wenn mich etwas beschäftigte.
»Ich denke nur nach...«, brachte ich krächzend heraus. Der Kloß in meinem Hals erlaubte es mir nicht, richtig zu sprechen. Schnell schluckte ich ihn herunter und setzte ein Lächeln auf, was seine gewünschte Wirkung allerdings verfehlte. Kane kaufte es mir nicht ab. Und ich mir selbst auch nicht. »July. Du bist traurig. Ich möchte nicht, dass du traurig bist.« Die Wärme in seinem Blick brachte mein Herz zum Rasen. Diese Wärme. Es war, als wäre sie das Ebenbild meiner Träume. Seine Worte berührten mein Herz. Berührten mich. Er musste mich nicht berühren um mich zu berühren. Diese Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. So oft hatte ich darüber gelesen. So oft hatte ich mir gewünscht, dass ein Mann es schaffen kann, diese Gefühle in mir hervorzurufen und jetzt wo es vor mir war, hatte etwas in mir Angst davor. Angst vor den Gefühlen, den nur ein einziger Mann in mir auslösen konnte.
»Ich... ich will einfach nur aus dem Kleid heraus«, hauchte ich leise. Weichte seinem Blick aus. Denn, wenn ich in seine Augen sehen würde, würde dabei nichts rauskommen. Er würde es in meinen Augen sehen. Tante May sagte mir immer, dass man meine Emotionen in meinen Augen lesen konnte. Wenn man mich gut genug kannte. Und obwohl ich Kane nicht so gut kannte, schien er alles an mir zu kennen. Auch das machte mir Angst.

»Okay. Ich helfe dir. Denkst du, du kannst ganz kurz stehen?«, fragte er und stand vom Boden auf, auf dem er vor ein paar Sekunden noch gekniet hatte. Ich nickte und bereitete mich innerlich auf die Schmerzen vor. Langsam, fast mechanisch schwang ich meine Beine über die Bettkante und stand auf. Der Schmerz blieb allerdings aus. Es war nur ein leichtes Stechen. Verwundert blickte ich zu Kane. Dieser stützte mich so, dass mein Gewicht nicht auf meinen Füßen lastete, sondern auf seinen Armen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass seine Hand an meiner Hüfte lag und sich seine Finger sanft in mein Fleisch gruben. Keuchend schnappte ich nach Luft, während wir siedend heiß wurde und meine Haut zu prickeln begann.
Meine Atmung ging flach. Meine Brust hob und senkte sich in schnellen, unregelmäßigen Abständen, als Kane den Reisverschluss meines Kleides öffnete. Seine Fingerspitzten berührten dabei nur leicht meine nun freigelegte Haut und doch spürte ich seine Berührung bis in die Knochen. Wieder einmal bildete sich ein Kloß in meinem Hals und mein Mund wurde so trocken wie die Sahara. Schnell leckte ich mir über die spröden Lippen, um wenigstens etwas zu tun. Zu meinem Erstaunen schob Kane das Kleid allerdings nicht weiter runter, so wie ich es erwartet hatte.
Seine Hand lag noch immer stützend an meiner Hüfte, während die andere meine linke Seite hinab glitt. Unsere Blicke begegneten sich im Spiegel, des Kleiderschrankes. Seine Augen wirten nun schwarz wie die Nacht. Ein Schauer jagte meinen Rückten hinunter. Abrupt löste Kane sich von mir. Fast so, als hätte er sich verbrannt.

Her destiny ✔Where stories live. Discover now