Prolog

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Noah Avar. Die Liebe meines Lebens. Mein Glück. Mein Segen. Mein Ein und Alles. Der Begleiter und Retter meiner Schulzeit.
Es war nun bereits 10 Jahre her, doch ich weiß noch wie er mit 15 vor mir stand, mit seinen dunkelblonden Haare, die verwuschelt waren und diese unglaublichen blauen Augen, die nur mir galten, als er gestand, dass er in mich verliebt war. So wurde mein bester Freund zu meiner ersten großen Liebe.
Den ersten Kuss, das erste Mal Sex, die erste Wohnung. Wir erlebten alles miteinander.
Natürlich wir hatten unsere Reibereien. Ich arbeitete oft länger und war eventuell ein wenig überordentlich. Noah war ziemlich schnell eifersüchtig. Und das Temperament, das hatten wir beide. Also wenn es krachte, dann ordentlich. Doch am Ende des Tages ging niemand von uns wütend ins Bett. Wir waren glücklich. Und heute, heute war ich besonders glücklich. Den 10. Jahrestag würde wir gebührend feiern.
Lächelnd blickte ich auf den Beifahrersitz, wo der Einkauf stand. Ich hatte früher Feierabend gemacht, um für ihn zu kochen. Zwei Dinge, die sehr selten vorkamen.

Ich angelte die Schlüssel aus meiner Tasche, während ich versuchte den Einkauf nicht fallen zu lassen und öffnete die Haustür.
Fast wäre ich über Noahs Schuhe gefallen, leise fluchend schob ich sie mit meinem rechten Fuß an ihren vorgesehenen Platz. Nicht aufregen. Nicht heute.

Ich lief geradezu in unsere große Küche, in der sich mal wieder das Geschirr stapelte. Wieder hätte ich mich aufregen können. Die Mitte des Raumes zierte ein kleiner Essbereich und ich stellte die Tüte auf den schwarzen Tisch. Mich empfinden gedämpfte Geräusche aus dem Wohnzimmer und grinste kurz wissend. Noah war wohl mal wieder beim Fernsehen eingeschlafen.

Leise drückte ich Klinke der Wohnzimmertür runter, die sich unter meiner Hand kühl anfühlte und mir sofort ein kleiner Schauer über den Rücken jagte.
Im Wohnzimmer blickte ich nun direkt auf einen nackten Frauenrücken, lange blonde Haare, die sich über diesen Körper ergossen, der rittlings auf Noah saß und einen Noah, der sofort zu mir blickte und erschrocken seinen Augen aufriss. Das war der Moment indem mein Herz brach. Tränen stiegen mir in die Augen und verschleierten meine Sicht „Mary.", rief er entsetzt und mit einem hektischen Satz hob er die Blondine schnell von sich runter. Um den Anblick von noch mehr nackter Haut zu vermeiden, machte ich auf dem Absatz kehrt und lief ich fast panisch in unser Schlafzimmer, warf die Tür krachend ins Schloss und drehte schnell den Schlüssel rum. Langsam lehnte ich mich gegen die Tür und rutschte immer tiefer bis ich den geheizten Laminatboden unter mir spürte. Das Gefühl von Einsamkeit drohte sich um mein Herz zu legen und ich verschlang meine Hände miteinander. Der Moment in dem ich lernte, mir selbst die Hand zu halten. Meine Tränen liefen nun unaufhörlich und ein lautes Schluchzen verließ mich.
Ich lauschte einem konfusen Stimmengewirr, konnte aber nichts verstehen, dann viel die Haustür laut ins Schloss und es wurde still. Waren sie gegangen? Ein Klopfen an der Tür in meinem Rücken ließ mich leicht zusammenzucken. „Mary.", drang seine Stimme schwach durch die Tür. Die Stimme meiner großen Liebe. Die Stimme meines Seelenverwandten. Die Stimme meiner Zerstörung.
„Mary, ich kann es dir erklären.", er klang nun fast weinerlich. Ein lautes Knallen ertönte, als meine Hand wütend in der Tür einschlug und ihm verdeutlichte, dass er mich in Ruhe lassen sollte.
Ich sah mich in meinem Schlafzimmer um und das alles, alles was in diesem Zimmer stand, das Bett, der Schrank, selbst jeder einzelne Stift hier, machte mich noch trauriger. Es war eine Erinnerung daran, was wir uns aufgebaut haben. Eine Erinnerung daran, was wir waren. Eine Erinnerung daran, was wir hatten und was er kaputt gemacht hatte.
Ich raufte mir meine schwarzen Haare und egal wie ich es drehte und wendete, ich verstand es einfach nicht. Waren wir nicht glücklich? Waren wir nicht perfekt? War das nicht genug, was wir hatten? Ein neuer Schwall Tränen sammelte sich in meinen Augen.
„Mary Evelyn Mane.", sein Hand schlug gegen die Tür. „Rede mit mir!" Er war wütend, doch er hatte kein Recht dazu und das machte mich noch trauriger und vor allem regte es mich auf. Ich kämpfte gegen das Bedürfnis, die Tür aufzureißen und ihm eine zu knallen.
Ich atmete ein paar Mal bewusst tief ein und aus, um einen weiteren Gefühlsausbruch zu vermeiden. Beim Aufstehen würde mir das flaue Gefühl in meinem Magen und meine wackligen Beine bewusst. Ich holte eine Reisetasche aus dem obersten Fach des Kleiderschranks, an das ich mit meiner geringen Körpergröße geradeso rankam und feuerte sie auf den Boden.
Wieder vernahm ich ein Klopfen und diese Stimme, diese raue tiefe Stimme, die ich so geliebt hatte, wenn sie meinen Namen sagte.
Es war doch Noah von dem wir redeten oder? Noah, der alles für mich war. Erinnerungen stiegen in mir auf. Schöne Erinnerungen. Doch ich wusste auch genau, er würde die richtigen Worte finden und ich würde bei ihm bleiben. Nein, er würde es mir nicht erklären. Ganz bestimmt nicht.
Geflissentlich ignorierte ich ihn weiter, während ich ein paar Sachen in die Tasche packte. Ich lief durch das Zimmer und schaute mich nach weiteren Dingen um, die ich gebrauchen könnte. Mein Blick blieb im Spiegel hängen. Meine dunklen Haare waren zerzaust, in meinen blauen Augen standen Tränen, der Eyeliner komplett verlaufen und meine Haut war blasser denn je. Mit einem Wisch haute in den Spiegel vom Tisch, dieser krachte gellend gegen die Wand und hinterließ einen Scherbenhaufen. Und kurz blieb mein Blick dran haften. Es war irgendwie passend.
Ich hielte inne. War es die richtige Entscheidung? Was wenn das hier ein Fehler ist? Wenn es wirklich eine sinnvolle Erklärung war. Meine innere Stimme schnaubte verächtlich.
Ein letztes Mal ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen, öffnete leise das Fenster und stieg hinaus. Erdgeschosswohnung- sei dank.


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Hier der Prolog zu meiner neuen Geschichte. Lasst mir gerne Meinungen, Anregungen und Ideen da.

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