💫 13. Kapitel

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Mein Blick fiel auf die Uhr. Es war nun 22:46 Uhr und doch wollten meine Augen einfach nicht zufallen. Was auch daran liegen könnte, dass Kane das Zimmer noch kein einziges Mal nach unserem Gespräch betreten hatte und das mir zu schaffen machte. Jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss, blitzte der Anblick von Tim vor meinem inneren Auge auf und genau das wollte ich nicht mehr. Ich wollte nicht mehr das ganze Blut sehen. Ich wollte nicht mehr, dass ich mich daran erinnerte. Das Ereignis hatte sich allerdings in meinen Kopf gebrannt und war nun nicht mehr herauszubekommen. Seufzend betrachtete ich die grünen Zahlen der Uhr, die in der Dunkelheit leuchteten. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und stand auf. Dabei schaltete ich das Licht an. Mein Blick fiel in den Spiegel des Schrankes. Meine Augen waren zusammengekniffen und ich hatte dunkle Ringe unter ihnen.
Tief holte ich Luft und lief ich auf die Tür zu. Man hörte, wie ich über den Boden tapste, da ich keine Socken trug. Die Kälte des Bodens ging durch meine Füße hindurch und sorgte dafür, dass ich eine Gänsehaut bekam. Ich legte meine Hand an die Klinke und drückte sie vorsichtig herunter. Mit einem leisen Geräusch ging die Tür auf und ich sah mich um. Alles war still. Fast wirkte es so, als wären alle ausgeflogen. Vielleicht war das ja auch so. Wer wusste das schon? Leise lief ich auf den Gang hinaus und zog die Tür hinter mir zu. Mein Blick flog den Gang entlang. Es war nichts zu sehen oder zu hören.

Zuerst dachte ich, dass alle schlafen würden. Aber dann wäre Kane doch auch bei mir oder? Konnte es sein, dass er mir nicht gesagt hatte, dass sie etwas machten? So viele Gedanken beschäftigten mich und trieben mich schließlich dazu an, zur Treppe zu laufen. Je weiter ich kam, desto schneller schlug mein Herz. Denn alles war dunkel und niemand war zu sehen. Ich fragte mich, ob es wirklich sein konnte, dass alle weg waren, es Kane mir aber nicht gesagt hatte. Dann, als ich gerade in Richtung der Couch laufen wollte, erhaschte ich einen Blick auf den Wald und ein Licht. Es wirkte wie ein Lagerfeuer. Mein Blick fiel auf die Couch. Sie war sauber gemacht worden und dann fiel es mir Schuppen von den Augen. Tim. Ich wusste nicht, ob das hier auch so war, doch alle Rudelmitglieder beerdigten jemand aus dem Rudel. Zusammen. Vermutlich wollte er mich nicht dabei haben, was auch vollkommen okay war. Ich hätte nur geweint. Die Vorstellung, dass so ein junger Kerl tot war, verursachte Schmerzen in meiner Brust und führte dazu, dass sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Tränen stiegen in meinen Augen auf, als mir bewusst wurde, dass das alles meine Schuld war. Josh hätte sie nicht gejagt, wenn ich nicht mit Kane gegangen wäre. Doch etwas in mir wollte freiwillig mit ihm gehen.
Denn, als er mich vor Josh gerettet hatte, habe ich mich zum ersten Mal in meinen Leben sicher gefühlt. Geborgen. Als müsse ich mich nicht bei ihm verstecken und verbiegen. Als könnte ich ganz ich sein. Aber jetzt musste jemand unter meinem Egoismus leiden. Schniefend wischte ich mir die Träne von der Wange und erschrak, als das Licht anging. Meine Augen fielen auf Kane, der besorgt in der Tür stand und mich musterte.

»Wieso weinst du, July?«, fragte er und kam langsam auf mich zu. Hilflos schüttelte ich den Kopf und warf einen Blick auf das Lagerfeuer. In mir tobten so viele Gefühle, dass ich sie nicht wirklich zuordnen konnte. Das Einzige was ich wusste war, dass ich heute Nacht nicht alleine sein wollte. Nicht ohne ihn. Und das machte mir Angst, aber auf der anderen Seite bereitete es mir auch Bauchkribbeln. Als ich weiterhin kein Wort herausbrachte nahm Kane die Situation in die Hand und schlang seine Arme um mich. Sanft zog er mich an seine Brust und bettete meinen Kopf an seine Brust. In seiner starken Umarmung fühlte ich mich wohl. Geborgen. Beschützt. Als könnte niemand an mich ran. Josh geriet in die Hintergrund. Es gab nur uns. In diesem Moment. Genüsslich schloss ich die Augen und sog seinen Geruch in mich auf. Seine großen und starken Hände fuhren sanft über meinen Rücken. »Ich werde dir nicht sagen, dass alles wieder gut wird. Ich kann dir nur sagen, dass es besser wird. Und ich kann dir versprechen, dass ich für dich da bin. Ich lasse dich nicht alleine«, flüsterte er. Seine Worte waren ein Versprechen, was er hoffentlich halten würde. Langsam blickte ich auf und sah in seine dunklen Augen, die mich besorgt musterten.
»Er ist wegen mir gestorben«, murmelte ich und spürte, wie mir die Schuld die Kehle zuschnürte. Ein Muskel an seinem Kiefer zuckte und er sah angespannt aus. »Das stimmt nicht. Der Freund von Josh hat den Abzug betätig, July«, presste er hervor und wirkte wirklich wütend. Da mochte er recht haben, aber das hätte er nicht gemacht, wenn es mich nicht gebe. »Ja schon, aber das hätte er doch nie getan, wenn ich nicht mit dir mitgegangen wäre. Ich hätte nicht so egoistisch sein sollen. Ich hätte einfach-«, plapperte ich drauf los, wurde aber unterbrochen, als Kane seinen Zeigefinger auf meine Lippe legte und mich ernst ansah.

Her destiny ✔Where stories live. Discover now