Prolog - Freiheit

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Draco Malfoy lag auf seiner harten Pritsche. Die Knie zur Brust gezogen, das Gesicht halb im Kissen vergraben, wie schon in so vielen ungezählten Nächten zuvor. Er wartete sehnsüchtig darauf, dass der Schlaf kam. Durchzogen von Albträumen und Bitterkeit brachte er kaum Erholung, aber er war dennoch eine Alternative zur Realität. Während er auf den ruhelosen Schlummer lauerte, achtete er stets darauf, dass ihm etwas unangenehm in den Rücken stach, um ihn in der Wirklichkeit zu verankern. Der Schmerz half ihm dabei, sich zu konzentrieren, und zu verhindern, dass seine Gedanken zu wandern begannen – denn wenn er das zuließ, fiel er in einen Strudel aus Erinnerungen und Reue, an dem sich die Dementoren weideten.

Es war eine qualvolle Taktik, aber im Moment schien sie ihm ein wenig besser, als verrückt zu werden. Wobei ihn durchaus manchmal der aberwitzige Gedanke streifte, dass der Wahnsinn ihn vor all dem seelischen Schmerz bewahren könnte, den er Stunde um Stunde durchlitt.

Die Erschöpfung saß so tief in ihm, dass er schon meinte, zu halluzinieren, als er ein undefinierbares Geräusch hinter sich hörte. Es kam ihm vage vertraut vor, doch er hatte es seit ewigen Zeiten nicht mehr gehört. Niemand hatte in seinen fünf Jahren in Askaban irgendeine Zelle um ihn herum betreten oder verlassen. Die gleiche, trostlose Stille hatte den Gang beherrscht, nur unterbrochen von den schmerzerfüllten, sehnsüchtigen Rufen der Insassen und den zaghaften Schritten der seltenen Besucher.

Manchmal... Manchmal, immer im Frühling, verirrte sich ein Vogel auf die Insel, auf der Askaban seit Jahrhunderten stand. Das arme Ding realisiert oft erst viel zu spät, wo es gelandet war. Während es anfangs noch versuchte, Lieder zu schmettern, und die trostlose Einöde zu erhellen, verlor sich der Gesang recht schnell. Meist schlug er in panisches Kreischen um, bevor er ganz verstummte. Worauf man sich immer verlassen konnte, war, dass die drückende Einsamkeit zurückkehren würde.

Doch das Geräusch, dass ihn aus seiner Starre hochgeschreckt hatte, war kein verlorener Bote der Jahreszeiten gewesen. Kein Zeichen, dass ein weiteres Jahr vergangen war, und er es irgendwie überlebt hatte.

Erst, als er eine Hand auf seiner Haut spürte, wusste er, was es gewesen war. Das leise Quietschen, das klang wie ein jammervolles Raunen... Als würden die Dementoren bedauern, ein lohnendes Opfer wie ihn gehen lassen zu müssen...

Jemand hatte seine Zellentür geöffnet.

War man gekommen, um ihn aus seiner Misere zu befreien? Um ihn aus dem Sumpf seiner eigenen Sünden in die friedliche Stille des Todes zu überführen? Er würde sich nicht wehren. Dazu hatte er schon lange keine Kraft mehr. Er würde alles akzeptieren, dass ihn aus diesem Höllenloch holen würde, und wenn es ewiger Schlaf war.

Er versuchte, die Augen zu öffnen, doch die Erschöpfung saß zu tief. Zudem wusste er, dass er durch seinen Schleier der Verzweiflung ohnehin nichts erkennen können würde. Das sanfte Rütteln an seiner Schulter ließ ihm jedoch keine Wahl, und er versuchte auszumachen, wer ihn besuchen gekommen war.

Es konnte nicht die Hand seines Vaters sein, denn der wäre sehr viel gröber gewesen. Auch seine Mutter wäre strenger mit ihm umgegangen, hätte ihn längst umgedreht und gezwungen sie anzusehen. Wer außer den beiden konnte es sein? Ihm waren bei seinem Gerichtsurteil nur familiäre Besuche erlaubt worden, jeder andere war untersagt.

Und doch... Die Berührung war sanft und weich. Zärtlich wurden ihm die Haare aus der Stirn gestrichen, und dieser Kontakt war wärmer und freundlicher als alles, was er in den letzten Jahren erfahren hatte.

Er drehte sich mit einem Ruck um, und schreckte die junge Frau auf, die an seiner Bettkante saß – doch gleich darauf hatte sie sich wieder im Griff. Mit nervösem Blick musterte er ihr langes, dunkles Haar und die zarten Züge, bis ihm klar wurde, wen er da vor sich hatte. „Astoria?" Seine Stimme klang erbärmlich und gebrochen, doch das war ihm egal.

It's always Darkest Before the DawnWhere stories live. Discover now